Chiemgauer Fußgänger- und Radwegbrücke

Stets eisfrei durch elektrische Flächenheizung

Beschichtung Bauchemie
Die beiden Ortsteile vom oberbayerischen Marquartstein am Chiemsee sind durch den Gebirgsfluss Tiroler Ache getrennt und waren bisher nur durch eine Brücke verbunden. Nun gibt es eine zweite für Fußgänger und Radfahrer: Sie ist die erste beheizte Stahlbrücke in Deutschland. Fotos: Sika

MARQUARTSTEIN (ABZ). - Zwischen Rosenheim und Traunstein in Oberbayern – ganz in der Nähe des Chiemsees – liegt der idyllische Ort Marquartstein. Er wird durch den Gebirgsfluss Tiroler Achen in zwei Ortsteile getrennt und lediglich durch eine Brücke verbunden.

Im Rahmen einer Ortsentwicklungsmaßnahme, zu der auch die Erschließung neuer Baugebiete gehört, beschloss die Gemeindeverwaltung eine zweite Brücke für Fußgänger und Radfahrer zu errichten. Darüber hinaus sollte sie zu einem wesentlichen Bestandteil des geplanten Uferrundweges mit Erlebnischarakter werden. Die Besonderheit der Marquartstein-Brücke: Sie ist die erste Stahlbrücke Deutschlands mit einer beheizbaren Beschichtung und Anstoß einer wegweisenden Entwicklung in der Korrosionsschutzbeschichtung auf Stahl.

Das Traunsteiner Büro für Ingenieur-Architektur von Richard J. Dietrich plante die moderne Stahlrundrohrkonstruktion der frei tragenden Brücke. Trotz einer Gesamtlänge von 73 m kommt das Tragwerk mit einem einseitigen Stabbogen an der Nordseite aus, nach Süden hin kann sich der Blick frei öffnen. Die im Werk vorgefertigten Brückenelemente wurden in drei Teilstücken mit Schwertransportern angeliefert und mit einem Spezialkran in Millimeterarbeit auf die vorbereiteten Widerlager an den Flussufern aufgesetzt. Im Fluss stehende Pfeiler waren nicht erlaubt – nicht einmal für die Dauer der Baudurchführung. Nach der abgeschlossenen Montage wurde die Brücke mit einer befahrbaren, rutschfesten Korrosionsschutzbeschichtung versehen.

Die Planung sah einen reaktionsharzgebundenen Dünnschichtbelag (RHD-Belag) auf Stahl vor. Eine besondere Anforderung lag darin, die Brücke auch in den Wintermonaten schnee- und eisfrei und damit ganzjährig ohne Rutschgefahr begeh- und befahrbar zu halten. Um dies zu realisieren, setzte man sich mit dem Dresdner Unternehmen STL Böden+Design GmbH in Verbindung, das bereits verschiedene Flächenheizsysteme der Steloramp-Serie entwickelte. Seit mehreren Jahren wird das Steloramp-System in Parkhausrampen eingesetzt, in Kombination mit den speziellen Beschichtungslösungen des Stuttgarter Bauchemie-Herstellers Sika Deutschland. Bei diesem Flächenheizsystem kommt die auch im Stahlbau verwendete robuste Verschleißschicht Sika Elastomastic TF zum Einsatz. So entstand die Idee, das Steloramp- System in modifizierter Form erstmals bei einem Brückenbauwerk aus Stahl zur Anwendung zu bringen. Die Firma STL Böden+Design GmbH entwickelte daraufhin eine Flächenheizung in Anlehnung an einen geprüften Dünnbelag nach ZTV-ING Teil 7, Abschnitt 5 (ZTV-RHD-ST).

Um die elektrotechnischen Sicherheitsanforderungen zu erfüllen, integrierte man einen zweifachen Potenzialausgleich in das System – unterhalb und oberhalb der Heizebene. Nach bestandenen internen Prüfungen im Labor der Firma STL in Dresden, wurden die objektbezogene Wärmebedarfsberechnung und die Stromlaufplanung durchgeführt.

Für die gesamte Fahrbahnfläche waren insgesamt zwölf elektrische Heizkreise erforderlich, die je nach Bedarf modular angesteuert werden können. Dabei kam die von STL neu entwickelte Sensorik für das Dünnbettsystem von 12 bis 15 mm Gesamtstärke zum Einsatz, die zahlreiche Temperatur- und Feuchtigkeitssensoren enthält und so das Ein- und Abschalten der Flächenheizung steuert: Bei Frostgefahr und entsprechender Feuchtigkeit reagieren die Sensoren und setzen den Heizprozess in Gang. Sobald die Feuchtigkeitsfühler - auch bei Minustemperaturen – Trockenheit signalisieren, schaltet sich die Heizung automatisch wieder ab. So kann sich auf der Brücke weder Glätte durch Blitzeis, noch durch abtauenden Schnee bilden.

Das Stelotherm-System auf der Stahlbrücke hat neben dem Sicherheitsaspekt diverse andere Vorteile: Diese Lösung ist äußerst energiesparend, da die Steuerung ausschließlich auf die Referenztemperaturen aus der Fahrbahnoberfläche reagiert und sich die Heizung erst bei zusätzlichem Aufkommen von Feuchtigkeit einschaltet. Auch der Einsatz von Tausalz ist dadurch nicht mehr erforderlich, damit kann auch kein aggressives Korrosionsmedium mehr in den Brückenbelag eindringen. Aus diesem Grund ist auch von längeren Instandsetzungsintervallen auszugehen und der Verzicht auf Tausalz ist ein wichtiger Beitrag für den Schutz der Naturlandschaft in der Umgebung. Die Kosten für Tausalz und Streuung fallen weg, Salzknappheit und Personalmangel spielen ebenfalls keine Rolle mehr.

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Beschichtung Bauchemie
Die Brücke soll auch in den Wintermonaten immer schnee- und eisfrei sein. Aus diesem Grund wurde eigens für das Marquartsteiner Bauwerk von der Firma STL Böden+Design GmbH aus Dresden eine geeignete Flächenheizung der Serie STELOramp entwickelt. Die Beschichtungslösung der Flächenheizung stammt von Bauchemie-Hersteller Sika Deutschland.

Die Kombination aus RHD-Belag und Flächenheizung funktioniert ähnlich wie bei den Parkhausrampen: Auf dem vorbereiteten und mit der Systemgrundierung versehenen Untergrund wird die Heizebene mit dem vorher passgenau konfektionierten Heizgewebe Stelotherm KS und den Isolierschichten mit Potenzialausgleich verlegt. Das robuste Epoxid-Polyurethan-Hybrid Sika Elastomastic TF mit einer rutschhemmenden Abstreuung bildet die abschließende Verschleißschicht. Sie ist hochgradig abrieb-, stoß- und schlagfest.

Die nicht durch Fußgänger oder Radfahrer genutzten Flächen der Brückenkonstruktion wurden mit dem zweikomponentigen SikaCor EG-System, einem hochwertigen Korrosionsschutz nach TL/TP- KOR-Stahlbauten, Blatt 87, beschichtet. Dieses System ist für hohe Beanspruchungen geeignet und setzt sich aus einer Epoxidharz-Zinkstaub-Grundierung, einer zweimaligen Zwischenschicht aus Epoxidharz-Eisenglimmer und einer Polyurethan-Deckbeschichtung im Farbton RAL 9006 zusammen. SikaCor EG verfügt über eine sehr gute Kreidungs- und Farbtonstabilität mit dauerhaft dekorativer Wirkung. Für die Gemeinde Marquartstein war es von enormem Vorteil, dass Flächenheizung und Beschichtung aus einer Hand installiert wurden, und das in einer äußerst kurzen Zeitspanne. Für die Umsetzung des Gesamtpakets – von der Energieberechnung über die elektro- und bautechnische Planung bis hin zum Abschluss der Belagsarbeiten – wurden insgesamt nur zwei Monate benötigt. Die Brücke konnte im Oktober 2012 offiziell von Marquartsteins Bürgermeister Andreas Dögerl in Anwesenheit von Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer und weiteren Vertretern aus Politik und Wirtschaft feierlich eingeweiht werden – noch vor Beginn der kalten Jahreszeit.

Für die Vertriebspartnerschaft der Firma STL Böden+Design GmbH und der Sika Deutschland GmbH bezüglich des Flächenheizungssystems eröffnet dieses Pilotprojekt auf der Stahlbrücke ganz neue Perspektiven für weitere Einsätze des Systems bei unterschiedlichen Stahlkonstruktionen.

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