Marode Brücken bremsen den Verkehr

Mehr Rheinbrücken gewünscht

von: Ira Schaible, Wolfgang Jung und Andrea Löbbecke
Mainz (ABZ). – Autobrücken sind Hauptschlagadern oder Achillesfersen des Straßenverkehrs. Viele sind marode. Ihre Sanierung dauert meist Jahre; der Bau ganz neuer Querungen aber noch viel länger. Eine Bestandsaufnahme aus Nordrhein-Westfalen.
Brückenbau
Autobrücken sind Hauptschlagadern oder Achillesfersen des Straßenverkehrs, viele sind marode und müssen repariert werden. Foto: Adobe Stock Photo

Die Schiersteiner Brücke zwischen Rheinland-Pfalz und Hessen steht wie die Hochstraßen in Ludwigshafen für marode Infrastruktur, ewiges Bauen und Kostensteigerungen: Die Ahrbrücke bei Sinzig erinnert jeden Tag an die Flutkatastrophe mit mindestens 135 Toten.

Am Mittelrhein wird wohl ein Jahrzehnte alter Traum doch noch Wirklichkeit werden:

Das Land beteiligt sich – anders als bei sonstigen Brücken – an den Kosten. Ein Überblick über die wichtigsten Brückenprojekte in Rheinland-Pfalz.

Die bei der Flutkatastrophe im Sommer 2021 stark beschädige Ahrbrücke der Bundesstraße 9 in Sinzig soll im September für den Verkehr wieder voll freigegeben werden – also auf vier Fahrstreifen, zwei für jede Richtung. "Der Asphalt ist bereits eingebaut, nun wird noch der Fugenverguss hergestellt und die Markierung aufgebracht", heißt es im Verkehrsministerium.

Dazu kommen noch eine Reihe von Restarbeiten. Die Flut hatte ein Pfeilerfundament unterspült, das Bauwerk in Richtung Koblenz stürzte ein. Um so etwas in Zukunft zu verhindern, wurden die Pfeiler der neuen Brücke auf 15 Meter tiefen Großbohrpfählen errichtet, erläuterte der Landesbetrieb Mobilität.

Für die schon seit einem halben Jahrhundert diskutierte Mittelrheinbrücke nahe des Loreley-Felsens soll es einen neuen internationalen Wettbewerb geben. Damit wird nach Darstellung von Innenminister Roger Lewentz eine Anregung einer Delegation von der UNESCO aufgegriffen.

Welterbe Oberes Mittelrheintal

Die Experten der UN-Organisation hatten im Mai das Welterbe Oberes Mittelrheintal besucht. Der SPD-Politiker hofft auf einen "Hingucker". Aber bis wann? "Die Planungen waren noch nie so weit wie sie heute sind", sagt Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FPD). Lewentz würde sich "sehr freuen", wenn es schon eine Baustelle während der Bundesgartenschau in sieben Jahren gebe.

Er stellte in Aussicht, dass das Land 80 und die Kommunen 20 Prozent der Kosten übernehmen könnten.

Eine Brücke zwischen Bingen und Rüdesheim über den Rhein ist dagegen noch mehr Zukunftsmusik. Eine Machbarkeitsstudie liegt zwar vor. Das Verkehrsministerium in Mainz verweist aber darauf, dass es eine kommunale Brücke ist.

Für den Kreis Mainz-Bingen ist die Brücke ohne finanzielle Unterstützung der Landesregierungen auf beiden Rhein-Seiten nicht zu machen, wie Sprecher Bardo Faust sagt. "Still ruht der See", beschreibt er den Stand. Aber beerdigt sei das Projekt keineswegs.

Die geplante Rheinbrücke zwischen Wörth und Karlsruhe soll etwa 1,4 Kilometer entfernt von der alten, völlig überlasteten Rhein-Querung gebaut werden. Der zuständige Landesbetrieb Mobilität hat eine Planungsstudie zu möglichen Brückenvarianten erstellen lassen. Unter anderem geht es um die Stellung der Pfeiler und den Weg für Fußgänger und Radfahrer.

Die bevorzugte Variante soll gemeinsam mit dem Land Baden-Württemberg und dem Bundesverkehrsministerium ausgewählt werden – dann werden die Unterlagen den Behörden in beiden Bundesländern vorgelegt. Wann das erste Auto über die geplante Brücke rollen könnte, ist noch völlig offen.

Kosten von 250 Millionen Euro

Der Bau der neuen Schiersteiner Brücke der Autobahn 643 zwischen Wiesbaden und Mainz wird nach einer Schätzung der Autobahn GmbH rund 250 Millionen Euro kosten – 34 Millionen Euro mehr als zu Baubeginn vor rund neun Jahren veranschlagt. In den Sommerferien im kommenden Jahr soll es soweit sein, dass der Verkehr wieder ganz normal über die Brücke rollt.

Für den Neubau der benachbarten Salzbachtalbrücke in Wiesbaden plant die Autobahn GmbH nach eigenen Angaben rund 150 Millionen Euro ein. Diese Brücke der Autobahn 66 war 2021 wegen massiver Schäden zunächst gesperrt und dann gesprengt worden. Der Neubau des südlichen Brückenteils in Fahrtrichtung Frankfurt soll Ende 2023 fertig werden, der nördliche Teil bis Mitte 2025 folgen.

Ganz neu gebaut wird auch die Pfaffendorfer Brücke in Koblenz, auf der täglich rund 4000 Fahrzeuge über den Rhein fahren.

Symbolischer Spatenstich für die Brücke, die Teil der Bundesstraße 49 ist, soll Anfang 2023 sein. Die Bauzeit wird auf fünf Jahre veranschlagt. "Zuerst wird eine neue Brücke unterhalb der bestehenden gebaut", sagt Stadtsprecher Thomas Knaak. "Für einen gewissen Zeitraum wird dann der Verkehr komplett gesperrt und die neue Brücke auf den Platz der alten verschoben." Das dauert aber noch.

Die Baukosten werden veranschlagt mit rund 149 Millionen Euro. Ein Neubau ist Knaak zufolge nach einem Kostenvergleich günstiger und nachhaltiger als die Sanierung der alten Brücke.

In enger Abstimmung mit der Stadt Koblenz treibt der Landesbetrieb Mobilität die Sanierung der Hochstraße Oberwerth voran. Dieser Verkehrsknotenpunkt verbindet im linksrheinischen Vorland der Südbrücke Koblenz mit insgesamt elf Teilbauwerken die Bundesstraßen 327 (Koblenz-Hermeskeil) und 9 (Köln-Straßburg).

Die Modernisierung der Vorlandbrücken der Südbrücke koste insgesamt mehr als 60 Millionen Euro, heißt es. Auf dem ersten Bauabschnitt mit der Hangbrücke Laubachtal rollt der Verkehr seit Juli wieder. Der zweite Teil werde voraussichtlich 2023 abgeschlossen sein, zwei weitere Abschnitte sollen in den nächsten Jahren so folgen, dass es mit dem Neubau der Pfaffendorfer Brücke zusammenpasst.

Das Hochstraßen-System in Ludwigshafen gilt als eine "Hauptschlagader" für den Verkehr von der Pfalz über Baden nach Hessen.

Weil das für Unternehmen und Pendler wichtige System in die Jahre gekommen ist, plant die zweitgrößte Stadt in Rheinland-Pfalz ehrgeizige Projekte: einen Neubau eines Teils der Hochstraße Süd sowie den Abriss des Rathaus-Centers und der Hochstraße Nord – und den Neubau einer Stadtstraße namens Helmut-Kohl-Allee.

Die zuletzt prognostizierten Gesamtkosten von fast 1,5 Milliarden Euro erschrecken aber viele, denn ein Teil ist nicht förderfähig – sprich: Er wird nicht von Land oder Bund übernommen. Experten schätzen den möglichen Eigenanteil der Stadt auf etwa eine halbe Milliarde Euro. Woher Ludwigshafen das nehmen kann, ist unklar.

Erhebliche Schäden weist auch die rund 40 Jahre alte Hochbrücke Lahnstein auf, die die Bundesstraße 42 über die Lahn führt, wie es beim Landesbetrieb Mobilität heißt.

Um für den zukünftigen Verkehr gewappnet zu sein, müsse eins der drei Teilbauwerke verstärkt werden. Die Entwurfsplanung für die Modernisierung sei abgeschlossen, ausgeschrieben werden soll Anfang 2023. Die Baumaßnahmen sollen Anfang 2024 beginnen. Die Kosten werden auf gut 9 Millionen Euro veranschlagt.

Die rund 1,3 Kilometer lange marode Hochbrücke Mombach in Mainz ist seit gut einem Jahr für den Verkehr gesperrt. Der Grund:

Ihr Zustand war besorgniserregend und das Risiko zu hoch. Weder der Beginn des Rückbaus, noch das Ende des Projekts seien derzeit jedoch bereits absehbar, sagte ein Sprecher der Landeshauptstadt.

Sanierung unwirtschaftlich

Die Bauarbeiten für einen Ersatz zweier parallel liegender Straßenbrücken im Autobahnkreuz Mainz-Süd laufen bereits seit fünf Jahren.

Für die Autobahnbrücken aus dem Jahr 1965 war wegen der Art und des Umfangs der vorhandenen Bauwerksschäden eine Sanierung unwirtschaftlich, erklärte die Autobahn GmbH des Bundes West mit. Beide Autobahnen sind stark befahren – auf der A 60 (Wittlich–Rüsselsheim) rollen etwa 100.000 Fahrzeuge pro Tag, auf der A 63 (Mainz–Kaiserslau-tern) rund 80.000 Fahrzeuge. Das Autobahnkreuz dient darüber hinaus seit gut einem Jahr auch als Umleitungsstrecke zur gesperrten und mittlerweile gesprengten Salzbachtalbrücke.

Seit Ostern rollt der Verkehr in Fahrtrichtung Bingen wieder über die Südbrücke.

In Richtung Frankfurt läuft er schon seit Ende März wieder. Die Autobahn GmbH spricht von "einem Meilenstein". "Mit insgesamt fünf Fahrstreifen, zwei in Fahrtrichtung Frankfurt und drei in Fahrtrichtung Bingen, haben wir die Situation für die Verkehrsteilnehmer bereits spürbar verbessert." Ganz abgeschlossen ist das Bauprojekt voraussichtlich im Sommer 2024 mit der Nordbrücke.

An der Verkehrsader A 61 werden zwischen der Anschlussstelle Rheinböllen und der Tank- und Rastanlage Hünsrück die Großtalbrücken Pfädchensgraben und Tiefenbach ausgebaut.

"Die A 61 ist als große Nord-Süd-Verbindung eine der wichtigsten Verkehrsadern im Westen und Südwesten Deutschlands, insbesondere in Rheinland-Pfalz", heißt es bei der Autobahn GmbH des Bundes.

Der sechs-streifige Ausbau zwischen der Anschlussstelle Rheinböllen und der Tank- und Rastanlage Hunsrück unterteile sich in drei Bauabschnitte. Der erste beginne an der Anschlussstelle Rheinböllen, der dritte ende an der Autobahntankstelle.

Zum mittleren Abschnitt gehören die beiden Talbrücken Pfädchensgraben und Tiefenbachtal.

"Im Laufe der zweiten Jahreshälfte 2022 ist zeitlich versetzt die Fertigstellung der Fahrbahn mit den beiden Brückenteilbauwerken Pfädchensgraben und Tiefenbachtal in Fahrtrichtung Koblenz geplant", heißt es weiter bei der Autobahn GmbH.

Nach der Fertigstellung soll der Verkehr auf den neu hergestellten Abschnitt verlegt werden. Anschließend werden die beiden Bauwerke abgebrochen. Ende 2023 soll es dann mit der Herstellung der neuen Teilbauwerke Pfädchensgraben und Tiefenbachtal mit der Fahrbahn in Fahrtrichtung Speyer losgehen.

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