Bundesfachtagung Gerüstbau in Leipzig

An erster Stelle steht der Fachkräftebedarf

Am ersten Mai-Wochenende findet in Leipzig die Bundesfachtagung der Bundesinnung Gerüstbau und des Bundesverband Gerüstbau statt. Bundesinnungsmeister und Präsident Marcus Nachbauer und Geschäftsführerin Sabrina Luther unterhielten sich mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga darüber, was die Branche derzeit bewegt und welche Herausforderungen sich stellen.
Bundesinnung/Bundesverband Gerüstbau Gerüstbau
Marcus Nachbauer ist Bundesinnungsmeister der Bundesinnung für das Gerüstbauer-Handwerk und Präsident des Bundesverband Gerüstbau. Foto: Bundesverband Gerüstbau

ABZ: Frau Luther, Herr Nachbauer, was sind die wichtigsten Themen, die die Gerüstbau-Branche aktuell bewegen?

Nachbauer: An erster Stelle steht hier weiterhin – wie allgemein im Handwerk – der Fach- und Arbeitskräftebedarf sowie, damit zusammenhängend, die Qualifizierung der Fachkräfte. Zudem beobachten wir in unserer Branche einen Generationenwechsel. Das Thema Unternehmensnachfolge beschäftigt daher viele unserer Mitglieder.

Luther: Quasi ein Dauerbrenner ist die Umsetzung von Arbeits- und Gesundschutzmaßnahmen in den Betrieben. Ganz aktuell steht auch noch das Thema "Steuerliche Erleichterungen für Photovoltaikanlagen" im Vordergrund. Schließlich können diese Anlagen ja in aller Regel nicht ohne Gerüste montiert werden. Dennoch hat der Gesetzgeber das Gerüstbauer-Handwerk zunächst von der steuerlichen Förderung ausgeschlossen.

ABZ: Inwiefern finden diese Themen auf der Bundesfachtagung Gerüstbau 2023 in Leipzig ihren Niederschlag?

Luther: Auf den Mitgliederversammlungen von Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau werden die Mitglieder über die Aktivitäten der Organisationen zu all diesen Themen informiert. Das betrifft etwa den aktuellen Stand unserer Nachwuchskampagne, unsere Mitwirkung am Projekt "Handwerk macht Schule" oder die erweiterten Schulungsangebote. Hierzu zählen beispielsweise die Eigenüberwacherschulungen, die seit der Fusion mit dem Güteschutzverband Stahlgerüstbau allen Mitgliedern von Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau offenstehen. Des Weiteren stellen wir "Gerüstbau-gesund" vor, ein Projekt mit verschiedenen kostenfreien Weiterbildungsangeboten zum betrieblichen Gesundheitsschutz. Beim traditionellen "Talk im Gerüst" geht es um das Thema "Generationenwechsel in den Unternehmen". So ermöglichen wir einen Erfahrungsaustausch unter den Mitgliedern, wie er zudem auch in der Arbeitsgruppe der Jungunternehmer des Bundesverbandes stattfindet. Insgesamt bietet die Bundesfachtagung den Mitgliedern ein Forum, um zu den aktuellen Themen in einen Austausch untereinander wie auch mit der Herstellerseite zu treten und sich über die aktuellsten Entwicklungen im Bereich Arbeits- und Gesundheitsschutz zu informieren.

ABZ: Inwieweit werden die neuen Regelungen der ATV DIN 18451 besprochen?

Luther: Die Reform der ATV DIN 18451 befindet sich noch im Verfahren. Mit einer Veröffentlichung ist frühestens im Herbst zu rechnen. Damit unsere Mitglieder aber schon frühzeitig einen Überblick über die neuen Abrechnungsregeln erhalten, haben wir auf der Bundesfachtagung einen entsprechenden Fachvortrag eingeplant. Die Details allerdings können voraussichtlich erst auf dem Groß-Seminar im Herbst besprochen werden.

ABZ: Der Fachkräftemangel bleibt ein Problem, das auch die Gerüstbaubranche betrifft. Wie unterstützen Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau die Mitglieder?

Luther: Seit Ende 2019 werben wir mit einer eigenen Imagekampagne um Nachwuchskräfte. Herzstück der Kampagne sind soziale Medien, zunächst Facebook und Instagram. Vor wenigen Wochen ist noch ein TikTok-Kanal hinzugekommen, weil sich TikTok gerade bei Teenagern großer Beliebtheit erfreut. Diesen Kanal möchten wir im Laufe des Jahres mit neuen Videos kontinuierlich ausbauen. Seit vergangenem Jahr beteiligen wir uns außerdem an dem Projekt "Handwerk macht Schule". Lehrer können sich dort kostenlose, lehrplanorientierte digitale Lehr- und Lernmaterialien mit Bezug zu verschiedenen Handwerksthemen herunterladen. Ziel ist es, auf diesem Weg die Vielfalt der Themen sowie die Zukunftspotenziale und Karrieremöglichkeiten im Handwerk darzustellen. Auch die Erweiterung unserer Qualifizierungsangebote dient dem Zweck, Fachkräfte an die Branche zu binden. Die Eigenüberwacherschulungen sind hier nur ein Beispiel. Nicht zuletzt engagieren wir uns bei der Bekämpfung von Schwarzarbeit: Leider ist festzustellen, dass viele Arbeits- und auch Fachkräfte in illegalen Arbeitsverhältnissen gebunden sind, die auch bei guter tariflicher Entlohnung schwer zu erreichen sind. Als ersten Schritt haben wir 2014 ein "Bündnis gegen Schwarzarbeit" mitbegründet. Hier gilt es nun aber, die Effektivität bei der Bekämpfung der Schwarzarbeit weiter zu stärken.

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Sabrina Luther ist Geschäftsführerin der Bundesinnung für das Gerüstbauer-Handwerk und für den Bundesverband Gerüstbau. Foto: Bundesverband Gerüstbau

ABZ: Wie schätzen Sie die Zukunft im Fassadengerüstbau ein?

Nachbauer: Hier spürt die Branche mittlerweile den Rückgang der Neubautätigkeit. Aufgrund des Wegfalls vieler Förderungen sowie steigender Kreditzinsen wird sich diese Entwicklung noch weiter verstärken, auch wenn langfristig Wohnraum weiter benötigt wird. Helfen könnte da der steigende Bedarf an energetischen Sanierungen sowie die Installation vieler Photovoltaikanlagen. Durch die aktuellen Förderregelungen bei der Umsatzbesteuerung werden die Gerüstbauunternehmen allerdings zurzeit in die Nachunternehmersituation gedrängt. Auch die Unsicherheiten in Bezug auf die Anwendung der neuen Steuervorschrift sind für die Auftragssituation der Gerüstbauunternehmen nicht förderlich. Hier bemühen sich Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau um Klärung.

ABZ: Welche Ziele haben sich Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau in der Verbandsarbeit gesetzt?

Nachbauer: Die Ziele von Bundesinnung und Bundesverband Gerüstbau sind in unserem Leitbild dargelegt. Wir stehen für die Interessen des Gerüstbaus ein und stärken das Gerüstbauer-Handwerk als eigenständiges Gewerk im Handwerk und in der Bauwirtschaft. Wir sind Treiber und Richtungsgeber des technischen und regulatorischen Fortschritts, wir schaffen die Voraussetzungen für eine eigenständige und zukunftssichere Aus- und Fortbildung und gestalten digitalen Wandel. Im Fokus steht dabei weiterhin die Verbesserung des Images unseres Gewerks: Die Gerüstbauunternehmen sind die ersten Ansprechpartner für den Arbeitsschutz und können dadurch ganz wesentlich dazu beitragen, dass Unfälle im Baugewerbe reduziert werden. Gerade beim zuvor bereits erwähnten Thema Photovoltaik ist es daher besonders wichtig, dass der Gerüstbau bereits in der Planungsphase mitberücksichtigt wird. Bei vielen aktuellen Themen sieht sich der Verband zudem auch als Wegbereiter neuer Entwicklungen. So unterstützen Bundesinnung und Verband derzeit beispielsweise eine Masterarbeit im Bereich Gerüstplanen aus Naturprodukten.

ABZ: Welche Neuerungen gibt es im Bereich des Arbeitsschutzes?

Nachbauer: Wesentliche Neuerungen im Arbeitsschutz sind derzeit nicht zu verzeichnen. Jedoch bleibt festzuhalten, dass die Umsetzung eines erfolgreichen Arbeits- und Gesundheitsschutzes auf drei wichtigen Säulen steht. Zum einen die Beachtung und konsequente Anwendung der bereits bestehenden Regelungen, deren Regelungstiefe nach unserem Empfinden ausreichend vorhanden ist. Dazu gehört insbesondere das Verhalten aller Beteiligten, die in ihren Verantwortungsgrenzen Arbeitsschutz aktiv leben müssen. Arbeitgeber und Beschäftigte sind hier ebenso gefragt wie Kunden und vor allen Dingen die planenden Instanzen, die durch klare Angaben sicheres Arbeiten erst möglich machen. Nicht zuletzt gehört auch die Anwendung der zur Verfügung stehenden Technologien dazu, die ihrerseits zunehmend Einzug in die zuvor beschriebene Regelungswelt nehmen.

ABZ: Die BIM und die Digitalisierung von Planungs- und Bauprozessen bleiben Dauerthemen in der Baubranche. Wie gehen Ihre Mitgliedsunternehmen damit um?

Luther: Hier beobachten wir unterschiedliche Herangehensweisen. Viele Unternehmen sind dabei individuelle Softwarelösungen zu entwickeln, um insbesondere die Planungs- und Logistikprozesse in den Unternehmen zu verbessern. Aufgrund der unterschiedlichen Strukturen in den Unternehmen wird es voraussichtlich keine "One-fits-all"-Lösung geben. Aber auch hier sind die Verbandsorganisationen mit den Softwareherstellern und den Mitgliedern in Diskussion, wie zuletzt auf dem Groß-Seminar im Herbst.

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