Hydraulik auf höchstem Niveau

Elastische Lager für Gleiströge der U5 in Berlin gebaut

ThyssenKrupp Tunnelbau
50 Gleiströge werden in ausgewählten Teilbereichen der Tunnelröhren zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor auf hochbelastbarem Elastomer gelagert. Zu erkennen sind die Zugangsschächte, über die die Pressen eingebaut werden. Foto: Thyssenkrupp Infrastructure

Berlin (ABZ). – Wenn ab dem Jahr 2020 die Besucher der Berliner "Staatsoper Unter den Linden" der Musik lauschen, werden sie voraussichtlich nicht merken, dass unter der Oper in rd. 17 m Tiefe die Züge der U-Bahnlinie 5 durch die neu gebauten Tunnelröhren fahren. Zum ungestörten Hörgenuss trägt eine ausgeklügelte elastische Lagerung der Gleiströge in ausgewählten Teilbereichen der beiden Richtungsröhren bei, die dafür sorgt, dass kaum Schallwellen, Schwingungen und Erschütterungen an die Umgebung übertragen werden. Die Tröge mit ihren seitlichen Stützwänden und der Sohle aus Stahlbeton dienen der Aufnahme des Schotterbettes sowie der Schwellen und Gleise. Die Herausforderung beim Bau der erschütterungsarmen Lagerung der Tröge: Die hochbelastbaren Lager können erst nach dem Betonieren der Gleiströge eingebaut werden. Dazu müssen die bis rd. 250 t schweren Tröge hydraulisch angehoben werden. Eine Spezialaufgabe, bei der die thyssenkrupp Infrastructure GmbH ihre ganze Erfahrung und technisches Know-how ausspielen kann. Die Arbeiten an dem durch die Implenia Construction GmbH im Auftrag von Projekt U5 durchgeführten Tunnelbauprojekt laufen gut. Projekt U5 ist die Projektrealisierungsgesellschaft der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Doch bis zur geplanten Fertigstellung im Jahr 2020 müssen noch so manche Tonnen Stahlbeton von thyssenkrupp Infrastructure "gestemmt" werden.

2020 wird die U5 die Streckenlücke zwischen Alexanderplatz und Brandenburger Tor schließen. Noch sind auf der Straße Unter den Linden täglich durchschnittlich rd. 15.000 Fahrzeuge unterwegs. Nach dem Lückenschluss gehen die Verkehrsexperten davon aus, dass sich 20% des Straßenverkehrs auf die Nutzung der neuen U5 verlagern wird. Die 2,2 km lange Tunnelstrecke führt über die drei neuen U-Bahnhöfe Rotes Rathaus, Museumsinsel sowie Unter den Linden – und "unterquert" eben auch die Staatsoper. "Aus diesem Grund waren die Auflagen hinsichtlich Schall- und Vibrationsschutz streng", erklärt Dipl.-Ing. (FH) Markus Osterwald. Das Containerbüro des Leiters Gleisbau der Projektrealisierungs GmbH U5 liegt in der Nähe eines der Abstiege in den Tunnelbau. Von hier aus geht es unterirdisch in Richtung Brandenburger Tor, wo einige der insgesamt 50 Gleiströge per rechnergestützter Synchron-Hubanlage insgesamt je 85 mm angehoben werden. Das Ganze geschieht in drei Schritten: Beim ersten Hub sind es 20 mm; dann werden die Pressen gegen höhere getauscht, und es folgen zwei weitere Hübe, zunächst um weitere 50 mm und dann im letzten Schritt auf die angestrebten 85mm. Erst dann können die 70 mm starken Sylodyn-Platten aus geschlossenzelligem Elastomer per Schablone unter dem Trog platziert werden, woraufhin der Trog dann wieder um 15 mm auf die Sylodyn-Platten abgesenkt wird.

Zwischen 30 und 72 m lang sind die einzelnen Gleiströge. Im Fall eines rd. 72 m langen Troges existieren 19 Zugangsschächte im Abstand von 3,84 m über die die Pressen – je zwei pro Schacht – in die dafür vorgesehen Betonaussparungen unter der Betonplatte des Troges exakt positioniert werden. 20 Messpunkte in den Schächten übermitteln ihre Daten an den Rechner. Max. 5 mm darf der gesamte Trog aus der Waage geraten, dann muss Heinz Brandt von thyssenkrupp Infrastructure manuell nachsteuern. "Das passiert äußerst selten, kann aber sein", so Brand; für den erfahrenden Bau- und Projektleiter stellt das kein Problem dar. Nach mehr als 1000 Hüben kennt er sozusagen jeden Ton und jedes bar Druck der Anlage. Und Druck gibt es jede Menge: In der Mitte der Tröge sind an jeder Presse zwischen 54 und 60 bar nötig, um die bis zu 250 t schwere Stahlbetonkonstruktion zu heben; in den Außenbereichen sind es immerhin noch 20 bis 30 bar pro Presse.

Hat der Gleistrog die vorgesehene Höhe erreicht, werden pro Schacht vier Sylodyn-Lager von insgesamt mehr als 3500 an exakt vorgegebenen Stellen platziert. Dann erst kann der gesamte Trog wieder auf den Schall- und Schwingschutz abgelassen werden. Die hochbelastbaren Lager können Schwingungen und Erschütterungen selbst bei hohen Pressungen effizient aufnehmen und isolieren. Im April 2018 wurde der erste Gleistrog angehoben und im August 2018 kam der letzte an die Reihe.

Das Verfahren ist notwendig, da die Gleiströge vor Ort direkt auf die Sohle der Röhren betoniert werden, nur durch eine wenige mm starke Folie getrennt. "Eine Schalung für die Gleiströge war nicht möglich, da diese aus Platzmangel nicht hätte wieder entfernt werden können", erklärt Brandt. Daher habe an dem Anheben der Tröge und dem nachträglichen Einbau des Schall- und Erschütterungsschutzes kein Weg vorbeigeführt. Auch das Einbringen von Trog-Betonfertigteilen sei aus wirtschaftlichen Gründen nicht sinnvoll gewesen.

Für den Einsatz des Verfahrens spricht technisch auch, dass man durch erneutes Anheben der Tröge in der Lage sein wird, Sylodyn-Lager nach Ablauf der prognostizierten Liegezeit zu tauschen oder auch im Zuge der Unterhaltung Langzeituntersuchungen an den Lagermaterialien durchführen zu können.

Die Arbeiten laufen ohne Komplikationen und sogar noch besser als gehofft, welches der Routine und Professionalität des ausführenden Unternehmens geschuldet ist. thyssenkrupp Infrastructure trägt mit hohem Einsatz zu einem zügigen Gesamtbaufortschritt bei. So sind die Beteiligten zuversichtlich, dass 2020 der Probetrieb auf der Strecke aufgenommen werden kann, bevor dann noch im gleichen Jahr der reguläre Fahrbetrieb startet. Bis dahin müssen u. a. rd. 2500 m³ Schotter eingebracht, 4350 m Schienen und 3145 Bahnschwellen eingebaut sowie sämtliche Leitungen verlegt und technische Ausstattungen montiert werden. Mit 100.000 bis 155.000 Fahrgästen rechnet die BVG täglich auf dem neuen Teilstück der traditionsreichen U-Bahnstrecke, die insgesamt 18,4 km lang ist, und die die Menschen vor allem aus den Wohngebieten im Osten Berlins ab 2020 direkt in das Herz der Hauptstadt bringt.

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