Fit für die Zukunft

Frischer Schwung in der Antriebstechnik

Motorentechnologie bauma München
Der Dieselmotor dieses 85-t-Baggers wurde von Mörtlbauer durch einen E-Motor mit 310 kW Leistung ersetzt; die Stromversorgung erfolgt aus einer mobilen Trafoeinheit über ein Schleppkabel mit 500-V-Naturstrom. Foto: Mörtlbauer

Grube. – Mit vielfältigen Konzepten werden die Antriebe moderner Baumaschinen für noch strengere Abgasregelungen vorbereitet und fit für die Zukunft gemacht.

Die Konstrukteure neuer Baumaschinen sehen sich mit schwierigen Aufgaben konfrontiert: Von sehr wenigen Ausnahmen abgesehen, werden so gut wie sämtliche Baumaschinen von Dieselmotoren angetrieben. Aber gerade das wird zunehmend problematischer: Diesel sollen sauberer arbeiten, weniger Feinstaub erzeugen, ihre Abgase nahezu "spurenlos" werden. Elektrische Antriebe als naheliegende Alternative bergen aber mancherlei Hürden, besonders hinsichtlich der Mobilität und Batterie-Laufzeiten. Und die Energie-Rückgewinnung mit Hybrid-Antrieben erweist sich als schwierig, weil sich Baumaschinen recht langsam bewegen und insofern meist nicht viel "Schwung" wie bei einem Hybrid-Lkw oder –Bus herauszuholen ist.

Beim Grübeln an dieser Stelle angelangt, bleiben den Konstrukteuren trotz emsiger Suche nur wenige Alternativen: Antriebe mit Flüssiggas basieren ebenfalls auf Verbrennungsmotoren, erzeugen demnach zwar Abgase, wenn auch sauberere, müssten aber für vergleichbare Laufzeiten wie Dieselmotoren große Mengen mitführen. Häufige Tankstopps erfordern eine gute Logistik und kosten auch in der Baubranche Zeit und damit Produktivität.

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Patentierte Hybridkomponenten wandeln beim Komatsu HB215LC-2 die beim Schwenken freigesetzte kinetische Energie in elektrische Energie um, was je nach Einsatzart den Dieselverbrauch um bis zu 25 % reduziert. Foto: Schlüter Baumaschinen

Hoffen nun manche Konstrukteure auf draht- oder kabellose Energieübertragung, sind das nur die ganz besonders jungen, denn eine solche Technologie gehört noch in das Reich der Science Fiction und ist am Forschungshorizont nicht einmal schwach zu erkennen. Etwas nüchterner denkende Konstrukteure wählen eine andere Lösung: Sie beschäftigen sich intensiv mit der Optimierung bestehender, seit Jahrzehnten bewährter Antriebstechnik.

Die Resultate können sich sehen lassen, beinhalten sie doch neuartige Radladergetriebe als Kombination von mechanischem und hydrostatischem Antrieb, hydraulische oder elektrische Energiespeicher, die nicht nur Energie zurückgewinnen, sondern vom Motor überflüssig erzeugte auffangen, oder auch "mitdenkende" Hydrauliksysteme, innovative diesel-elektrische Antriebe auf Wechselstrombasis oder neuartige, nur dank moderner Computertechnik regelbare elektrische Reluktanzmotoren mit drei oder mehr Phasen.

Von einer Seite werden Motoren- und Antriebskonstrukteure besonders in die Ecke gedrängt: Schritt für Schritt werden seit nunmehr fast 20 Jahren die Abgasvorschriften verschärft. Beginnend mit Tier1 in den Vereinigten Staaten sind wir inzwischen bei den Stufen IIIB und IV angelangt, (entspricht in etwa Tier 4 interim und Tier 4 final), und in der EU wird bereits für 2019 oder 2020 die noch strengere Stufe V angekündigt.

Obwohl Dieselabgase mit weniger Schadstoffen und Feinstaub natürlich zu begrüßen sind, schaffen die Bestrebungen, den Diesel sauberer zu machen, auch reichlich Probleme: Um die Motoren herum müssen kleine "Abgasreinigungsfabriken" entstehen, die Bauraum beanspruchen, ebenso zusätzliche Komponenten, die auch Wartung und Aufmerksamkeit erfordern, ob für Reinigung oder Austausch der Partikelfilter oder das Nachfüllen von AdBlue (Harnstoff).

Das Ausdehnen der Motorabmaße aufgrund komplexer Abgastechnik hinterlässt weitere Spuren: Die Motorhauben wachsen in die Höhe, Breite und Länge, was die seit Jahrzehnten optimierte Fahrersicht, besonders nach hinten, nun wieder reduziert und teilweise sogar erheblich einschränkt. Und letztlich wird durch die immer strenger angezogene Abgasschraube die Wettbewerbsfähigkeit deutscher und europäischer Hersteller arg strapaziert, denn auf internationalen Exportmärkten sind nur Maschinen mit weniger komplexer Abgastechnik zu verkaufen.

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Beim neuen Gasmotor G 2.9, mit dem Deutz sein Programm erweitert, kann mithilfe eines 3-Wege-Katalysators zum Einhalten der zukünftigen Abgasregelungen gemäß EU-Stufe V auf ein aufwendiges Abgasnachbehandlungssystem verzichtet werden. Foto: Deutz

So ist verständlich, dass sich nach anderen Antriebslösungen umgesehen wird. Interessant sind Gasantriebe, erzeugen sie doch erheblich reinere Abgase. Daher tauchen zunehmend mehr Maschinen, vorwiegend kleinere Radlader, mit Flüssiggasantrieb (auch LPG oder Treibgas genannt) auf. Deutz erweitert zur bauma sein Programm um Gasmotoren, auch weil diese Motoren "ohne ein aufwendiges Abgasnachbehandlungssystem die EU Stufe V erreichen". In Nordamerika werden derzeit sogar ganze Muldenkipperflotten mit ihren mehrere 1000 PS starken Motoren auf CNG (Compressed Natural Gas) umgestellt, dies jedoch mit dem Ziel, unabhängiger von Dieselöl zu werden. Hier stellt sich allerdings die Frage über die heftig diskutierten Risiken des Fracking.

Ungeachtet aller technischen Methoden zur Abgasreduzierung gibt es eine verblüffend simple "menschliche" Lösung: Die Motoren der meisten Baumaschinen laufen zu oft, zu viel und zu lange im Leerlauf. Wird dies durchgreifend gemindert, werden auf einfachste Weise gewaltige Abgasmengen vermieden, zudem Ölressourcen geschont und die Intervalle zwischen Tankstopps länger.

Welche Bedeutung Leerlauf hat, mussten vor fünf Jahren Cat-Spezialisten staunend erfahren, als sie dazu Daten von mehr als 25.000 Maschinen in ganz Europa auswerteten, die zu jener Zeit schon mit Telematik ausgestattetet waren: Durchschnittlich liefen die Motoren dieser Maschinen 30 % der Betriebszeit im Leerlauf. In Extremfällen gab es Leerlaufanteile von bis zu 70 %. Telematiksysteme können in starkem Maße dazu beitragen, Leerlaufzeiten zu erfassen und wirksam zu mindern.

Manche kompakten Baumaschinen besitzen zwar schon eine Abschaltautomatik des Motors ab gewisser Leerlaufzeiten, doch wählte Atlas Weyhausen für seine weycor-Radlader eine andere Lösung: Gemeinsam mit Deutz und Bosch-Rexroth wurde eine Start-Stopp-Automatik entwickelt, die Verbrauch und Abgase reduziert und zudem die Laderleistung merklich steigert. Das patentierte System wurde mit über 150.000 Start-Stopp-Zyklen erprobt und ist inzwischen serienreif.

Viel für reduzierten Dieselverbrauch und damit für weniger Abgase lässt sich auch durch Optimierung der Hydrauliksysteme bei Baggern und Getriebetechnik bei Radladern erreichen. Eine Neuheit sind hier Leistungsverzweigungsgetriebe, kurz als CVT (Continuosly Variable Transmission = kontinuierlich variables Getriebe) bezeichnet. Ursprünglich wurde CVT für Traktoren entwickelt, vereint es doch Vorteile der Hydrostatik wie leichte und stufenlose Regelbarkeit mit dem hohen Wirkungsgrad eines mechanischen Antriebes mit Wandlerüberbrückung. Zur bauma 2010 zeigte ZF erstmals, wie CVT-Technologie auch bei Radladern zu verwenden ist. Inzwischen statten Caterpillar und Liebherr Radlader mit CVT-Antrieben aus. Ein vergleichbares Getriebe namens HVT (Hydromechanical Variable Transmission) entwickelten Dana und Bosch Rexroth im Joint Venture.

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Die Druckflasche am Heck zeigt, dass der kompakte Sherpa 300 LPG durch Flüssiggas (Autogas) angetrieben wird und genauso wie gasbetriebene Gabelstapler in Hallen und Innenräumen betrieben werden kann. Foto: Weber Baumaschinen & Fahrzeuge

Zunehmende Aufmerksamkeit widmen Konstrukteure auch diesel-elektrischen Antrieben, die schon seit Jahrzehnten bei Tagebau-Muldenkippern, großen Radladern, Schiffsantrieben und bei Lokomotiven verwendet werden. Immerhin lassen sich damit die Vorzüge elektrischer Antriebe nutzen, ohne auf Mobilität zu verzichten – das Kraftwerk wird ja in Gestalt von Dieselmotor und Generator in der Maschine mitgeführt.

Diesel-elektrisch angetrieben werden neben manchen Brecher- und Recyclinganlagen ein 26-t-Kettendozer von Caterpillar, ein 20-t-Hybrid-Radlader von Hitachi und ein von John Deere in den USA vorgestellter, ähnlich großer Hybrid-Radlader. An der TH Köln wurde ein diesel-elektrischer Straßenfertiger entwickelt, der im Vergleich zu einem diesel-hydraulischen bis zu 60 % weniger Kraftstoff verbraucht. Schon vor 21 Jahren kam Vögele mit dem diesel-elektrischen Super 1800-DE zu ähnlichen Resultaten, der 40 bis 55% weniger Diesel schluckte und insofern seiner Zeit weit voraus war, aber mangels Kundeninteresse nicht in die Serienproduktion gelangte.

Auf dem Freigelände und in den Hallen der bald nahenden bauma werden Besucher mit hoher Wahrscheinlichkeit eine ganze Reihe neuer, elektrisch angetriebener Baumaschinen begutachten können. In den letzten Jahren brachten mehr und mehr Hersteller Elektroversionen ihrer dieselgetriebenen Maschinen auf den Markt. Längst beschränkt sich das nicht mehr nur auf Umschlagbagger oder Großbagger für die Gewinnungsindustrie, die schon seit vielen Jahrzehnten hin und wieder elektrische Antriebe besitzen.

Die "Elektrifizierung" der Baumaschinen hat nunmehr auch Minibagger, Kleindumper, Radlader und sogar handgeführte Verdichter erfasst. Das derzeit wohl umfangreichste Programm elektrisch angetriebener Maschinen dürfte Wacker Neuson bieten, umfasst es doch einen Raupendumper, Radlader, Minibagger und, eine Weltneuheit, zwei Akkustampfer. Kramer, ebenfalls zum Unternehmen gehörend, wird auf der Bauma den jetzt größten elektrisch angetriebenen Radlader mit Allradlenkung präsentieren. Bei solchen Maschinen handelt es sich durchweg um mehr oder weniger kompakte Exemplare. Vergeblich werden elektrisch angetriebene Maschinen aber in den größeren Gewichts- und Leistungsklassen auf Baustellen aller Art gesucht, ob Bagger, Radlader, Planierraupen, Grader, Muldenkipper, ob Bodenstabilisierer, Kaltfräsen, Fertiger, Walzen, ob Großdrehbohrgeräte, Schlitzandfräsen, Rammen, ob Raupen-, Gelände-, Autokrane oder Teleskopstapler – bei allen gibt es keine elektrischen Varianten.

Insofern kann bei elektrischen Antrieben keinesfalls von einem Trend gesprochen werden. E-Antriebe bleiben weiterhin eine große Ausnahme, absolut beherrschender Standard auf dem Markt wie auf den Baustellen bleibt der Diesel. Warum das so ist, wird angesichts zweier Parameter schnell deutlich, die bei den meisten Baumaschinen wichtig sind: Mobilität und hohe Leistung, oft sogar im Dauerbetrieb. Gerade hier stoßen Konstrukteure noch auf ernste Hürden: Strom lässt sich nicht wie Kraftstoff innerhalb kurzer Zeit in einen Tank füllen. Leider ist zudem die Energiedichte bei wiederaufladbaren Batterien, auch Akkumulatoren oder kurz Akkus genannt, ungleich geringer als beim Dieselkraftstoff im Tank. Im Verhältnis zu Eigengewicht und Volumen speichert ein Akku demnach nur einen Bruchteil der Energie wie ein Dieseltank. Um eine Elektromaschine mit ähnlicher Leistung und Dauer wie eine Dieselmaschine nutzen zu können, wären also viele große Akkus nötig. Die aber schlucken Einbauraum und treiben das Leergewicht der Maschine nach oben, was wiederum die Energiebilanz verschlechtert.

Wird nun anstelle von Akkus eine Stromversorgung per Kabel oder auch Oberleitung gewählt, stellt sich eine andere Hürde: Die Mobilität der Maschine wird drastisch eingeschränkt (es sei denn, sie fährt wie eine Lok auf Schienen), und überall auf der Baustelle muss ausreichend Strom für den Anschluss des Kabels verfügbar sein. Da so etwas nicht ohne weiteres möglich ist, die meisten Baumaschinen aber mobil bleiben sollen, werden sich elektrische Antriebe in absehbarer Zukunft auf dem Bau nur auf kompaktere Maschinen beschränken.

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