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Risiken einer unvollständigen Leistungsbeschreibung
von:Rechtsanwalt Prof. Dr.Ulrich Rommelfanger
Darum geht's: Aufgrund einer öffentlichen Ausschreibung nach den Regeln der VOB/A hatte ein Bauunternehmer den Zuschlag erhalten. Die Leistungsbeschreibung, die der Ausschreibung zugrunde lag, war hingegen fehlerhaft, was der Unternehmer leicht hätte erkennen können. Konkret hätte er wissen können, dass neben einer Bauleistung auch der Abbruch und die Entsorgung von asbesthaltigen Material geschuldet war. Nach der Durchführung der Maßnahme begehrt der Unternehmer im Wege einer Preisanpassung vom Auftrag-geber die Zahlung von Zusatzkosten, wegen der besagten Entsorgung. Das OLG hat den Anspruch auf eine Nachtragsvergütung verneint. Es ging davon aus, dass der Unternehmer die Unvollständigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit des Leistungsverzeichnisses unschwer hätte erkennen können. Noch unter Geltung des § 9 VOB/A vor der Neustrukturierung des Vergaberechts am 18.04.2016 seien, so das Gericht, vom geschlossenen und mit der Zahlung zustande gekommenen Vertrag alle Erschwernisse umfasst, mit denen nach dem objektiven Empfänger-horizont eines potentiellen Betreibers gerechnet werden mussten. In den Fällen der Erkennbarkeit der Unvollständigkeit bzw. Fehlerhaftigkeit eines Leistungsverzeich-nisses, könne der Auftragnehmer regelmäßig später keine veränderte Vergütung im Wege der behaupteten Preisanpassung verlangen. Denn ein Bieter werde regelmäßig nur dann in seinem schutzwürdigen Vertrauen auf die Einhaltung der Vergabevorschriften enttäuscht, wenn er die Vergabeverstöße auch bei zumutbarer Prüfung nicht hätte erkennen können.
Tipp: Ausgehend davon, dass ein Unternehmer sich nicht auf einen Sachverhalt verlassen darf, der – ausgehend von einer unvollständigen Leistungsbeschreibung – für ihn eine günstigere Kalkulation eröffnet, ist er in seinem schutzwürdigen Vertrauen, also nur geschützt, wenn er die Vergabeverstöße auch bei zumutbarer Prüfung nicht hätte erkennen können. Ansonsten scheidet eine Preisanpassung aus.
Letztlich bedingt dies die anzuratende Prüfung und anschließend Rüge von Vergabeverstößen. Die bloße Änderung der Kalkulationsgrundlagen bietet nämlich keine Grundlage, später eine Preisanpassung nach § 2 Abs. 5 VOB/B zu verlangen (dazu OLG Braunschweig, Urteil vom 26.06.2014 – 8 U 11/13).
Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB, Wiesbaden