Solarthermisch aktivierte funktionsintegrierte Metallfassade

Mit der Future Facade in die Zukunft

von: Linda Schmidt und Martin Dembski
Leipzig. – Das im Herbst 2022 abgeschlossene Forschungsprojekt "Future Facade" der HTWK Leipzig zeigt in einem Projekt einen alternativen Ansatz auf, Klimaschutz sowie Energie- und Ressourceneffizienz im Baugewerbe zu verknüpfen.
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Darstellung Fassadenunterkonstruktion. Abb.: FLEX@HTWK-Leipzig/Martin Dembski

Im Mai 2020 startete an der HTWK Leipzig das Forschungsprojekt "Future Facade" als eine Reaktion auf die notwendige und unumgängliche Verknüpfung von Klimaschutz und Energie- und Ressourceneffizienz im Baugewerbe. Die Integration von Solarthermie in die Fassade birgt große Potentiale zur Gewinnung solarer Erträge, die bisher weitestgehend ungenutzt bleiben.

Obwohl das Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR) in einer Studie insgesamt 12.000 Quadratkilometer Fassadenfläche in Deutschland als solar nutzbar ausweist, existieren bisher noch keine architektonisch anspruchsvollen solarthermischen Fassadenelemente. Die Kombination von Solarthermie an innerstädtischen Fassadenflächen und Photovoltaik auf Dächern kann zur Warmwasserbereitung, Heizunterstützung und Kühlung im Haushalt genutzt werden. Hinsichtlich unabsehbarer Entwicklungen der Kosten aller Brennstoffe bietet Solarthermie eine nachhaltige und kostengünstige Alternative.

Innovation

Die Innovation des Projektes stellt der neuartige Aufbau der Module und die gewählte Fertigungstechnik dar. Während herkömmliche Kollektoren optisch immer durch Glas und die dunkelblaue Absorberfläche zu erkennen sind, können durch Mono-Material-Paneele aus Metall komplexere Erscheinungsbilder erzeugt werden. Zusätzlich sind diese Fassadenelemente nahezu komplett rezyklierbar gestaltet und kommen weitestgehend ohne Kombination mit anderen Materialien und Verklebungen aus.

Die gewählte Fertigungstechnik der Inkrementellen Blechumformung stellt ebenso eine Innovation dar. Hierbei werden mittels Drückdorn und einer Patrize komplexe Geometrien erzeugt. Die Umformtechnik ist vor allem für komplexe, individuelle Vorhaben geeignet.

Fördermittelgeber und Partner

Um die unterschiedlichen Bereiche Architektur, Maschinenbau, Metallbau und Solarthermie zusammenzubringen, wurde vom Fördermittelgeber "Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen" (AiF) und der Forschungsvereinigung Stahlanwendung (FOSTA) ein internationales Verbundprojekt zwischen der Hochschule für Technik Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK), dem Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) und der CRM-Group aus Belgien initiiert. So konnte ein Pool an diversem Know-how zur Umsetzung des Projekts entstehen.

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Die schematische Darstellung der Hydraulik. Abb.: FLEX@HTWK Leipzig/Martin Dembski

Fertigungsorientiertes Konzept

Im Forschungsprojekt wurde nach einer Lösung für die Verknüpfung von architektonischem Anspruch und Nachhaltigkeit gesucht. Die von außen nicht ersichtliche Funktionsintegration wird durch zwei kombinierte Blechpaneele erreicht, die nicht sichtbar miteinander verschweißt werden.

Die Geometrieoptimierung des äußeren Paneels stand zu Beginn des Projekts im Vordergrund, um die Module möglichst effizient an die Einstrahlungsbedingungen mit Hilfe standortbezogener Wetterdaten anzupassen und gleichzeitig die Fertigungsbeschränkungen zu berücksichtigen. Die Anpassung der Modulgeometrie und somit der solar aktiven Fläche und der Einstrahlwinkel wird durch die verwendeten digitalen parametrischen Entwurfswerkzeuge reguliert. Dadurch können die Erträge gesteuert und optimiert werden, was eine zukunftsweisende Entwicklung im nachhaltigen Bauen darstellt.

Das innere Paneel stellt das Trägermedium für die Kanalstruktur, die als klassische Harfe angelegt ist, dar. Hinsichtlich einer möglichst energieeffizienten Auslegung der Fluidkanäle innerhalb der Fassadenelemente wurden Fluidsimulationen (CFD) durchgeführt, um die bestmögliche Performance des Fassadenelementes zu erreichen.

Fertigung

Nach einer ersten gemeinsamen Materialvorauswahl wurden Umformversuche mittels Inkrementeller Blechumformung durchgeführt. An den ersten umgeformten Blechen wurden Schweiß- und Beschichtungstests umgesetzt, um die richtige Materialität und Blechdicke für eine fehlerfreie Herstellung festlegen zu können. Hierbei hat sich 0,8 Millimeter starker kaltgewalzter Stahl als beste Option für die Fertigung herausgestellt. Ausschlaggebend für die Effizienz des Solarthermiepaneels ist außerdem die Beschichtung des Metalls, welche einerseits Korosionsschutz durch eine Aluminiumbeschichtung bietet und gleichzeitig durch eine Solgel-Beschichtung (C-SiOx) die solare Absorbtion auf 93,5 Prozent steigert.

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Die Inkrementell geformte Fassadenpaneele. Abb.: Fraunhofer IWU/Peter Scholz

Konstruktion

Damit eine Fassade mit integrierter Solarthermie gegenüber herkömmlichen Fassadensystemen wirtschaftlich produziert werden kann, muss die Herstellung (Designprozess und Fertigung) parametrisch, anpassbar und automatisiert erfolgen. Hierfür wurde ein Algorithmus geschaffen, welcher Planungsbüros zukünftig als Analysetool für solarthermische Designs dienen soll. Dieser berücksichtigt Fertigungsvoraussetzungen und -einschränkungen ebenso wie die Erträge und damit die Effizienz des jeweiligen Designs. Das Fassadenpaneel ist als Kassette ausgebildet und kann so in die Bolzenaufhängung von Fassadenkonstruktionen diverser Hersteller eingehangen werden. Durch die Verwendung einer standardisierten Unterkonstruktion kann der Aufwand für Montage und Wartung minimiert und die Wirtschaftlichkeit erhöht werden.

Forschungsergebnis

Das Projektergebnis wurde in einer Modellfassade veranschaulicht, welche einen Vergleich der Leistung zu herkömmlichen Kollektoren ermöglichen soll. Sie kann für Langzeitstudien und -messungen Vergleichswerte liefern. Zum Projektende entstand eine solarthermisch aktivierte funktionsintegrierte Metallfassade, die das Potential birgt neue Erscheinungsbilder für den städtischen Raum zu erzeugen und den Umgang mit erneuerbaren Energien positiv zu beeinflussen.

Fazit

Wie geht es weiter? Im November 2022 wurde das Projekt beendet, der Abschlussbericht endet mit einem Forschungsergebnis und das soll im Januar 2023 veröffentlicht werden. Erst dann steht fest, was dem Projekt folgt, beziehungsweise welche nächsten Schritte geplant werden können. Es ist derzeit noch offen, ob ein Folgeprojekt angeschlossen wird. Die Forschungsanträge zu letzterem sind bereits gestellt worden, und es besteht auch Interesse seitens der Industrie. Heizungstechniker, Fassadenfirmen und Metallbauer haben Interesse signalisiert und wollen als Projektpartner im Folgeprojekt auftreten. Sollte also der Folgeantrag genehmigt werden, ist die Industrie offiziell "Partner". Für ein StartUp ist die Technologie noch nicht weit genug entwickelt, da sich das Projekt im Rahmen der Grundlagenforschung bewegt.

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