Forschungsprojekt RCC2: Beton kann klimafreundlich – wärmende Schalung im Winter erforderlich

Einsparungspotenzial von bis zu 80 Prozent Kohlenstoffdioxid

Wien/Österreich (CR). – "Ich freue mich, dass die Forschung an CO2-armen Beton so rasch voranschreitet und gute Ergebnisse liefert. Dies ist eines der vielen Instrumente hin zur Klimaneutralität", betont Leonore Gewessler, österreichische Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie.
CO2-Bilanz Beton
Thomas Romm (Geschäftsführer forschen, planen, bauen, v. l.), Erwin Größ (Geschäftsführer Strabag Real Estate Österreich), Robert Hauser (CEO Doka GmbH), Leonore Gewessler (Bundesministerin Österreich) und Klemens Haselsteiner (VorstandsvorsitzenderStrabag SE). Foto: Cornelia Rachow

Sie nahm jüngst an der Pressekonferenz in Wien teil, bei der die Ergebnisse der österreichischen Forschungsstudie Reduced Carbon Concrete 2 (RCC2) vorgestellt wurden. Bis hin zu bilanziell klimaneutralem Beton als neuen Stand der Technik, sei es möglich, Beton herzustellen. Auf jeden Fall aber CO2-reduzierten, berichtete das Konsortium bestehend aus Strabag Real Estate, Doka, Romm ZT, Mischek ZT, bauXund, CarStorCon Technologies, MPA Hartl sowie den Betonherstellern Asamer, Holcim und Wopfinger.

Ergebnis der Studie in Zahlen: Klinkerreduzierter Beton, insbesondere, wenn technischer Kohlenstoff hinzugefügt wird, hat das Potenzial, die CO2-Bilanz von Beton erheblich zu verbessern. So liegt bei der untersuchten Betonrezeptur RCC2+ (mit technischem Kohlenstoff) das CO2-Einsparpotential gegenüber dem Referenzbeton bei etwa 80 Prozent für Decken (ohne Heizung). Bei winterlichen Temperaturen mit Unterstützung durch eine beheizbare Schalung liegt das Potenzial der CO2-Reduktion von RCC2+ noch immer bei 67 Prozent.

Das gemeinsame Ziel sei, die technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Hürden zur Etablierung von CO2-reduziertem Performance-Beton zu überwinden und den Weg für einen "klimafitten" Baustoff auf Österreichs Baustellen zu ebnen. Auf Nachfrage der ABZ stellte sich heraus, dass das Projekt durch die Stadt Wien und die österreichische Forschungs-Förderungs-Gesellschaft (FFG) mitfinanziert wurde – der Großteil der Kosten sei aber durch die Konsortialpartner getragen worden. Ob auch in Deutschland ein derartiges Projekt von der Regierung mitgetragen wird, beantwortete Doka im Nachgang: "In dieser Konstellation, mit so einem breiten Konsortium, unseres Wissens nicht. Wie von Thomas Romm während des Presse-Events erwähnt, gibt es punktuell schon viele verschiedene Ansätze und Untersuchungen zu grünem Beton, aber bisher noch nicht in der Bandbreite wie in diesem Fall."

Im Vorgängerprojekt Reduced Carbon Concrete (RCC) untersuchte das Konsortium bereits im Jahr 2021 den praxisnahen Baustelleneinsatz von klinkerreduzierten Betonrezepturen. Im Vergleich zu Standardbeton haben diese sogenannten RCC-Betone einen stark reduzierten CO2-Fußabdruck, aber einen Nachteil: Sie brauchen länger zum Aushärten, besonders bei niedrigen Außentemperaturen. Dies führt in der Praxis zu einer Verlängerung der Bauzeit und zu höheren Kosten.

Scheinbaren "Widerspruch" entkräftet

Im Mittelpunkt der aktuellen Untersuchung stand aber auch ein von Doka entwickelter, funktionaler Prototyp einer intelligent beheizbaren Schalung. Damit sollte die verzögerte Festigkeitsentwicklung von RCC-Betonen bei niedrigen Umgebungstemperaturen ausgeglichen werden. Auch eine strombetriebene Beheizung der Schalung verbraucht Energie, deren Erzeugung wiederum CO2 emittiert – dies ist den Projektbeteiligten bewusst. Durch den Einsatz von Strom aus erneuerbarer Energie und dem smarten Einsatz der Beheizung des Bauteils, kann dieser scheinbare "Widerspruch" entkräftet werden. Die Ökobilanzierung von beheizbaren Schalungen für klinkerreduzierten Beton sei daher ein wichtiger Schlüssel zur Bewertung der Nachhaltigkeit und der sinnvollen Verwendung innovativer RCC-Rezepturen.

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CO2-Bilanz Beton
Leonore Gewessler (Bundesministerin Österreich) im Gespräch mit Projektbeteiligten. Foto: Cornelia Rachow

Wie genau sich die Kombination aus intelligenter und wärmender Schalung darstellt, will Doka laut CEO Robert Hauser "spätestens auf der bauma 2025" präsentieren. Er betont aber: "Das Forschungsprojekt RCC2 ist ein wichtiger Meilenstein in der Erforschung von klimafittem Bauen mit Beton. Doch wenn wir CO2-reduzierte Betone effizient und sicher auf der Baustelle einsetzen wollen, müssen wir uns auch mit der Schalung beschäftigen. Unser Fokus liegt deshalb auf Innovationen entlang der Nahtstelle Schalung-Beton, um im Zuge unseres Ziels Net-Zero 2040 auch die Dekarbonisierung der Baustelle voranzutreiben."

Im Kooperationsprojekt wurde zudem daran geforscht, wie diese innovativen Betonrezepturen noch klimafreundlicher weiterentwickelt werden können, indem technischer Kohlenstoff auf Pflanzenkohlebasis hinzugefügt wird. Das Projektteam führte umfangreiche Testreihen durch, die sowohl Sommer- als auch Winterbedingungen simulierten. Jede Versuchsreihe umfasste Decken- und Wandteile mit je drei unterschiedlichen Rezepturen: einen Standardbeton (als Referenz), eine CO2-reduzierte Betonrezeptur (RCC2) und eine CO2-reduzierte Betonrezeptur mit technischem Kohlenstoff (RCC2+).

Schäden an Betonbauteilen vermieden

Ausgangspunkt für die durchgeführten Winterversuche sind die Referenzwerte der Sommerreihe: Dafür haben alle getesteten Betonrezepturen die erforderlichen Festigkeiten zum Ausschalen nach24 Stunden erreicht. Aufgrund der verzögerten Festigkeitsentwicklung vonRCC-Betonen wurde daher je Rezeptur im Winterversuch ein Bauteil mit und eines ohne Heizschalung errichtet. Die Versuche zeigten laut Projektgruppe klar, dass sich bei den Wintertests mit niedrigen Umgebungstemperaturen eine beheizbare Schalung als entscheidend erwies, um die Festigkeitsentwicklung der RCC-Mischungen zu unterstützen. So können Schäden an den Betonbauteilen vermieden werden, die aufgrund der Temperaturverhältnisse unter 0 Grad Celsius entstehen würden.

Die Versuche mit dem funktionalen Prototypen einer intelligent beheizbaren Schalung von Doka schaffen laut Projektbeteiligten eine wichtige Perspektive für einen Einsatz von CO2-reduziertem und bilanziell klimaneutralem Beton unabhängig von Temperatur, Baustellenbedingungen auch unter der Einhaltung gewohnter Ausschalzeiten. Wie wird die Projektarbeit weiter genutzt? In der Leystraße in Wien-Brigittenau errichtet Strabag Real Estate mit dem Projekt SOLEY ein Energie- und Klima-Vorzeigeprojekt: Erstmals findet ein CO2-reduzierter PerformanceBeton-Anwendung im modernen Wohnbau. Zusätzlich wird das Haus über eine Photovoltaikanlage mit Strom versorgt und ist aufgrund der Grundwasserwärmepumpe auch in puncto Heizung von fossilen Brennstoffen unabhängig. Wann es genau losgeht, steht noch nicht fest.

Bei einem waren sich alle Teilnehmenden einig: Aufgrund seiner einzigartigen statischen und bauphysikalischen Eigenschaften wird auch in Zukunft kein Weg am Baustoff Beton vorbeiführen. Ebenso unbestritten sei, dass die radikale Verringerung des CO2-Fußabdrucks von Beton eine der dringlichsten ökologischen Aufgaben im Bausektor ist. Forscher, Industrie und Politik arbeiten daher an unterschiedlichen Lösungen, wie der Reduktion von Klinker, CO2-Kreislaufprozessen oder Carbon-Capture-Programmen.

Christof Kunesch, Geschäftsführer Holcim Beton Österreich, sagte: "Auf unserem Weg zu Net Zero setzen wir bei Holcim auf Innovationspartnerschaften entlang der gesamten Wertschöpfungskette mit unserem CO2-reduzierten Zement und Beton."

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