Investitionsstau bei der Infrastruktur
Neue Studie sieht erhebliche Unterfinanzierung
Bonn (ABZ). – Eine Studie des Walter-Eucken-Instituts hat darüber hinaus festgestellt, dass unter anderem die staatlichen Investitionen in Straße, Schiene und Wasserstraße seit Langem bereits nicht mehr ausreichen, um auch nur den Bestand zu sichern.
"Wir könnten uns freuen, dass jetzt auch wissenschaftlich bestätigt ist, wovor wir schon seit Jahren warnen", kommentiert Michael Gilka, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen e. V. (BVMB), die Studie, "aber das ist ein Horrorergebnis für die deutsche Wirtschaft und die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land."
Der Verband appelliere schon lange an die Bundespolitik, endlich die Investitionen für die Infrastruktur in Deutschland deutlich anzuheben und ein langfristiges, überjähriges und vor allem haushaltsunabhängiges Finanzierungskonzept aufzustellen. "Aber es passiert nichts. Wir leben weiterhin politisch von der Hand in den Mund", beklagt Gilka das anhaltende Zittern um Investitionsmittel in Straße, Schiene und Wasserstraße. Es gelte, ergebnisoffen ein Für und Wider eines offenen Infrastruktursondervermögens zu diskutieren und endlich die Scheuklappen abzulegen.
Eine Studie des Walter-Eucken-Institut sei nun der Frage nachgegangen, wie der Zustand der Infrastruktur in Deutschland tatsächlich sei. Der Ökonom Professor Lars Feld habe den Zustand der deutschen Infrastruktur untersucht und wissenschaftlich ein Bild ermittelt, das durch sanierungsbedürftige Straßen und Schienenwege, sausende marode Brücken im Verkehrsnetz, Funklöcher bei der Mobilfunkversorgung geprägt sei, so die BVMB. "Deutschlands Infrastruktur lebt fast nur noch von der Substanz", habe der Wirtschaftsprofessor der Universität Freiburg zusammengefasst.
Er schätzte demnach auf Basis von Angaben des Bundesverkehrsministeriums den Investitionsbedarf allein für die Bundesfernstraßen und Autobahnen für die Jahre 2025 bis 2028 auf über 57 Milliarden Euro. Um nur das bestehende Schienennetz in Deutschland in Schuss zu halten, wären bis ins Jahr 2027 weitere rund 63 Milliarden Euro nötig.
Weitere 272 Milliarden Euro Finanzierungsbedarf sieht Feld mittelfristig für die Energieinfrastruktur wie für den Bau für On- und Offshore-Windanlagen, um die gewünschte Energiewende schaffen zu können. Der Verband fordere seit langem alternative Finanzierungsmodelle, "nachdem der Staat das erkennbar nicht auf die Reihe bekommt", moniert Gilka. Die rege auch die Freiburger Studie an – so etwa die Einbindung privater Investoren in einen Infrastrukturfonds und die Gründung einer Netzinfrastrukturgesellschaft, die staatliche Beteiligungen an Übertragungsnetzbetreibern bündelt, in die dann Geldgeber investieren können.
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Die BVMB begrüßt das laut Gilka, sieht aber gleichzeitig auch Risiken, auf die Professor Feld in der Studie ebenfalls eingehe. Der Verband rege schon seit Jahren eine weitere Aufstellung der Finanzierung über solche Fonds an, um Kapital für dringend nötige Sanierungen und den Ausbau der Infrastruktur zu generieren. "Dabei dürfe aber nicht vergessen werden, das private Kapitalgeber Renditeerwartungen hegen.
Bei seit Jahren in der Kritik stehenden ÖPP-Projekten trifft das ebenfalls zu, auch dort haben wir auf die fehlende Wirtschaftlichkeit hingewiesen", so Gilka weiter. Stehen Reparaturen oder Ersatzinvestitionen an, könnten diese nicht erfolgen, weil man Ausschüttungen und damit die genuinen Erwartungen der Geldgeber nicht enttäuschen möchte und auch nicht enttäuschen darf, weil diese sonst ihr Geld in Zukunft abziehen.
Damit eng verknüpft sei die Frage, wer Geld nachschieße, wenn sich alle aus der Verantwortung ziehen würden. Diese und weitere Punkte wie der Einkauf ausländische Geldgeber in "kritische Infrastruktur" sehen die Studienautoren ebenfalls als externe Risikofaktoren an.
Je länger die Politik im Ergebnis nur zuschaue, desto maroder werde die Infrastruktur im Land und desto mehr koste es, sie wieder in Schuss zu bringen, schließt Gilka.