BVMB fordert Augenmaß bei Umsetzung
Diskussion um Lieferkettengesetz
Bonn (ABZ). – Totgesagte leben länger, das gilt scheinbar auch für die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), welche wider aller Erwartung in einer Abstimmung der ständigen Vertreter am 14. März 2024 eine qualifizierte Mehrheit erlangen konnte, teilte die Bundesvereinigung Mittelständischer Bauunternehmen (BVMB) nun mit. Die Richtlinie gilt mit Übergangsfristen (stufenweise bis 2029) ab einer Untergrenze bei einer Mitarbeiterzahl von 1000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von mindestens 450 Millionen Euro.
"Wir haben in Deutschland bereits ein nationales unausgereiftes Lieferkettengesetz (LkSG), welches durch ein europäisches Pendant in entscheidenden Punkten verschärft werden wird", so der Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung, Michael Gilka, konsterniert. Auch wenn durch die Streichung der ursprünglich vorgesehenen Risikosektoren ein gravierender Punkt nicht mehr vom Vorschlag umfasst ist, sieht Gilka die Abstimmung im Europäischen Parlament mit Sorge.
Europäische CSDDD entschlacken
Die nationalen Regelungen sind bereits praxisfern und bürden unseren Unternehmen Nachweispflichten auf, die in keiner Relation zum eigentlichen Zweck stehen. Eine Richtlinie aus Brüssel, die in vielen Punkten noch weiter geht, wird der Wettbewerbsfähigkeit und dem angestrebten Befreiungsschlag im Bürokratieabbau einen Bärendienst erweisen. Deshalb sollte das nationale LkSG ausgesetzt und die europäische CSDDD entschlackt werden.
Weitere Pflichten und Bürokratie in Sachen Nachhaltigkeit kommt auf Tausende mittelständischer Unternehmen ab dem Jahr 2025 zu, weil sie dann nach der europäischen Direktive CSRD verpflichtet werden, einen Nachhaltigkeitsbericht zu erstellen, testieren zu lassen und zu veröffentlichen. Die jetzigen LkSG-Berichtspflichten können auch deshalb ausgesetzt werden, weil die Unternehmen im Rahmen ihres Nachhaltigkeitsberichts ohnehin ihre Wertschöpfungskette beleuchten müssen.
Die Bundesregierung versucht laut Verband mittlerweile mit dem vierten Bürokratieentlastungsgesetz Regelungen zu vereinfachen und abzubauen und gleichzeitig kommen weitere Regelungen aus Brüssel hinzu. Einzig die FDP sehe das scheinbar im Ampelbündnis kritisch. "Erstaunlich ist das schon", so Gilka weiter. Allein die zivilrechtliche Haftung, die im nationalen Lieferkettengesetz nach erheblichen Widerständen keinen Eingang gefunden habe, werde nun über den Umweg einer europäischen Richtlinie deutsche Unternehmen treffen.
Eine Harmonisierung der Regelungen scheine in diesem Kontext mehr als angebracht. Zudem ist nach der europäischen Richtlinie die komplette Lieferkette nach Verstößen gegen das Verbot von Kinderarbeit und Umweltschutz zu untersuchen, so die BVMB.
Keine Abgrenzungsprobleme
Die Haftungsregeln wurden demnach im Kompromissvorschlag zwar abgeschwächt, jedoch ist es immer noch möglich, das Unternehmen außerhalb ihres Einflussbereiches haftbar gemacht werden können. "Das ist inakzeptabel", meint der BVMB-Hauptgeschäftsführer. Unternehmerinnen und Unternehmer müssen klar erkennen können, wenn Sie gegen ihre Sorgfaltspflichten verstoßen und auch in der Lage sein, durch korrektes Verhalten sicherzugehen, dass Sie keinerlei unbeschränkten Haftung ausgesetzt sind.
Es bleibe abzuwarten, in welcher Form am Ende das nationale Lieferkettengesetz durch die Richtlinie geändert werden müsse, damit es zu keinen Abgrenzungsproblemen komme.
Aus diesem Grund fordert die BVMB bei Inkrafttreten der europäischen Lieferketten-Richtlinie – nach jetzigem Plan frühestens 2027 für Unternehmen mit 5000 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von mehr als 1,5 Milliarden Euro – und der Transformation in deutsches Recht mindestens eine praxisgerechte Umsetzung, die keine Überregulierung zum Ergebnis habe.
Bis dahin solle das nationale LkSG ausgesetzt werden. Gerade die Mittelständler würden zwar erst im Jahr 2029 aufgrund der Mitarbeitergrenze von 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter direkt betroffen sein, jedoch gebe es viele Unternehmen, die sich bereits jetzt mit diesem Themenkomplex befassen werden müssten, wenn sie Zulieferern von LkSG-berichtspflichtigen Unternehmen seien.