Kommentar

Katastrophe

von: Kai-Werner Fajga

Vor etwas mehr als einer Woche stürzte in Dresden am frühen Morgen ein etwa 100 Meter langer Teil der Carolabrücke, die vom Straßen- und Schienenverkehr genutzt wird, in die Elbe. Die Reaktionen auf die "Beinahe-Katastrophe" waren entsprechend – es überwog ein Aufatmen, das nicht mehr passiert ist und die Sorge, dass der restliche Teil des Bauwerks ebenfalls einstürzen könne. Die Verbände der Bauindustrie mahnten erneut höhere Investitionen in der Verkehrsinfrastruktur an. Der Vorfall zeige eindrücklich, "wie hochsensibel unsere Verkehrsinfrastruktur ist und welchen wichtigen Part unsere Brücken übernehmen", sagte HDB-Hauptgeschäftsführer Tim-Oliver Müller.

Der Einsturz zeige, dass die Brücke ein "trauriges Symbol der deutschen Infrastruktur ist und uns den dringenden Handlungsbedarf vor Augen führt", monierte ZDB-Präsident Wolfgang Schubert-Raab. Mit einem Blick in die Zukunft angesichts eines aktuellen Stillstands im Auftragseingang von Brückenbauern konstatierte BVMB-Hauptgeschäftsführer Michael Gilka, dass man sich auf eine "Katastrophe mit Ansage" zubewege. Es brauche eben dringend mehr staatliche Initiativen und Investitionen, um das Brückennetz in Deutschland nachhaltig zu sichern. Es mag eine der deutschen Tugenden sein, in Problemsituationen möglichst schnell Lösungen zu suchen und umzusetzen, um wieder zum Status Quo zurückkehren zu können.

Ferner darf den Verbänden hoch angerechnet werden, dass sie in einer Katastrophensituation einen klaren Kopf behalten und keine Ängste schüren oder gar Panik verbreiten. Dennoch, und in aller Deutlichkeit: Deutschland ist keineswegs an einer Katastrophe vorbeigeschlittert, das Land steckt mittendrin. Es ist nicht weniger als ein Wunder, dass die Brücke frühmorgens auf einer Länge von 100 Metern einstürzte, als weder Straßenbahn noch Fußgänger das Bauwerk überquerten. 2018 stürzte in Genua, Italien die Morandi-Brücke auf einer Länge von 200 Metern ein und riss 43 Menschen in den Tod. Mancher Experte prangerte damals zu Recht "italienische Verhältnisse" des jahrelangen Unterlassens in der Instandhaltung von Infrastrukturbauwerken an.

Dasselbe gilt seit dem 11. September 2024 in Deutschland. Es reicht jetzt nicht mehr aus, wenn die Bundesregierung darauf verweist, dass die Verkehrsinfrastruktur in Deutschland über Jahrzehnte von der Vorgängerregierung vernachlässigt wurde und finanzielle Mittel für Autobahn, Schiene und Co. begrenzt seien. Ab dem 11. September wird die Politik sich daran messen lassen müssen, was sie getan hat, um weitere Katastrophen zu vermeiden.

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Autor

Kai-Werner Fajga

Chefredakteur Allgemeine Bauzeitung

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