Stahlbetonleichtbaukonstruktion über einer Tiefgaragenabfahrt

Eingesetzte Baustoffe minimiert

Nördlingen (ABZ). – Das eingereichte Projekt "Dach über Tiefgaragenabfahrt Nördlingen" ist Teil des Bauprojekts "Wohnen am ehemaligen BayWa-Gelände" der Stadt Nördlingen und der gemeinnützigen Baugenossenschaft Nördlingen.

Die Wohnungsgesellschaft der Stadt Nördlingen mbH und die Stadt Nördlingen beabsichtigen den Neubau einer Wohnanlage an der Maria-Penn-Straße in Nördlingen mit 52 Wohneinheiten in drei 4-geschossigen Gebäuden mit einer Tiefgarage.

Die Gebäude werden in Hybridbauweise erstellt, das heißt, die tragende Konstruktion in Stahlbetonbauweise und die Gebäudehülle in vorgefertigter Holztafelbauweise. Die Häuser unterteilen sich in die Abschnitte A, B, und C und sind als 4–5 Spänner um ein zentrales Treppenhaus mit Aufzug gruppiert. Den Wohnungen vorgelagert sind Balkone, die an der Hauptkonstruktion der Decken verankert sind und als Stahlkonstruktion auf Stützen vor der Gebäudehülle stehen. Die Gebäude mit einer hochwärmegedämmten, wärmebrückenfreien Hülle und einer effizienten BHKW-Technik sollen KfW 40 Standard erreichen. Die Erschließung erfolgt unterirdisch über die Tiefgarage und Keller, oberirdisch fußläufig von der Maria-Penn-Straße aus. Gegenstand der Einreichung ist ein 168 m²großes Dach als Stahlbetonleichtbaukonstruktion über einer Tiefgaragenabfahrt in Nördlingen, das im Rahmen eines privaten Forschungsprojekts der Technischen Universität Graz, der Baumit GmbH und der Eigner Bauunternehmung GmbH gemeinsam mit Märker Transportbeton umgesetzt wurde.

Ziel des kooperativ erarbeiteten und umgesetzten Projekts ist die Minimierung der eingesetzten Baustoffe und der damit einhergehenden, signifikanten Reduktion von Emissionen im Rohbau.

In der ursprünglichen Planung war eine planparallele Stahlbetonflachdecke mit einer üblichen Deckenstärke von 25 cm geplant. Die Entwässerung der Dachfläche sollte mit Gefälledämmung umgesetzt werden. Die konventionelle Bauweise dieses untergeordneten Bauteils ist hinsichtlich der Kosten und Bauzeiten optimiert, diese Herangehensweise birgt aber ein enormes Potenzial für Optimierung im Bereich Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit in sich.

An dieser Stelle setzte das Projektteam an und entwickelte für das einachsig gespannte Dach mit Auskragung ein gewichtsoptimiertes Design, unter Zuhilfenahme von 3D-Betondrucktechnologie.

Für die Stahlbetonleichtbaukonstruktion wurden an der TU Graz Schalkörper entwickelt, welche aus länglichen, in Höhe und Breite variierenden, Halbschalen bestehen und als verlorene (man kann auch sagen integrierte) Schalung im Bauteil verbleiben. Durch das additive Verfahren kann der Werkstoff Beton sparsam und präzise eingesetzt werden, was eine schalungsfreie Fertigung dünnwandiger Betonelemente ermöglicht. Die Ausformulierung der Aussparungen im Grundriss folgte den auftretenden Schnittkräften im Dachtragwerk. Demnach weiten sich die entstehenden Unterzüge hin zu den Auflagern auf, um die auftretenden Querkräfte in die lastabtragenden Wände einzuleiten. In Feldmitte, sowie in den Auskragungen wurden die Querschnitte so schlank wie möglich ausgeführt. Die eingebaute Bewehrung wurde konventionell verlegt, aufgrund des Designs des Daches konnte jedoch auf einen großen Teil der zuvor kalkulierten Bewehrung verzichtet werden.

Durch die Reduktion des Eigengewichts des Daches um rund 40 % konnte auch die Bewehrungsmenge um rund 30 % reduziert werden. Dieser Effekt wird durch das im tragenden Querschnitt ausgebildete Gefälle begünstigt, da im hochbelasteten Bereich über der tragenden Wand im Bereich der Auskragung eine höhere statische Nutzhöhe vorhanden ist und so die Bewehrung zusätzlich reduziert werden konnte.

Nach Vorgaben der CAD-Planung konnten, stationär bei der Eigner Bauunternehmung GmbH, insgesamt 168 Betonsegmente gedruckt und zu 48 Aussparungskörpern mit einer Länge von 2,1 m bis 6,4 m vor Ort auf der Baustelle zusammengefügt werden. Die Positionierung auf der Deckenschalung erfolgte problemlos mittels Totalstation anhand der definierten Achsen. Um das Verlegen der Bewehrung in den verlaufenden Querschnitten zu erleichtern, wurden segmentweise parametrisch geplante, offene Mattenkörbe als Schubbewehrung verwendet. So konnte auf ein Vorbinden von Körben verzichtet, der Bauablauf beschleunigt und das Risiko für eine mögliche Beschädigung der gedruckten Aussparungskörper minimiert werden. Letztlich wurde das Dach mit Ortbeton vergossen.

Dabei wurde ein Beton verwendet, der durch seine Bindemittelzusammensetzung einen geringeren Klinkeranteil aufweist und somit deutlich niedrigere Emissionswerte. In dem Projekt wurde diese Betonleichtbauweise unter realen Bedingungen erprobt und durch den Einsatz einer speziellen Betonzusammensetzung, der Einsparung der Bewehrungsmenge und unter Anwendung neuer Technologie wurde der CO2 Abdruck im Vergleich zur ursprünglich geplanten Ausführung um 35 % [CO2eq] reduziert.

Durch das Zusammenwirken von Forschung und Entwicklung mit zukunftsorientierten Unternehmen und Bauherren wurde das Design des Daches über der Tiefgaragenabfahrt tragwerksoptimiert, ressourcenschonend und bewusst gestaltet – ein erster Schritt in Richtung materialsparender, neuer Bauweisen für Stahlbetonleichtbaudecken.

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