Auf Polyureabasis

Flüssigkunststoff schützt gegen Schwefelsäure

Abdichtungstechnik
Bilder aus dem Jahr 2007: Biogene Schwefelsäure-Reaktion hatte das Betongefüge des Sandfangs der TWE so stark geschädigt, dass die Standsicherheit der Decke akut gefährdet war. Fotos: Matthias Witzel/Ingenieurbüro Matthias Witzel

Emmerich (ABZ). – Ein neuartiger Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyureabasis schützt die durch biogene Schwefelsäure-Korrosion geschädigten Wände des Sandfangs einer Kläranlage dauerhaft gegen aggressive Medien. Sandfang, Fettfang, Vorklär-, Belebungs- oder Nachklärbecken – gleichgültig welche Funktion die einzelnen Stationen der Abwasserreinigung erfüllen, in der Regel werden die jeweiligen Bauwerke aus Stahlbeton erstellt. Biogene Schwefelsäure-Korrosion (bSK) ist dabei ein speziell in diesem Bereich häufig anzutreffendes Schadensbild. Ursache sind die im Abwasser vorhandenen Sulfidverbindungen, die durch Mikroorganismen abgebaut werden. Dabei entstehen gasförmige Schwefelverbindungen, die sich mit dem Kondensat der Bauteilwände zu schwefeliger Säure (H2SO3) und Schwefelsäure (H2SO4) verbinden und auf den Betonoberflächen ablagern. Vor allem die Schwefelsäure greift dabei die Ober-flächen an und zerstört so das Beton-gefüge. Biogene Schwefelsäure-Korrosion kann die Betone auf diese Weise innerhalb weniger Jahre vollständig zerstören.

Dieser Mechanismus verursachte auch massive Schäden im Sandfang der mechanisch-biologischen Kläranlage der Technischen Werke Emmerich (TWE), ein Gemeinschaftsunternehmen der Stadt Emmerich am Rhein und der Gelsenwasser AG. Täglich kommen hier zwischen 15.000 und 16.000 m³ Abwasser zur Reinigung an.

Biogene Schwefelsäure-Reaktion hatte die Bausubstanz des Sandfangs der Anlage so stark geschädigt, dass die Standsicherheit der Decke akut gefährdet war. Bereits 2007 wurde daher das Bauteil umfassend instandgesetzt. Durch die Ergänzung der Bewehrung und die Reprofilierung mit einem hoch sulfatbeständigen Spritzbeton wurde die Konstruktion wieder tragfähig. Abschließende wurde die Deckenuntersicht mit einem Copolymer beschichtet. Dies sollte die Dauerhaftigkeit der Maßnahme gewährleisten und die Konstruktion langfristig vor weiteren Schäden schützen. Auf den Wänden blieb eine Epoxidharzbeschichtung erhalten, die im Rahmen einer früheren Maßnahme aufgebracht wurde.

Bei einer Überprüfung der damals durchgeführten Maßnahme zeigte sich, dass zwar die Beschichtung der Deckenuntersicht und der Vouten weitestgehend intakt ist, sich jedoch an den Vertikalen starke Blasen gebildet haben. Teilweise löste sich hier die Copolymer-Applikation ab. Auch die Beschichtung der Kanten und Durchführungen war beschädigt. "In der Epoxidharzbeschichtung der übrigen Flächen hat sich eine Vielzahl kleiner Blasen eingestellt", beschreibt Gutachter Matthias Witzel, Inhaber des Ingenieurbüros Witzel aus Castrop-Rauxel, die vorgefundene Situation. Die Beschichtung sei nicht mehr funktionsfähig.

Hierfür gebe es mehrere Ursachen. Zum einen gab es Defekte an den Lüftungsleitungen. Dadurch hatte sich hinter der Beschichtung ein Luftdruck aufgebaut, der zum Ablösen der Beschichtung führte. Außerdem seien die Ausrundungen der Kanten ungenügend. Dadurch sei die Schicht an den Kanten nicht dick genug. Und durch zuvor nicht erkannte Verarbeitungsfehler sei es zu Hinterläufigkeiten an den Enden der Beschichtung gekommen.

Bei der Reinigung des Abwassers von Feststoffen wie Sand, Steinen oder Glassplittern hätten zudem mechanische Einwirkungen Schäden verursacht. Witzel empfahl, die Beschichtung zeitnah zu erneuern, um größeren Schäden, die dann ebenfalls die Standsicherheit betreffen können, vorzubeugen. "Alles in allem jedoch waren die Schäden bei weitem nicht so gravierend wie 2007", unterstreicht Karl-Wilhelm Krebbing, Technischer Leiter der TWE. "Wir haben uns entschlossen, der Empfehlung des Gutachtens zu folgen."

"Unser Ziel bei der Planung der Instandsetzung war eine dauerhafte Lösung, um nicht wieder nach einem relativ kurzen Zeitraum tätig werden zu müssen", betont Karl-Wilhelm Krebbing. Entsprechend wurde ein Oberflächenschutz gesucht, der chemisch und mechanisch sehr beständig ist und das Trägermaterial sicher vor bSK schützt. Er sollte zudem Risse in der Konstruktion fugendicht überdecken und auch bei großer Dehnung reißfest sein. Die Wahl des selbständigen Planers fiel schließlich auf ein Beschichtungssystem auf Polyureabasis.

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Abdichtungstechnik
Reprofilierung mit einem sehr sulfatbeständigen Mörtel.

Das von der VA-Coating GmbH aus Oberhausen angebotene Polyureasystem VA-C S30 (DIBT Zulassungsnr. Z-59.17-463) steht für eine neue Generation besonders hochwertiger Sprühbeschichtungen. Diese wurden speziell für die schnelle Wiederinbetriebnahme der Baukörper unmittelbar nach der Beschichtung entwickelt. Sie werden überall dort eingesetzt, wo besonders hohe Anforderungen an den Gebäudeschutz gelten. Dabei handelt es sich um einen Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff auf Polyureabasis, der aus den Komponenten VA-C S30A (Additive) und VA-C S30B (Isocyanate) besteht. Er ist frei von Lösemitteln und VOC.

Nach Angaben des Anbieters ist das Produkt osmosesicher, flüssigkeitsdicht und hydrolysefest sowie weitestgehend beständig gegen aggressive Medien. Somit ist der Kunststoff unter anderem besonders geeignet, um in unterirdischen Leitungen, Behältern, Pipelines und Reservoirs eingesetzt zu werden. Das Material ist zudem rissüberbrückend und hoch abriebfest sowie als brandhemmend B2 klassifiziert. Das Produkt kann auf Mauerwerk, Beton, Stahl oder Kunststoff eingesetzt werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Neubau oder Sanierung handelt. Es wird im Heißspritzverfahren aufgetragen, was eine hohe Flächenleistung gewährleistet. Auch komplizierte Geometrien können damit einfach ausgeführt werden. Der Auftrag härtet innerhalb von sechs bis sieben Sekunden aus. Somit kann der Baukörper nach der Beschichtung schnell wieder in Betrieb genommen werden.

Die Verarbeitung erfolgt in Kombination mit einer zum System gehörenden wasserdampfsperrenden Grundierung für feuchte Untergründe (VA-C P15), die auf feuchten Untergründen und als Schutz vor Bildung von Osmoseblasen bei rückseitiger Feuchtigkeitseinwirkung auf horizontalen, vertikalen oder "Über-Kopf"-Flächen gleichermaßen verarbeitet werden kann. Die Grundierung ist in ausgehärtetem Zustand beständig gegen Wasser, See- und Abwasser sowie gegen zahlreiche Laugen, verdünnte Säuren, Salzlösungen, Mineralöle, Schmier- und Treibstoffe, aber auch gegen viele Lösemittel und bildet somit die geeignete Basis für die nachfolgende Beschichtung.

Da laut Gutachten die Wände des 20 m langen Sandfangs vollständig mit dem Flüssigkunststoff beschichtet werden sollten, wurde zunächst eine tragfähige Betonoberfläche durch den Hauptauftragnehmer I+D Sanierungstechnik GmbH aus Bocholt hergestellt und die Altbeschichtung durch Feststoffstrahlen abgetragen. Unebenheiten glichen die Verarbeiter anschließend mit einem hoch-sulfatbeständigen Instandsetzungsmörtel aus, der im Nassspritzverfahren mit einer Dicke zwischen 1 cm und 1,5 cm aufgetragen wurde. Eine oberhalb des Profilbetons eingeschnittene Verkrallnut soll Hinterläufigkeiten verhindern. Ausgerundete Kanten sowie die Ausbildung von Hohlkehlen gewährleiten einen fließenden Übergang der Beschichtung.

Nach der Vorbereitung des Untergrundes trugen die Mitarbeiter der I+D Sanierungstechnik aus Bocholt die zum System gehörende Grundierung VA-C P15 laut Herstellerangaben in zwei Lagen auf den Innenflächen des Sandfangs auf. Die Grundierung verschließt die Poren. Nachdem sie ausgehärtet war, beschichteten die Handwerker die Oberflächen mit dem Zwei-Komponenten-Flüssigkunststoff VA-C S30 im Heißspritzverfahren. Sie arbeiteten mit einer Materialtemperatur von 70 °C bis 85 °C bei 150 bis 180 bar. Durch eine speziell entwickelte Verfahrenstechnik war der Auftrag gleichmäßig und nahtlos.

Da der Kunststoff innerhalb von sechs bis sieben Sekunden ausgehärtet ist, erfordert die Verarbeitung große Erfahrung. Warmgespritzte Beschichtungen sollten daher nur erfahrenen Firmen verarbeitet werden, rät Matthias Witzel.

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