JCB stellt neuen Wasserstoffmotor vor
Der Weg zur Null-Emission
von: Kai-Werner FajgaRocester/Großbritannien – "JCB ist es wichtig, die aktuellen Entwicklungsschritte mit der Presse zu teilen", sagte Tim Burnhope, Chief Innovation and Growth Officer bei JCB, beim Vor-Ort-Termin im Hauptsitz des Herstellers in Rocester zu den angereisten Journalisten. Mit dem Slogan "Durch Innovation in die Zukunft" war das Event angekündigt und nicht weniger als eine "Wasserstoff-Weltneuheit" angekündigt worden. Gleich um die Ecke vom Hauptsitz ist das Motorenwerk JCB Power Sytems angesiedelt, in dem der neue Motor bereits für die serielle Produktion vorbereitet und auf Herz und Nieren getestet wird. Offiziell ist der Motor zwar noch nicht erhältlich aber bei diversen Kunden werde das Modell bereits in der Praxis getestet – bis Jahresende wolle man noch Daten sammeln.
Was der Burnhope Chief Innovation and Growth Officer an diesem Vormittag deutlich macht: JCB räumt dem Wasserstoff-Verbrennungsmotor-Prinzip als Konzept den höchsten Stellenwert ein. Und das zeigt sich letztlich auch an einer Zahl recht deutlich: Insgesamt 100 Millionen Pfund investiert JCB in das Projekt zur Herstellung supereffizienter Wasserstoffmotoren – bei dem nun ein wichtiger Produktionsmeilenstein erreicht worden sei.
Ein Blick in die jüngere Geschichte zeigt, wie konsequent die Briten Forschung und Entwicklung neuer Antriebssysteme vorantreiben: Das Engagement von JCB zur Verringerung von Emissionen reicht bereits 25 Jahre zurück. Die neuesten Dieselmotoren, die den europäischen Vorschriften der Stufe V entsprechen, haben seit 1999 bereits eine Verringerung der NOx-Emissionen um 97 Prozent und der Partikelemissionen um 98 Prozent bewirkt. Darüber hinaus verbrauchen die JCB-Maschinen von heute im Durchschnitt 50 Prozent weniger Kraftstoff als die Maschinen, die vor mehr als zehn Jahren hergestellt wurden, was neben einer erheblichen Verringerung der Kohlenstoffemissionen auch signifikante Einsparungen für den Kunden bewirkt.
JCB war auch bei der Entwicklung von Elektrotechnologien einer der First Mover in der Branche, um die Nachfrage der Kunden nach kohlenstofffreien Produkten zu erfüllen. Batterieelektrische Antriebe eignen sich besonders für kleinere Maschinen, die weniger Betriebsstunden leisten und in der Regel weniger Kraftstoff verbrauchen.
Weitere Artikel zum Thema
Größere Maschinen mit einem höheren Energiebedarf würden jedoch den Einsatz von wesentlich größeren Batterien erfordern. Deren Aufladung dauert wesentlich länger, sodass sie sich weniger für Maschinen eignen, die täglich in mehreren Schichten im Einsatz sind und die erforderliche Zeit zum Aufladen pausieren können.
Aus diesem Grund hat sich JCB in der Entwicklung von Elektromaschinen auf seine Kompaktbaureihe konzentriert, zu der auch der Teleskoplader 525-60E und der Minibagger 19C-1E gehören – der weltweit erste elektrische Minibagger.
Bei der Analyse künftiger emissionsarmer Kraftstoffe hat das Unternehmen nach eigenen Angaben nichts ausgeschlossen. Auf der Suche nach einem mobilen Kraftstoff, der zur Maschine transportiert werden kann, um eine maximale Betriebszeit und eine schnelle Betankung zu gewährleisten, wurden HVO, Biogas, E-Fuels, Ammoniak und Wasserstoff unter die Lupe genommen.
"Die meisten dieser alternativen Kraftstoffe erfordern die Herstellung von Wasserstoff. Daher ist es absolut sinnvoll ist, direkt auf Wasserstoff zu setzen, einen sauberen, kohlenstofffreien Kraftstoff, der aus erneuerbarer Energie hergestellt werden kann", sagt Lord Anthony Bamford, JCB-Chairman, und führt aus: "Wasserstoff bietet gleichzeitig eine potenzielle Lösung für das Problem, vor das der Einsatz von Batterien in größeren Maschinen uns gestellt hat, denn im Gegensatz zu den Ladezeiten und die damit verbundenen langen Standzeiten oder der Notwendigkeit eines kabelgebundenen Betriebs, ermöglicht der Einsatz von Wasserstoffverbrennungsmotoren eine schnelle Betankung." Eine mobile Kraftstofflösung, bei der der Kraftstoff zur Maschine gebracht werden könne, ermögliche einen effizienten Betrieb für Kunden.
Im Rahmen seiner Wasserstoffentwicklung untersuchte der Hersteller auch den Einsatz von Wasserstoff in Brennstoffzellen und stellte im Juli 2020 den ersten wasserstoffbetriebenen Bagger der Bauindustrie vor – einen 20-Tonnen-Bagger 220X. Nach umfangreichen Tests sind die Briten jedoch zum Schluss gekommen, dass Brennstoffzellen aktuell zu teuer, zu kompliziert und nicht robust genug für den Einsatz in Bau- und Landmaschinen sind. Dem entsprechend sei das JCB-Ingenieurteam aufgefordert worden, anders zu denken und die bereits zur Verfügung stehende Technologie zu nutzen, aber auf kohlenstofffreie Weise. Das war laut JCB die Geburtsstunde des aktuellen Wasserstoffmotors. Insgesamt 100 Ingenieure arbeiteten seither an dem Projekt. Nun lief das 50. Modell des JCB-Wasserstoff-Verbrennungsmotors im Rahmen des Entwicklungsprozesses vom Band. JCB-Chairman Lord Anthony Bamford leitet das Projekt zur Entwicklung der kohlenstofffreien Lösung selbst.
"Das JCB-Ingenieurteam hat bei der Entwicklung eines Wasserstoffmotors fantastische Arbeit geleistet. Sie sind zu den Anfängen und Basisprinzipien zurückgekehrt, um den Verbrennungsprozess für den Einsatz von Wasserstoff völlig neu zu gestalten", erklärt Lord Anthony Bamford und ergänzt: "Damit haben sie zwei wichtige Dinge erreicht – sie haben JCB einen Platz in der Geschichte als erstes Baumaschinenunternehmen gesichert, das einen voll funktionsfähigen, mit Wasserstoff betriebenen Verbrennungsmotor entwickelt hat, und sie haben uns auf den Weg zur Produktion von 50 Wasserstoffverbrennungsmotoren gebracht."
Die einzigartigen Verbrennungseigenschaften von Wasserstoff ermöglichen es laut JCB dem Wasserstoffmotor, die gleiche Leistung, das gleiche Drehmoment und den gleichen Wirkungsgrad wie die JCB-Maschinen mit konventionellem Antrieb zu erbringen, allerdings vollkommen kohlenstofffrei. Wasserstoffverbrennungsmotoren böten auch den Vorteil, das durch die Nutzung der Dieselmotortechnologie sowie -komponenten, die sich bereits in Bau- und Landmaschinen bewährt hätten, keine seltenen Erden für die Produktion benötigt werden würden. "Es handelt sich um eine kosteneffiziente, robuste und zuverlässige Technologie, die nicht nur in der Bau- und Landwirtschaftsbranche, sondern in verschiedensten anderen Industrien auf der ganzen Welt eine große Rolle spielt", befindet Lord Bamford.
Wie sich die anwesenden Pressevertreter vor Ort auf einem Testgelände überzeugen konnten, werden die Wasserstoffmotoren in Prototypen von Baggerladern und Teleskopladern bereits eingesetzt und eingehenden Praxistest unterzogen. JCB stellte allerdings nicht nur einsatzreife Fahrzeuge vor, sondern auch ein Konzept für die komplette Logistikkette zur Belieferung von Kunden mit Wasserstoff. Prinzipiell wird dabei Wasserstoff vom jeweiligen Produzenten in einen Hochdruck-Tank verfüllt, der in einem handelsüblichen 40-Fuß-Container Platz findet und so zu verschiedenen Verteilerstationen per Lkw transportiert werden kann. Dort werde der Wasserstoff in Transportfahrzeuge bei gleichzeitiger Druckminderung verfüllt, die dann zur jeweiligen Baustelle fahren und dort Maschinen versorgen können.
Zuletzt hatte JCB dafür seine eigens entwickelte und gebaute mobile Betankungsanlage vorgestellt, mit der der Wasserstoff zu den Maschinen gebracht werden kann. Das Tankmodul fasst demnach genug Wasserstoff, um 16 Wasserstoff-Baggerlader zu betanken, es kann entweder auf der Rückseite eines modifizierten JCB-Fastrac-Traktors oder auf einem Anhänger transportiert werden. Die Wasserstoff-Baggerlader selbst können innerhalb von sieben Minuten betankt werden, was in etwa der gleichen Zeit einer Betankung von Dieselfahrzeugen entspreche, die Füllmenge soll dabei für eine Tagesschicht der Baumaschine ausreichen.
Wie sich in Rocester und den anderen Standorten von JCB zeigte, meint es der britische Hersteller mit dem selbstgewählten Ziel der "Road to Zero" Ernst und unternimmt alle notwendigen Schritte, um dieses auch zu erreichen. Mehr noch: Die serielle Produktion von Wasserstoffmotoren für Baumaschinen steht nicht nur in Großbritannien kurz vor dem Start, auch in einem Schwesterwerk in Indien wird laut JCB aktuell daran gearbeitet, ähnliche Produktionskapazitäten zu schaffen, wie in Großbritannien.