Neue Wege im Straßenbau

Baustelle auf der A 8 mit speziellem Systemmodul gesteuert

Wolff & Müller Straßenbautechnik
Einbau des offenporigen Asphalts (OPA) auf der Sami Schicht mit Beschicker. Fotos: Wolf & Müller

PFORZHEIM (ABZ). - Wolff & Müller setzt auf neue Methoden für den Straßenbau. Bisher hat man es als Gegeben hingenommen, dass der Baufortschritt durch Unterbrechungen immer wieder verzögert wird. Die vermeintlichen Ursachen sind allgemein bekannt: Einmal steht nicht ausreichend oder verlässliche Transportkapazität zur Verfügung oder es gibt Schwierigkeiten mit der Mischgutversorgung durch die Asphaltmischanlagen. Ein anderes Mal gibt es baustellenbedingte Störungen. Die Folgen sind Standzeiten der Lkw, Wartezeiten auf der Baustelle und eine nicht bedarfsgerechte Belieferung und somit oft auch Qualitätsmängel durch diskontinuierlichen und inhomogenen Materialeinbau. Die echten Ursachen hierfür liegen aber häufig in der mangelnden Planung und Steuerung des Bauablaufs.Die Idee diese Probleme durch Just-in-Time und durch eine Echtzeitsteuerung des Asphalteinbaus zu lösen, entstand bei einem Bauunternehmen in Süddeutschland vor fast zehn Jahren. Selbst optimistische Bauleiter schüttelten damals ungläubig den Kopf und hielten die Idee einer Mischgutbelieferung nach dem Just-in-Time-Prinzip für unmöglich. Als sich zeigte, dass das unmöglich geglaubte auf einer Autobahnbaustelle tatsächlich gelingen würde, formte sich die Idee eines anderen, eines besseren Straßenbauprozesses: Die Vision den Baufortschritt in Echtzeit zu steuern.Man begann Methoden der schnelleren und effizienteren Produktion, wie sie im Automobilbau und vielen anderen Branchen seit Jahren zum Standard gehören zu übertragen und an die Herausforderungen des Straßenbaus anzupassen. Der erste Schritt auf diesem Entwicklungspfad bildeten Papierpläne, die unter dem Begriff "Taktkarte" bekannt wurden.Einige Jahre später sollte genau die Vision einer Echtzeit-Steuerung der Bauprozesse auf einer Autobahnbaustelle Realität werden. Aber nicht irgendeine Autobahn. Sondern genau die Autobahn, auf der unweit entfernt die Prozessoptimierung im Straßenbau ihren Ursprung nahm. Auf der A 8 zwischen Stuttgart und Pforzheim.Auf der Baustelle A 8 bei Pforzheim sollten mit zwei Offset Beschickern, bis zu vier Fertigern und mit elf Walzen etwa 20.000 t Asphalt eingebaut werden – davon mehr als 5000 t offenporiger Asphalt (OPA). Der Zeitplan war straff. Die Asphaltproduktion in den Mischanlagen musste an der Kapazitätsgrenze maximal ausgenutzt werden, um den Einbau in spätestens 12 Tagen abzuschließen. Aufgrund der Entfernung zur Baustelle erfolgte die Belieferung teilweise durch Thermomulden, um die Temperatur des OPA sicherzustellen.Am Mittwoch den 10.09.14 kurz vor 7.00 Uhr ging es los. Der erste Lkw traf pünktlich auf der Baustelle ein. Nichts Besonderes. Nur schien Danny Gräffe, Einbaumeister bei Wolff & Müller, genau gewusst zu haben, dass die Mischgutproduktion angelaufen ist und in wie viel Minuten der Lkw in die Baustelle einfahren würde. Damit das gelingen konnte, wurden die Mischanlagen und Lkw-Fahrer durch Telematik in die Echtzeitsteuerung eingebunden. Über die GPS-Ortung der Fahrer konnte die Lieferkette von der Baustelle aus überblickt werden.Der erste Lkw setzte zum Beschicker zurück. Gräffe wies wie gewohnt den Fahrer ein, nahm den Lieferschein entgegen, doch bevor dieser abgeheftet wurde, wurde die Fuhre noch im System verbucht – ein Arbeitsschritt, der per Tablet-PC erfolgt und nur einen Augenblick dauert. Das System in dem die Daten eingegeben werden, lautet auf den Namen BauProzessOptimierung für den Asphaltstraßenbau– kurz BPO Asphalt und stammt vom Pforzheimer Ingenieurbüro Volz Consulting. Durch dieses System wird der Einbaumeister bei wichtigen Entscheidungen unterstützt, sodass er den Einbau besser, schneller und einfacher koordinieren kann.Wann wird der nächste Lkw eintreffen? Wie viel Tonnage befindet sich im Zulauf? Wie steht es um die Materialverbrauchskontrolle? Welche Restmenge muss bestellt werden? Hierzu liefert das System alle Informationen auf einen Blick. "BPO Asphalt berechnet automatisch den Materialverbrauch und die zu liefernde Restmenge. Das ist eine große Arbeitserleichterung, gerade wenn es etwas stressiger wird." so Gräffe, der das System während der gesamten Baumaßnahme einsetzte.Die Vorteile liegen aber nicht nur beim Handling mit den Lieferscheinen. BPO Asphalt unterstützt bei der Arbeitsvorbereitung, der Bauausführung und der Dokumentation. Während der Planung konnte die Baumaßnahme vor Ort erfasst und geplant werden. Zeitintensives hin- und herfahren zwischen Baustelle und Baubüro konnte entfallen. Durch das Konzept der Mobilen Planung erfolgt die Ablage der Planungsdaten auf einem zentralen Server auf den ortsunabhängig zugegriffen werden kann. Die Idee hierzu wurde vor über einem Jahr von Herrn Schwarzer, zuständig für die Asphaltplanung bei Wolff & Müller, angeregt. Alle Informationen sind direkt verfügbar und durch das intelligente Änderungsmanagement wird der Aufwand bei Planänderungen deutlich reduziert. Folgeänderungen gibt es nicht mehr und alle Planungsunterlagen werden systemseitig erzeugt. Auch der Mischgutabruf wird automatisch erstellt und kann von unterwegs versendet werden.

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Der Einbau erfolgte mit bis zu vier Fertigern heiß-an-heiß, zwei Beschickern und elf Walzen.

Während der Bauausführung wird es künftig wichtiger werden, den Baufortschritt zu dokumentieren und aktiv zu steuern. Die zentrale Rolle hierin spielt der Einbaumeister, dessen Arbeitsgebiet erweitert und aufgewertet werden wird. Als zentrale Person auf der Baustelle ist er der eigentliche Bau(stellen)leiter vor Ort. BPO Asphalt hilft ihm die Einbauparameter zu überwachen, den Bauablauf zu steuern und die Lieferwerke und die Logistik zu koordinieren. Der Einbaumeister kann die aus der Taktplanung stammenden Vorgabewerte wann welcher Fahrer laden bzw. entladen soll, verändern falls es zu Verzögerungen kommen sollte oder falls der Baufortschritt schneller abläuft als geplant. Durch "Industrie 4.0" und das "Internet der Dinge" ist es möglich anhand der aktuellen Liefersituation eine Geschwindigkeitsempfehlung zu berechnen, um Einbaustops zu vermeiden. Doch das ist nur der Anfang. Künftig werden weitere Komponenten und Systeme in BPO Asphalt integriert werden.Neben der reinen Steuerung des Einbaus bietet BPO Asphalt die Möglichkeit den gesamten Baufortschritt zu dokumentieren. Durch die Integration der Computer-Linguistik in das Berichtswesen kann auf Knopfdruck eine textuell formulierte Gesamtauswertung des Projekts erzeugt werden. Dabei werden Zwischenfälle und Planabweichungen automatisch berücksichtigt und intelligent interpretiert.Doch auf der A 8 lief der Einbau keineswegs immer störungsfrei. Bereits am ersten Tag fiel man aufgrund eines Logistikproblems hinter die Soll-Vorgaben zurück. Am zweiten Tag musste der Einbau aufgrund von Regen mehrmals unterbrochen werden und der dritte Tag fiel buchstäblich ganz ins "Wasser" und musste abgesagt werden. Alles in Allem nicht gerade die beste Ausgangslage, um ein Projekt straff abzuwickeln und das ehrgeizige Fertigstellungsziel zu halten.Der Vorteil von BPO Asphalt liegt dennoch klar auf der Hand: "Um einen Prozess optimieren zu können muss er messbar gemacht werden. Erst durch Vorgabewerte werden Abweichungen erkannt und die richtigen Entscheidungen können getroffen werden. Erst dadurch entsteht die Möglichkeit Bauprozesse grundlegend zu verbessern", so Stefan Volz, Geschäftsführer des Ingenieurbüros Volz Consulting.Ohne Vorgaben können Abweichungen nicht erkannt und Steuerungsmöglichkeiten nicht genutzt werden. Nutzt man die neuen Möglichkeiten sinnvoll, lässt sich der Bauablauf steuern und die Auswirkungen auf das Gesamtprojekt werden ersichtlich. Dadurch lassen sich die Bauzeit verkürzen die Qualität und die Ebenheit verbessern, die Ressourcen effizienter einsetzen und Standzeiten der Lkw und der Baustelle werden reduziert.Und das gelang auch auf der A 8, trotz der Zwischenfällen mit dem Wetter und der Logistik. Die Baumaßnahme konnte trotz der Störgrößen in nur neun Einbautagen fertiggestellt werden. Und das lag hauptsächlich am Engagement der Einbaukolonnen den Beteiligten und der Projektleitung, die durch BPO Asphalt immer informiert blieben und nie den Überblick verloren.Doch zur Prozessoptimierung gehört weit mehr als einen Tablet-PC auf der Baustelle einzusetzen. Es geht um eine neue Arbeitsmethodik, für die im ersten Schritt ein ausreichend tiefes Verständnis für den Bauprozesss für

  • ? die allgemein gültigen Zusammenhänge im Bauablauf und
  • ? dessen erforderlichen Vorbereitungsschritte
  • ? die Rolle der Beteiligten und deren Einbindung

vorhanden sein muss und die Bereitschaft, dieses Wissen auch anwenden zu wollen. Schließlich geht es um den Einbauprozess und der findet vor Ort auf der Baustelle statt und hängt von den Mischwerken und dem Transport zur Baustelle ab. Erst wenn die neuen Methoden in der Arbeitsvorbereitung eingesetzt werden und die Anwender verstehen weshalb Vorgabewerte und Taktpläne für Mischanlagen, Fahrer und Baustelle notwendig werden, ist im nächsten Schritt die Anwendung von Software sinnvoll.Das sieht auch Lars-Peter Schwarzer von Wolff & Müller so: "Nachdem wir die Methoden im BauProzessTraining kennen gelernt hatten haben wir uns entschlossen unsere operativen Prozesse mit Volz Consulting neu zu gestalten und vor Ort auf der Baustelle umzusetzen."Was im Asphalteinbau funktioniert kann auch in anderen Bereichen klappen. So wurde speziell für Wolff & Müller ein weiteres Systemmodul für den Erdbau implementiert. Durch BPO Erdbau gelingt es die Erdbewegung und Massenströme zu dokumentieren. Das ist besonders bei hohen Anforderungen an die Dokumentation wichtig, wenn es sich bspw. um belasteten Untergrund handelt. Durch BPO Erdbau wird die Projektleitung entlastet und bleibt immer über den aktuellen Baufortschritt informiert und kann entsprechend reagieren. Um den Transformationsprozess im Unternehmen fortzuführen wurden die Einbaumeister und Bauleiter im Rahmen des BauProzessTrainings in den neuen Methoden geschult. In der kommenden Saison beginnt der deutschlandweite Roll-Out von BPO Asphalt in der gesamten Tief- und Straßenbausparte bei Wolff & Müller.

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