Neues Kraftwerk Illerursprung

Die grüne Stromerzeugung im Blick

Rohr- und Leitungsbau
In relativ geringer Tiefenlage wurden die GFK-Rohre in offener Bauweise auf der gesamten Strecke von 2,35 km verlegt. Foto: Bastian Morell/Energieversorgung Oberstdorf

Oberstdorf (ABZ). – In der südlichsten Gemeinde Deutschlands, in Oberstdorf, laufen die Arbeiten für den Neubau des Kraftwerks Illerursprung als Ersatz für das bisherige Kraftwerk Trettach II derzeit noch auf Hochtouren. Doch schon Anfang 2020 hofft die eigens dafür gegründete Betreibergesellschaft Kraftwerk Illerursprung GmbH & Co. KG, mit der Anlage in Betrieb gehen zu können. Bis dahin ist zumindest an zwei der insgesamt drei Baustellen aber noch einiges zu tun. Hierzu zählt der Umbau der bestehenden Ausleitungsstelle gemäß der aktuellen gesetzlichen Bestimmungen des Hochwasserschutzes innerhalb des Ortskerns sowie des Kraftwerkneubaus außerhalb des Ortes rund 200 m unterhalb des Illerursprungs. Darüber hinaus wurde eine 2,35 km lange Druckrohrleitung verlegt, die Ausleitungsstelle und Kraftwerk miteinander verbindet. Mit der Planung der Maßnahmen beauftragte die Energieversorgung Oberstdorf GmbH (EVO) als Auftraggeber das Ingenieurbüro Dr. Koch Bauplanung GmbH aus Kempten. Die Umsetzung der einzelnen Tief- und Hochbaumaßnahmen übernahm die lokal ansässige Geiger Unternehmensgruppe; die Geiger Hoch- und Tiefbau GmbH und Co. KG den Bau der Druckrohrleitung, das Tochterunternehmen Oberall Bau GmbH & Co. KG den Umbau der Ausleitungsstelle und die Geiger GmbH, Mittelberg, den Neubau des Kraftwerks. Für den Bau der Druckrohrleitung kamen GFK-Rohre Flowtite Grey von Amiblu zum Einsatz, die von der Kleinlein Bauzentrum GmbH aus Waltenhofen geliefert wurden. Diese hoch-schlag- und abriebbeständigen Rohre mit einem Durchmesser von 1,8 m ließen sich nicht zuletzt auch wegen ihres geringen Gewichtes gut verlegen.Als eine sehr komplexe Planung, bei der nahezu sämtliche Ingenieurleistungen zu Hoch-, Tief-, Spezialtief-, Wasser-, Straßen-, Kanal-, Brücken-, Holz- und Stahlwasserbau sowie Maschinentechnik gefordert waren, beschreibt Christian Braun vom Ingenieurbüro Dr. Koch, die Gesamtmaßnahme. Dabei habe man die Planung hinsichtlich der Tiefbauarbeiten so gestaltet, dass man zum einen möglichst flexibel in der Rohrverlegung gewesen sei und zum anderen ohne viel Stahlbetonbauarbeiten auskommen konnte. Zusätzlich sollte die Druckrohrleitung aus Kostengründen mit einer möglichst geringen Überdeckung in offener Bauweise verlegt werden. "Daher ergaben sich verschiedene Hoch- und Tiefpunkte im gesamten Leitungsverlauf", so Mathias Geiger, Oberbauleiter von Geiger Hoch- und Tiefbau. An den Hochpunkten wurden dann entsprechende Entlüftungsmöglichkeiten der Druckrohrleitung eingeplant. An den Tiefpunkten besteht die Möglichkeit das Wasser aus der Leitung zu pumpen, um diese inspizieren zu können. Hierfür wurden an den Stellen Schächte aus Stahlbeton errichtet, durch die die GFK-Rohrleitung geführt wird. Eine weitere Herausforderung sei der Bau der Trettachquerung gewesen, so Geiger weiter. Hier verläuft die Leitung als Düker mit einer Überdeckung von 1,5 m unter der Trettach durch. Auch diese Querung wurde in offener Bauweise hergestellt. Damit die Bauspezialisten von Geiger die GFK-Rohre DN 1800 in dem trockengelegten Flussbett ohne Schwierigkeiten verlegen konnten, wurde das Wasser der Trettach über einen aus Kanalverbauelementen und Spundwänden hergestellten Bypass umgeleitet. Damit die Trettach die Leitung mit der Zeit nicht freispülen kann und zur Auftriebssicherung, wurde ein Geotextil in Kombination mit einer aus Faserbeton hergestellten Erosionssicherungsplatte verlegt."Im Vorfeld der Leitungsverlegung wurde geprüft, ob für die 2,35 Kilometer lange Druckrohrleitung auch Stahlbetonrohre in Frage kommen könnten", erläutert Geiger die Wahl der GFK-Rohre Flowtite Grey von Amiblu. Aber diese wären zum einen wegen der Rauigkeit ihrer Innenoberfläche und den dadurch bedingten schlechteren Abflusswerten – GFK-Rohre verfügen über eine glattere Innenoberfläche und haben daher die besseren hydraulischen Eigenschaften – und ihres Gewichtes nicht in Frage gekommen. "Die GFK-Rohre ließen sich problemlos auf der Baustelle handhaben und verlegen", so Geiger weiter. Und dass, obwohl sie mit einer Nennweite DN 1800 und einer Einzelrohlänge von 6,6 m für die Verlegung innerhalb des Ortes und 12 m für die Trasse im freien Gelände nicht gerade klein gewesen seien. Rohre in dieser Dimension zu verlegen, sei für sein Unternehmen auch nicht alltäglich gewesen. "Unsere im kontinuierlichen Wickelverfahren hergestellten Flowtite-Grey-Rohre sind hoch-schlagbeständig", erläutert Jochen Auer, Gebietsverkaufsleiter und Produktmanager für Wasserkraft von Amiblu, die Vorteile der GFK-Rohre, die hier in der Druckklasse PN 6 verwendet wurden. "So kann bei der Grabenverfüllung mehr Naturmaterial oder gröberer Schotter mit Partikelgrößen bis 100 Millimeter verwendet werden", so Auer weiter. Und er ergänzt: "Auch hinsichtlich ihrer Abriebbeständigkeit sind die Rohre über die Jahre so weiterentwickelt worden, dass sie über eine zu erwartende Lebensdauer von mehr als 150 Jahren verfügen, auch wenn das Wasser abrasives Material wie Kies oder Sand enthält." Getestet wird die Abrasionsbeständigkeit gemäß der Darmstädter Methode. Zudem seien die Rohre auch hochdruckspültauglich. "Ein rundum stabiles Rohr, mit geringem Gewicht, was für anspruchsvolle Projekte wie hier beim Bau der Druckrohrleitung bestens geeignet ist", so Auer."Wir erreichen aufgrund der Fallhöhe von rund 38 Metern auf der gesamten Strecke innerhalb der Leitung einen Druck von 3,8 bar", so Bastian Morell, Assistent der technischen Leitung bei der Energieversorgung Oberstdorf. "So können wir mit dem neuen Kraftwerk rund viermal mehr Strom erzeugen als mit dem bisherigen alten Kraftwerk Trettach II", so Morell weiter. Der Strom komme der Gemeinde Oberstdorf zugute und so könne man den Anteil an erneuerbaren Energien im Portfolio erhöhen. Das ganze Projekt sei schon sehr ambitioniert gewesen, so Morell. Der Umbau der Ausleitungsstelle zu einem modernen Schlauchwehr, die Verlegung der Druckrohrleitung und der Neubau des Kraftwerkhauses seien in weiten Teilen seit April 2019 parallel erfolgt. Bei der Druckrohrleitung habe Geiger Hoch- und Tiefbau an beiden Enden angefangen die GFK-Rohre zu verlegen. "Insgesamt waren mehr als 230 Lkw-Anlieferungen erforderlich, um alle GFK-Rohre inklusive der Sonderformteile auf die Baustelle zu transportieren", unterstreicht Tobias Viebranz, Objektverkauf Tiefbau der Kleinlein Bauzentrum GmbH die Dimension des Projektes. Dies sei unter anderem nur aufgrund eines gut durchgeplanten Logistikkonzeptes möglich gewesen, so Viebranz weiter. Ende Juli 2019 erfolgte dann der Zusammenschluss der Leitung. Somit war die Rohrverlegung inklusive des Dükerbaus nach nur gut 15 Wochen abgeschlossen. "Das alles so reibungslos ablief, lag vor allem an der guten Zusammenarbeit der Beteiligten untereinander", betont Morell. Und weiter: "Man merkt, dass das engagierte Projekt alle hoch motiviert hat." Dieser Einschätzung stimmen sowohl Geiger als auch Braun zu. Und Braun ergänzt: "Wir haben gemeinsam mit Amiblu in den vergangenen Jahren schon einige Wasserkraftanlagen realisiert, auch bei dieser Maßnahme war die Zusammenarbeit sehr gut."

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