Neuregelung der VOB/A

Zahlreiche Regelungen auf mehrere Paragraphen verteilt

Kalkulation
Prof. Dr. Ulrich Rommelfanger. Foto: Privat

Seit dem 18. April gilt in Deutschland das neue nationale Vergaberecht. Die Auswirkungen auf Wirtschaft und Unternehmen sind groß. Die ABZ veröffentlicht jetzt den dritten Beitrag einer 14-tägig erscheinenden siebenteiligen Reihe von Fachartikeln. Der nachfolgende Beitrag ist von Rechtsanwalt Prof. Dr. Ulrich Rommelfanger, Fachanwaltfür Verwaltungs- und Medizinrecht, aus Wiesbaden. Der nächste Beitrag erscheint am 20. Mai zum Thema "Planungswettbewerbe nach neuem Recht".

Wiesbaden. – I. Allgemeine Hinweise:

  • Wie bereits an anderer Stelle (ABZ vom 08.04.2016) ausgeführt, übernimmt die VgV auch die Funktion der Regelung des bisherigen VOF-Bereichs und der VOL/A, Abschnitt 2. Sie berücksichtigt die Vergabe von Bauaufträgen demgegenüber im Wesentlichen nicht. Insoweit verbleibt es bei der VOB/A und der VOB/B.
  • Der Deutsche Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA), der sich in seinem Hauptausschuss Allgemeines mit der VOB Teil A und Teil B befasst, hat seinerseits die VOB an die neue Struktur des Vergaberechts angepasst und im Teil A eine Reihe von Umstrukturierungen vorgenommen.
  • Schwerpunkt der Überarbeitung bildet dort der Abschnitt 2 der VOB/A. Denn dort waren die Vorgaben des europäischen Rechts umzusetzen (deshalb auch "VOB/A-EU"), soweit die jeweilige Regelung nicht auf gesetzlicher Ebene im 4. Teil des GWB oder in den Vorschriften der VgV erfolgte.

Exkurs: Der Abschnitt 1 der VOB/A wurde bis auf wenige Ausnahmen inhaltlich unverändert in die VOB/A Ausgabe 2016 übernommen. Es wurden lediglich notwendige Angleichungen vorgenommen, wie u. a. die Signatur von elektronischen Angeboten sowie Regelungen zum Ablauf der Angebotsfrist. Der Abschnitt 1 harrt noch einer weiteren Bearbeitung durch den DVA (sieh unten).

Im Ergebnis hat der Abschnitt 2 der VOB/A im Umfang deutlich zugenommen.

II. Änderungen in formeller Sicht:

  • In formeller Hinsicht wurden zahlreiche Regelungen der VOB/A a. F., die bisher in einem Paragraphen enthalten waren, zur besseren Lesbarkeit auf mehrere Paragraphen verteilt. Insbesondere die bisherigen Zwischenüberschriften sind jetzt als eigenständige Normen ausgestaltet. Dies erfolgte unter Beibehaltung des ursprünglichen "Paragraphengerüstes" mit a, b, etc. Paragraphen.
  • Ob sich damit die Lesefreundlichkeit der VOB/A tatsächlich verbessert, unterliegt gewissen Zweifeln. Die Stimmen, die bereits seit einiger Zeit die Integration der VOB/A, wie es auch für die VOL/A (2. Abschnitt) und VOF jetzt erfolgte, in ein einheitliches Vergaberecht fordern (z. B. der Deutsche Städte- und Gemeindebund) wollen nicht verstummen.
  • Um einen möglichst weitgehenden "Gleichlauf" mit den in der VgV geregelten Vorschriften zur Beschaffung von Lieferungen und Leistungen mit dem Abschnitt 2 der VOB/A zu gewährleisten, soll dem Vernehmen nach eine umfassende Überprüfung des Abschnitts 1 der VOB/A nach dem Abschluss der Vergabereform, also jetzt, beginnen.
  • Die Anwendung des ersten Abschnitts der VOB/A ab dem 18.04.2016 war vorerst – unabhängig davon – wegen des bestehenden Sachzusammenhangs mit den übrigen Abschnitten der VOB/A sinnvoll. Letztlich bleibt aber die Überarbeitung durch die DVA ebenso abzuwarten, wie die Art und Weise des "Aktivwerdens" (Schröder, Holger, Vergabekompass 02/2016) der Bundesländer über den Bundesrat. Auch nach Stolz (VergabeR 2016, Heft 1) bleibt "spannend . . . . noch die Umsetzung der Vorschriften zur Bauvergabe".
  • Hinsichtlich des bereits erfolgten Inkrafttretens der neuen Vorschriften war diese abhängig zum einen – durch die VgV-Verweisung, s. § 2 S. 2 VgV-Entwurf, wo die Vergabe von Bauleistungen verbindlich festgeschrieben ist, zum 18.04.2016 und zum anderen – für den Abschnitt 3 der VOB/A – aufgrund einer Verweisung in der ge-änderten Verordnung Verteidigung und Sicherheit für die Vergabe vonsicherheits- und verteidigungsrele-vanten Bauaufträgen – ebenfalls am 18.04.2016 (§ 2 S. 2 Änderungsverordnung für Verteidigung und Sicherheit).

III. Änderungen in inhaltlicher Hinsicht:

In materiell inhaltlicher Hinsicht stehen zwar noch Erläuterungen in dem zu erwartenden Einführungserlass im Gemeinsamen Ministerialblatt des zuständigen Bundesministeriums zu erwarten. Unabhängig davon lassen sich bereits heute nachfolgende Veränderungen festhalten:

  • VOB/A Abschnitt 1 (Basis Paragraphen).
  • Der Abschnitt 1 der VOB/A enthält nur wenige inhaltliche Änderungen.
  • Die Bindefrist tritt an Stelle der Zuschlagsfrist. Angebote müssen bis zum Ablauf der Angebotsfrist ergangen sein, § 10 Abs. 4 S. 1 VOB/A (Wegfall des Zeitpunkts der Öffnung der Angebote im Eröffnungstermin, § 10 Abs. 2 VOB/A a. F.).
  • Gemäß § 22 VOB/A n. F. erfordern Vertragsänderungen nach den Bestimmungen der VOB/B grundsätzlich kein neues Vergabeverfahren, ausgenommen Vertragsänderungen nach § 1 Abs. 4 S. 2 VOB/B. Statt des Begriffs "Bewerber" heißt es zukünftig vielfach "Unternehmer".
  • Abschnitt 2 (VOB/A-EU).
  • Nachfolgend sei eine Auswahl von Neuregelungen vorgestellt:
  • Als neues Vergabeverfahren wird die Investitionspartnerschaft in den Katalog der Verfahren aufgenommen, § 3 a EU Abs. 5 VOB/A.
  • Gem. § 3 a EU Abs. 1 VOB/A stehen dem öffentlichen Auftraggeber das offene und das nicht offene Verfahren gleichberechtigt zur Verfügung.
  • § 4a EU VOB/A regelt für den Baubereich die Rahmenvereinbarungen.
  • § 5 EU VOB/A normiert die Vergabe nach Losen; es verbleibt beim Grundsatz der Aufteilung der Baumaßnahme in getrennt zu vergebende Lose.
  • Die Eignungsprüfung wird unter Hinweis auf die Einheitliche Europäische Eigenerklärung (EEE) unter Einbeziehung des Informationssystems e-Certis¹ neu in §§ 6 a- 6 c bzw. § 6 b EU VOB/A. Der öffentliche Auftraggeber ist verpflichtet eine vorgelegte EEE zu akzeptieren.
  • § 6 f EU- VOB/A legt fest, unter welchen Voraussetzungen ein Unternehmen sich nach Verfehlungen erfolgreich "selbst reinigen" kann.
  • In §§ 11a, b EU VOB/A ist die elektronische Vergabe und ihre Anforderungen normiert.
  • Die Anforderungen an die Aufhebung der Ausschreibung (§ 17 EU VOB/A) bleiben unverändert; hinsichtlich der Anforderungen an die Vergabedokumentation verweist § 20 EU- VOB/A auf § 8 VgV.
  • Bisherige Regelungen zur Baukonzession entfallen. Für Bau- und Dienstleistungskonzessionen gilt zukünftig ausschließlich die Konzessionsvergabeverordnung (KonzVgV).
  • Entsprechend § 132 GWB ("Auftragsänderungen während der Vertragslaufzeit") finden sich in § 22 EU-VOB Bestimmungen über wesentliche Änderungen eines öffentlichen Auftrags, die ggfs. ein neues Vergabeverfahren bedingen, § 22 EU-VOB/A. Es gilt der Grundsatz, dass wesentliche Auftragsänderungen ein neues Vergabeverfahren erfordern.
  • Abschnitt 3 VOB/A-VS.
  • Auch die VOB/A-VS übernimmt ihrerseits nur einige wenige inhaltliche Änderungen des Abschnitts 2, z. B. den geänderten Eröffnungstermin; im Übrigen beschränkt sich dieser Abschnitt für die Vergabe von Bauaufträgen auf die Übernahme von Änderungen des GwB und der Änderungen der Vergabeverordnung Verteidigung und Sicherheit (vom 12.07.2012-BGBl. I ??S. 1509).
  • Neuregelungen der VOB/B

(siehe dazu auch den nächsten Bei-trag "Spezielle Fragen zur VOB/A und VOB/B").

Die Neuregelungen basieren neben der Umsetzung der vergaberechtlichen Vorschriften der Richtlinie 2014/24/EU auf dem Willen des DVA, auch die vertragsrechtlichen Vorschriften der Art. 71 (Vergabe von Unteraufträgen) und Art. 73 (Kündigung von Aufträgen) der Richtlinie 2014/24/EU in die VOB/B aufzunehmen.

Soweit teilweise von eher geringfügigen bzw. redaktionellen Änderungen die Rede ist, ist dem allerdings zu widersprechen.

  • Den §§ 4 und 8 VOB/B werden:
  • Die Informationspflichten des Auftragnehmers zur Person des Subunternehmers verschärft, § 4 Abs. 8 Nr. 3.
  • Der Auftragnehmer ist verpflichtet, dem Auftraggeber den Namen, den gesetzlichen Vertreter und die Kontaktdaten seines Nachunternehmens und dessen Nachunternehmers bekannt zu geben.
  • Die Neufassung nimmt die Regelung des Artikels 71 Abs. 5 und der Unterabs. 1, 2, 3 und 4 b der Richtlinie 2014/24/EU auf.
  • Der Auftraggeber erhält damit die Möglichkeit, auch die Nachunternehmer seines Auftragsnehmers zeitnah auf Eignung zu prüfen.
  • In § 8 Abs. 4 werden die Gründe erweitert, auf die ein Auftraggeber die außerordentliche Kündigung eines Vertrages stützen kann, sofern dem ein Vergabeverfahren zugrunde liegt.
  • Die (Kündigung) durch den Auftraggeber kann auf eine wesentliche Änderung des Vertrags oder auf die Feststellung einer schweren Verletzung der Verträge über die EU und die Arbeitsweise der EU gestützt werden.
  • Darüber hinaus ist unter den Voraussetzungen des § 8 Abs. 5 VOB/B (neu eingefügt) dem Auftragnehmer in diesen Fällen auch die außerordentliche Kündigung des Nachunternehmers möglich.

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