Struktur-Veränderung

Wurst Stahlbau bereitet den digitalen Wandel vor

Bersenbrück (ABZ). – Dynamiken wie Demografie und Digitalisierung fordern Unternehmen heraus und konfrontieren sie zunehmend mit Druck zur Veränderung, doch digitale Transformation ist für viele Unternehmen vor allem ein Ding von Tools und Technologien. Prozesse, Organisation und Abläufe sollen so bleiben, wie sie sind – nur nicht bei Wurst Stahlbau. Die Bersenbrücker bauen ihr Unternehmen um und möchten so den Grundstein für die digitale Zukunft legen. Im Stammbetrieb an der Hase stehen die Zeichen auf Veränderung: 8 m – so lang ist die Tapete im "Change-Room" – bemalt mit Skizzen, unterteilt in viele Aufgaben und Zielvereinbarungen.

Führungsebene, Mitarbeiter, Finanzen, Vertrieb und immer wieder: Prozesse. Alle sind daran beteiligt: Die Geschäftsleitung, die Mitarbeiter, der Vertrieb und der "Change-Manager". Kein externer, sondern einer, der sich mit den Abläufen im Unternehmen auskennt. Dauer des Projekts: Zwei Jahre. 7900 Arbeitsstunden. Kostenpunkt: 285.000 Euro. Viel Geld und noch mehr Aufwand, um für die Herausforderungen der digitalen Transformation gewappnet zu sein. Denn der Wandbehang ist kein Fähnchen, das die Firma in den Wind hängt, sondern das Aushängeschild der Zukunft.

Begonnen hatte alles mit einem Programm zur Kostensenkung: Eine hausinterne Strategiegruppe hatte im Auftrag der Geschäftsleitung die Warenbeschaffung auf Einsparpotentiale untersucht. Berechnungen hatten ergeben, dass sich mit optimierten Prozessen Einsparungen in sechsstelliger Höhe erzielen lassen – pro Jahr. Mit einem Umsatz von über 50 Mio. Euro zählt die ehemalige Landschmiede zu den großen Stahlbau-Betrieben im Land. Der Umsatz hatte sich innerhalb von zehn Jahren fast verdoppelt – doch die Arbeitsabläufe waren die alten geblieben. "Die Strukturen haben mit dem schnell wachsenden Unternehmen nicht mehr Schritt halten können", sagt Christian Wurst, der das Unternehmen mit seinen Brüdern Michael und Thomas in zweiter Generation führt. "Von der Herstellerseite digitaler Software-Systeme werden endlos scheinende Einsatzmöglichkeiten und Erfolgspotenziale propagiert", sagt Christian Wurst. Nur, dass ineffiziente Prozesse durch den Einsatz neuer Technologien nicht automatisch effizienter werden. Diese Erkenntnis war der Startschuss für den strukturellen Umbau. Mit zweiwöchentlichen Workshops, Hausaufgaben und Einzelgesprächen nimmt der Change-Manager den Wandel ins Visier. Das macht 15 Std. Mehrbelastung pro Mitarbeiter und Monat. Change Management ist bei Wurst Stahlbau seitdem ein fundamentaler Teil der Unternehmensstrategie, um zukünftigen Anforderungen standhalten zu können. Schützenhilfe erhält der Familienbetrieb von der öffentlichen Hand. Der Transformationsprozess wird mit 100.000 Euro aus dem Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) und der Niedrigschwelligen Innovationsförderung von der Niedersachsenbank (NBank) finanziert. Bezuschusst werden die Entwicklung und die Umsetzung von Produkt- oder Prozessinnovationen.

Nicht viele Stahlbauunternehmen erwirtschaften nach Informationen von Creditreform zweistellige Millionenumsätze: Der Stahlbau ist eine sehr kleinteilige Branche – etwa 10 157 Unternehmen sind in der Branche Stahlbau und Leichtmetallbau gelistet und setzen im Schnitt 1 096 188 Euro um.

Die Innovations- und Strategieberatung Arthur D. Little hat den digitalen Reifegrad von mehr als 100 europäischen Unternehmen aus sieben Branchen eingehend betrachtet und systematisch bewertet. Das Ergebnis ist ernüchternd: nur 20 % der Unternehmen verstehen es, die Digitalisierung aktiv zu gestalten, während der Rest lediglich versucht, auf digitale Entwicklungen zu reagieren – ohne schlüssiges Gesamtkonzept. 60 % der Unternehmen versuchen sich an bestehende Trends anzupassen, ohne dabei eigene Visionen zu verfolgen. 18 % der Unternehmen waren sich der Herausforderungen der Digitalisierung zwar bewusst, eine eigene Strategie fehlte jedoch gänzlich. Die Mehrheit der untersuchten Unternehmen habe Schwierigkeiten, ihr Produktportfolio an die Möglichkeiten der digitalen Welt anzupassen. Deutschland zähle nicht zu den Vorreitern der Digitalisierung.

Friedmut und Hildegard Wurst machten sich 1966 in Bersenbrück mit einer Schlosserei und Schmiede für Landmaschinen selbstständig. Die drei Söhne der Firmengründer übernahmen die Unternehmensnachfolge. Aus der ehemaligen Landschmiede ist ein Stahlbauunternehmen mit Millionenumsatz geworden. Seit 1997 hat sich die Größe des Betriebs verdreifacht. 200 Mitarbeiter zählt die Firma heute und setzt rd. 50 Mio. Euro um. Waren die Auftraggeber gestern noch Bauern und Kleinunternehmen aus der Umgebung, sind es heute große, mittelständische Betriebe und internationale Großunternehmen. In der modernen Produktionshalle entstehen moderne Stahlkonstruktionen vom Flugzeughangar für Airbus bis zur die Tribüne für das Bremer Weserstadion. Die wohl größte Herausforderung bisher aber war die Stahlkonstruktion für die Antarktis-Forschungsstation Neumayer III, ein Hightechbau der Superlative.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Leitung (m/w/d) der Abteilung Tiefbau, Pullach im Isartal  ansehen
Projektleitung (m/w/d) , Heilbronn  ansehen
Seilbaggerfahrer (m/w/d), Jettingen-Scheppach  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen