Wärmeschutz, Wohngesundheit und Erdbebensicherheit

Drei Anforderungen mussten beim Neubau von Einfamilienhaus erfüllt werden

Xella Wohngesundheit Hausbau
Mit Ytong-Porenbeton für die Außenwände, Innenwänden aus Silka Kalksandstein und einem Ytong-Massivdach mit Multipor-Mineraldämmplatten nutzte der Planer für die Konstruktion alle Vorteile des Bauens in Weiß. Fotos: Xella
Xella Wohngesundheit Hausbau
Das Massivdach besteht aus Ytong Dachelementen, 200 mm dick, parallel zur Traufe verlegt.

HERRENBERG (ABZ). - Erdbebensicheres Bauen, zertifizierte Wohngesundheit und eine deutlich über dem EnEV-Referenzgebäude liegende Energieeffizienz: Drei Anforderungen, die auf den ersten Blick kaum etwas miteinander zu tun haben, beim Neubau eines Einfamilienhauses in Herrenberg südlich von Stuttgart jedoch alle gleichzeitig erfüllt werden mussten.

Mit Ytong-Porenbeton für die Außenwände, Innenwänden aus Silka-Kalksandstein und einem Ytong-Massivdach mit Multipor-Mineraldämmplatten nutzte der Planer für die Konstruktion alle Vorteile des Bauens in Weiß.

Ausgangspunkt aller Überlegungen war der Bauherrenwunsch, gesundheitliche Beeinträchtigungen und vor allem allergische Reaktionen durch eine sorgfältige Baustoffauswahl auszuschließen. Alle relevanten Materialien wurden vorab auf ihr Emissionsverhalten geprüft und sogar individuell getestet. Dafür stellte das Bauherrenehepaar verschiedene Baustoffproben, die beim Mauerwerk aus den Steinen samt des jeweils zugehörigen Mörtels bzw. Klebers bestanden, für einige Tage im eigenen Schlafzimmer auf, um allergene Potenziale im neuen Haus von vornherein ausschließen zu können.

Mit Blick auf die Ergebnisse dieser sehr persönlichen Beprobung schlug Wolfgang Heinzl vom beauftragten Planungsbüro Gaia Nuova construction & design, Göppingen, dann die Ausführung der Gebäudehülle aus Porenbeton und der Innenwände aus Kalksandstein vor. "Unser Büro plant sonst vorwiegend mit verschiedenen Holzbau-weisen. Unter den vom Bauherren vorgegebenen Bedingungen lief es hier aber auf einen Massivbau hinaus, den ich dann stofflich homogen und monolithisch ausführen wollte."

Dies ist beim Bauen in Weiß möglich, weil der wärmedämmende Porenbeton, der druckfeste Kalksandstein und die Multipor-Mineraldämmplatten zwar drei verschiedene Produktgruppen darstellen, die aber alle auf demselben stofflichen System beruhen, wie Markus Heße, Leiter Produktmanagement bei Xella, erklärt: "Gemeinsam sind den drei mineralischen Materialien die Ausgangsstoffe Sand, Kalk und Wasser sowie die energiesparende Härtung der Produkte im Autoklaven. Die Unterschiede ergeben sich vor allem aus der Rohdichte." Der stark verdichtete und darum schwere Kalksandstein bietet hohe Festigkeiten und einen ausgezeichneten Schallschutz. Porenbeton wird hingegen während der Herstellung aufgetrieben und sorgt durch seinen hohen Porenanteil für eine gute Wärmedämmung. Treibt man noch stärker auf, entstehen unbrennbare Multipor-Mineraldämmplatten.

Gerade die Unterschiede der Materialien konnten bei dem Herrenberger Einfamilienhaus gezielt für die Erfüllung der hohen Anforderungen an den Wärmeschutz und die Erdbebensicherheit eingesetzt werden. Einerseits sollte die Gebäudehülle den Kriterien des KfW-Effizienzhauses 55 entsprechen. Andererseits liegt der Bauplatz in der Erdbebenzone 2, sodass für eine erdbebensichere Planung nach DIN 4149 ausreichende Steinfestigkeiten für die aussteifenden Wände benötigt wurden.

Aus dem komplexen Anforderungsprofil ergab sich schließlich folgender konstruktiver Aufbau für die anderthalb Vollgeschosse:

Keller: Beton-Fertigteil-Elementwände, die einen "steifen Kasten" im Sinne der DIN 4149 bilden. Auf den Wänden und unter der Bodenplatte lückenlose Perimeterdämmung – für einen warmen Keller mit hohem Gebrauchswert.

Decken: Über dem Keller Massivdecke aus wärmedämmenden Ytong-Deckenelementen. Decke über EG und Kehlbalkendecke in Ortbetonbauweise für optimalen Schallschutz.

Außenwände: Ytong-Planblock PP 2-0,35 mit ? = 0,08 W/mK in 425 mm Dicke. Wärmedurchgangskoeffizient U = 0,18 W/m²K (inkl. Putz). Abweichend davon etwa 15 Prozent der Außenwandfläche Ytong Planblock PP 4-0,50 mit ? = 0,12 W/mK in 365 mm Dicke (siehe nächster Abschnitt zur Erdbebensicherheit).

Innenwände: Alle tragenden Innenwände im Keller-, Erd- und Dachgeschoss aus Silka XL Planelementen, 240 mm dick. Ergebnis: Standsicherheit bei Erdbeben und Schallschutz auf höchstem Komfort.

Dach: Massivdach aus Ytong Dachelement, 200 mm dick, parallel zur Traufe verlegt. Aufdachdämmung aus 240 mm Ytong-Multipor-Mineraldämmplatten, ? = 0,045 W/mK. Wärmedurchgangskoeffizient U = 0,15 W/m²K auf Passivhausniveau.

Wichtigstes allgemeines Konstruktionsziel für die Planung von Mauerwerksbauten in Erdbebengebieten ist die hohe aussteifende Wirkung der Schubwände. Sie sollen zur Vermeidung von Torsionslasten möglichst symmetrisch im Grundriss verteilt sein und müssen – gegenüber DIN 1053-1 bzw. DIN 1053-100 – verschärften Anforderungen an die Schlankheit, Wanddicke und Länge genügen. Damit wird sichergestellt, dass die aussteifenden Wände bei einem Erdbeben nicht infolge von Querbeschleunigung senkrecht zu ihrer Ebene versagen.

Für das Einfamilienhaus in Herrenberg wurde der Nachweis der Erdbebensicherheit über die Einhaltung von Konstruktionsregeln geführt, den DIN 4149 anstelle des rechnerischen Nachweises zulässt. Zu diesen in der Norm detailliert aufgeführten konstruktiven Regeln gehören unter anderem bestimmte Mindestwerte für die Schubwand-Querschnittsflächen.

Schubwände dürfen nach DIN 4149 auch in der Steinfestigkeitsklasse 2 geplant werden, wenn in jeder Richtung mindestens 50 Prozent der erforderlichen Schubwand-Querschnittsfläche aus Mauerwerk der Festigkeitsklasse 4 oder höher besteht. Es müssen also in erdbebensicheren Bauten nicht zwingend Betonscheiben vorgesehen werden, denn auch hochwärmedämmendes Mauerwerk, wie hier der Porenbeton PP 2 mit seiner geringen Wärmeleitfähigkeit von ? = 0,08 W/mK, ist anrechenbar.

"Um ausreichende Querschnittsflächen zu erreichen, ist das KS-Mauerwerk aller tragenden Innenwände 240 mm dick", erklärt Wolfgang Heinzl das statische Konzept. "Damit reduzieren wir den konstruktiven Aufwand, nur etwa 15 Prozent der Außenwandfläche müssen mit Porenbeton PP 4 ausgeführt werden, um die Anforderungen der DIN 4149 zu erfüllen".

Joachim Bauer, der das Projekt als Xella-Beratungsingenieur vor Ort betreut und am Wärmeschutz- und Erdbebenkonzept mitgewirkt hat, ergänzt: "Beim Bauen in Weiß kann jede einzelne Wand durch die Auswahl der verschiedenen Steinqualitäten innerhalb ein und desselben Baustoffsystems zielgenau optimiert werden. Sowohl im Hinblick auf den Wärme- und Schallschutz oder eben wie hier für die Erdbebensicherheit. Die eigentliche Besonderheit bei diesem Einfamilienhaus ist aber die Aussteifung ausschließlich mit Mauerwerk unter weitgehender Verwendung der hochwärmedämmenden Steinfestigkeitsklasse 2 in den Außenwänden." In einschaliger Bauweise, also ohne zusätzliche Dämmschichten sorgen die Außenwände zusammen mit dem mineralisch gedämmten Massivdach für eine hohe Energieeffizienz, bei der nur 70 Prozent des für das EnEV-Referenzgebäude zulässigen spezifischen Transmissionswärmeverlustes (HT') entstehen.

Alle Innenwand- und -deckenflächen erhalten einen Kalkputz, sodass die Bewohner komplett von mineralischen, wohngesundheitlich unbedenklichen Baustoffen umgeben sind und negative Beeinträchtigungen der Innenraumluft durch die Konstruktion ausgeschlossen sind.

Das Gebäude wurde anhand der vom Sentinel-Haus Institut aufgestellten Prinzipien geplant und ausgeführt. Nach der Fertigstellung ist die Überprüfung der gesundheitlichen Qualität geplant, womit der Bauherr dann neben seine eigenen Baustofftests eine zusätzliche Sicherheit für schadstofffreies Wohnen ohne allergenes Potenzial hat.

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