ABZ-Interview mit Bernd Holz, Vice President Division Road Equipment, Ammann Bauausrüstung AG, Schweiz

One-Stop-Shop für Straßenbauer

Die Ammann Gruppe hat jüngst die Übernahme der ABG, Herstellerin von Straßenfertigern und bisheriges Tochterunternehmen von Volvo CE, abgeschlossen. Bernd Holz, Vice President Division Road Equipment bei Ammann Bauausrüstung, sprach mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga über seinen erweiterten Aufgabenbereich und die Zukunftsperspektiven der neuen Ammann-Tochter.
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Der Fachmann zurück an ehemaliger Wirkungsstätte: Bernd Holz, Vice President Division Road Equipment bei Ammann Bauausrüstung, ist der neue Chef der jüngsten Ammann-Tochter – und war schon vor der Jahrtausendwende bei ABG aktiv. Foto: Ammann

ABZ: Herr Holz, die Ammann Gruppe hat jüngst die Übernahme der ABG, Herstellerin von Straßenfertigern und bisheriges Tochterunternehmen von Volvo CE, abgeschlossen. Was waren die Gründe für die Übernahme des Unternehmens?

Holz: Die Ammann-Gruppe ist ein familiengeführtes Unternehmen, das immer schon den Wunsch hatte, als Full Liner aufzutreten. Wir bieten unter anderem Asphalt-Mischanlagen zur Herstellung von Asphalt sowie Tandemwalzen zur Verdichtung von Asphalt an. Es fehlten aber Fertiger im Portfolio, um den Asphalt im Straßenbau einzubauen. Deshalb haben wir die letzten Jahre mit Dynapac zusammengearbeitet und hatten zuvor auch einen kleineren, italienischen Hersteller übernommen, waren aber in Summe damit nicht genügend erfolgreich und zufrieden. Mit der Übernahme der ABG verfügen wir nun über eine komplette, wettbewerbsfähige Produktpalette.

ABZ: Wie würden sie die aktuelle Marktsituation im Bereich der Straßenfertiger skizzieren?

Holz: Insgesamt ist für unsere Branche der Markt aktuell schwierig. Das Investitionsverhalten ist zurückhaltend. Was in Deutschland fehlt, sind Pakete der Regierung, die den Straßenbau etc. stimulieren. Das betrifft aber nicht nur uns, sondern auch unsere Marktbegleiter. Auch bei ihnen ist das Geschäft deutlich schwieriger geworden. Das internationale Geschäft läuft hingegen teilweise gut. Es gibt Märkte, die sind herausragend bis sehr gut, wie zum Beispiel Polen. Das hängt aber auch damit zusammen, dass in solchen Ländern in den letzten Jahren Förderpakete aufgesetzt wurden, die Wirkung zeigen. Dem gegenüber stehen Marktplätze wie China, wo das Geschäft um fast 50 Prozent eingebrochen ist. Dennoch würde ich die Aussichten nicht als negativ einschätzen. Speziell für die Fertiger rechnen wir mit einer Stabilisierung der Umsätze und einem ansteigenden Geschäft bereits im Herbst diesen Jahres. Das gilt auch für 2025. Für die Jahre 2026 bis 2028 werden Wachstumsraten von 3 bis 6 Prozent pro Jahr prognostiziert. Das wird uns auch helfen, auf dieser Welle mitzuschwimmen und mehr Volumen an Bord zu holen.

ABZ: Welche Ziele verfolgt Ammann mit der Übernahme in Deutschland, Europa und international?

Holz: Durch die Übernahme müssen wir in Indien und in China neue Produktionen schaffen, da Volvo CE dort nur für ein Jahr, das heißt bis 2025, für Ammann produziert. Parallel wird der Umzug dieser Produktionsstätten in die Ammann-Standorte, die wir sowohl in China, als auch in Indien haben, vorbereitet und durchgezogen. In Indien werden relativ einfache Maschinen hergestellt, mechanische und auch hydrostatische Radfertiger. Bestimmte Modelle von Kettenfertigern werden in Indien produziert und diese Produktpalette werden wir übernehmen, integrieren und ausbauen. Neben den Fertigern bauen wir in Indien auch Asphalt-Mischanlagen und Betonanlagen. Da sind einige Produkte dabei, die für den indischen Markt konzipiert sind, teilweise aber auch für die Exportmärkte in Richtung Afrika oder Südostasien. In Indien haben wir also schon eine ganz gute Produktpalette. Südostasien werden wir mit Fertigern aus Indien bedienen. In China verfügen wir über eine große Produktionsstätte, in der Asphaltanlagen hergestellt werden - auch dort werden wir die Fertigerproduktion integrieren. Wir sind schon dabei, das entsprechende Team an Bord zu holen. Die Produktion in China wird zukünftig auf mehrere Modelle ausgeweitet, wir denken beispielsweise darüber nach, auch Walzen dazuzunehmen. Der gesamte europäische Markt, und teilweise auch die USA und Lateinamerika, werden mit Produkten aus dem Werk in Hameln beliefert. Dieses Werk bietet ausreichend Kapazität, so dass wir hier 650 Fertiger pro Jahr bauen können. Und wir haben hier vor Ort noch einige Kapazitäten frei, also noch "Luft nach oben".

ABZ: Werden denn in allen Werken komplette Maschinen produziert, sowohl in Hameln als auch in Indien und China?

Holz: Nein, nein. In China produzieren wir eigentlich nur den Kettenfertiger, und zwar das Modell ABG6720/6820L. Lokal eingekauft werden dort etwa Stahlbaukomponenten wie Rahmen, Kübel und Wetterdächer. Das Werk Hameln schickt bestimmte Kits dorthin, die beispielsweise Motoren enthalten. In China wird dann alles verbaut. Die Herzstücke, wie die Schweizer sagen, also die Bohlen, Motoren, Steuerelektronik und ähnliches, kommen aus deutscher Produktion. Analog dazu verhält es sich in Indien, da bieten wir aber mehrere Modelle an. Also einen kleineren Kettenfertiger und zwei größere Modelle. Die unterscheiden sich zum Beispiel auch durch ihre einfacheren Steuerungssysteme deutlich von den in Deutschland produzierten Fertigern.

ABZ: Ammann hatte 2018 eine vollständige Baureihe von Straßenfertigern vorgestellt, die nicht mehr am Firmensitz im schweizerischen Langenthal entwickelt und produziert wurden, sondern gemeinsam mit Dynapac als Partner. Inwieweit wird diese Partnerschaft fortgesetzt?

Holz: Gar nicht, die Partnerschaft haben wir beendet – beziehungsweise Dynapac vom Abschluss der Übernahme informiert und den Vertrag fristgerecht gekündigt. Wir haben uns aber im Guten getrennt, das ist von der anderen Seite vollkommen akzeptiert worden. Es gibt also keine Überschneidung mehr im Portfolio.

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Seit Juni 2024 wird die Übernahme der ABG durch Ammann auch nach Außen sichtbar: Die neusten Straßenfertiger im Hamelner Werksgelände zieren schon das Firmenlogo des aktuellen Eigentümers. Foto: Kai-Werner Fajga

ABZ: Welche Straßenfertiger werden bei Ammann künftig weiterentwickelt und welche alternativen Antriebskonzepte werden verfolgt? Volvo CE hatte zuletzt den elektrisch angetriebenen Prototypen P4820electric von ABG auf der Intermat vorgestellt . . .

Holz: Wir werden weiter im Bereich Elektroantriebe investieren und den Kettenfertiger ABG4820electric zur Serienreife bringen, das ist bereits entschieden. Dann gibt es aber auch noch eine Produktlücke in unserem Portfolio, nämlich kleine Gehwegfertiger. Beide Mitbewerber aus deutscher Produktion haben da schon Produkte. Diese Lücke werden wir auf jeden Fall mittelfristig schließen.

ABZ: Was zeichnet die ABG-Produkte aus, was sehen Sie als Alleinstellungsmerkmale gegenüber dem Wettbewerb?

Holz: Zum einen die hohe Qualität der verarbeiteten Komponenten, und natürlich, dass die Maschinen vom Kraftstoffverbrauch her durchschnittlich einen Liter weniger pro Stunde verbrauchen als Mitbewerberprodukte. Darüber hinaus verfügen unsere Fertiger über ein Schnell-Kupplungssystem, das es erlaubt, schneller größere Arbeitsbreiten zu montieren. Das System wurde von uns patentiert und ist bei Mitbewerbern nicht zu haben. Zusätzlich können wir im Bereich Verdichtung eine sehr hohe Vorverdichtung gewährleisten, da wir seit Jahrzehnten ein Doppel-Stampfersystem anbieten. Also da, wo das Asphaltmaterial verarbeitet werden muss, wo die Vorverdichtung stattfinden muss, bieten wir sehr gute Lösungen an. Vor allem für den sich abzeichnenden Umschwung in unserer Industrie, speziell in Deutschland, in Richtung der Verwendung von Niedrigtemperaturasphalt. Weil wir mit dem Doppelstampfersystem eine höhere Vorverdichtung erzielen, und damit dem kleineren Zeitfenster des Einbaus entgegenwirken können, muss die Walze eben nicht mehr so viele Übergänge machen. Darüber hinaus möchte ich auch unsere innovativen Bedienelemente ins Feld führen, da sind wir, glaube ich, sehr gut aufgestellt. Bediener können sich schnell auf der Maschine zurechtfinden und brauchen keine langen Trainings. Und letztlich bieten wir für unsere Modelle alle Optionen, die von der Industrie oder von Bauunternehmen gefordert werden.

ABZ: Wo sehen Sie durch die Übernahme Synergiepotenziale zu den bereits bestehenden Produktbereichen von Ammann?

Holz: Dadurch, dass viele unserer Kunden seit Jahren Asphaltmischanlagen besitzen, können wir diesen nun auch einen hochwertigen Fertiger anbieten – und wir haben natürlich die neueste Generation von Tandemwalzen im Portfolio mit Drehschemel-gelenkten Walzen in der 9-Tonnen-, 9,5-Tonnen- oder 7,5-Tonnen-Klasse. Wir bieten auch höhere Gewichtsklassen mit 14 bis 16 Tonnen an. Also letztlich eine Produktpalette, die sehr gut zum Straßenfertiger passt. Wenn Straßenbauunternehmen einen One-Stop- Shop suchen, sind sie bei uns richtig.

ABZ: Ein Thema, das in der Bauindustrie schon die letzten Jahre vorherrscht, ist das Thema Emissionsminderung. Wie gehen Sie bei Ammann damit um?

Holz: Wir beschäftigen uns schon länger mit dem Thema Wasserstoff, aber noch nicht als Antrieb für den Fertiger oder für die Walze. Dafür aber als Ersatz der großen Brenner in der Mischanlage, die ja sonst mit Diesel, Öl oder Gas laufen. Dort gibt es jetzt auch eine Lösung mit einem Wasserstoff-Brenner, der nahezu emissionsfrei arbeitet. Ansonsten sind wir von Seiten der Antriebsaggregate leider auf die Hersteller von Motoren angewiesen, da wir keine eigenen Motoren entwickeln. Im Bereich Elektroantriebe sind wir schon gut vernetzt mit E-Motor-Herstellern bei den leichten und kompakten Maschinen. Da setzen wir auf Systeme wie von Honda, da dieser Hersteller auch ein sinnvolles Batterie-System anbietet. Der Ansatz, den Mitbewerber verfolgen, die auf eine mit anderen Herstellern austauschbare Akku-Plattform setzen, ist eigentlich ein guter Ansatz. Wir sind da allerdings nicht mit eingestiegen. Bei größeren Maschinen muss man Faktoren wie Größe, Gewicht, Kapazität, Ladezeiten und Ladezyklen betrachten. Und letztlich den Preis. Was kostet die ganze Maschine im Endeffekt? Heute sind E-Maschinen mehr als doppelt so teuer wie Verbrenner-Varianten. Und das ist aktuell immer noch das Handycap. Unternehmen sind wenig bereit, da zu investieren. Hier müssen in verschiedenen Ländern Impulse von der Regierung gesetzt und neue Vorschriften entworfen werden. Ansonsten werden wir es kaum schaffen, mehr Investitionen in die Märkte zu bekommen. Im Bereich der großen Fertiger werden wir – wie gesagt, das Konzept des Kettenfertigers ABG4820electric fortführen. Es ist aber auch durchaus denkbar, dass gerade kleinere Fertiger dann auch batterie-betrieben auf den Markt kommen.

ABZ: Sie haben jüngst mit Swecon Baumaschinen einen Händlervertrag unterzeichnet – Swecon ist Generalimporteur und Händler für Baumaschinen von Volvo CE in Deutschland. Welche Leistungen umfasst die Kooperation?

Holz: Also das war gar nicht so schwierig. Wir haben 35 Händler über ganz Deutschland verteilt. Die meisten beschäftigen sich damit, Rüttelplatten, Stampfer, kleine Walzen und Walzenzüge zu verkaufen. Also mehr die Erdbau-orientierten Maschinen. Swecon ist ein großer Volvo Baumaschinenhändler und dessen Verkäufer werden sich weiter um den Vertrieb der ABG-Fertiger kümmern. Swecon wird in Norddeutschland das Geschäft fortführen. Im Süden von Deutschland arbeiten wir mit Robert Aebi zusammen. Unsere bisherigen Händler im Norden und Süden werden weiter die Produktpalette leichte Verdichtung, Kompaktmaschinen und Walzenzüge fortführen. Von daher haben wir da eine klare Trennung ohne Überschneidungen.

ABZ: Die Allgemeine Baumaschinen Gesellschaft (ABG) blickt auf eine lange Historie zurück, und auch auf mehrere Übernahmen. Nach der Gründerfamilie, Ingersoll Rand und Volvo CE wird Ammann nun der vierte Eigentümer. Sie selbst waren vor der ABG-Übernahme durch Volvo CE bereits für IR-ABG tätig – insgesamt über 14 Jahre als Business Area Manager. Ist das nun wie eine Art Heimkehr für Sie?

Holz: Ich habe bei ABG als Assistent der Betriebsleitung angefangen. Danach leitete ich die Lagerlogistik, Materialflüsse und Versorgung. Irgendwann bin ich dann mal gefragt worden, was ich zukünftig machen will. Da habe ich gesagt, ich möchte gerne in den Vertrieb, weil ich denke, ich habe "Vertriebsgene". Dann bot sich die Chance, ab 1996 den weltweiten Ersatzteilverkauf zu übernehmen. Das habe ich dann mehrere Jahre gemacht und danach den Vertrieb in China übernommen, wo ich dann natürlich auch viel unterwegs war. Im Oktober 2006, also rund sechs Monate vor der Übernahme durch Volvo, habe ich die Firma verlassen. Das Schöne ist, man kommt zurück, die Firma gibt's noch aber natürlich ist vieles moderner geworden. Volvo hat viel Geld in die Hand genommen und wirklich eine tolle Produktion hier erschaffen. Es ist gut, dass ich mich nicht auch noch darum kümmern muss. Aktuell ist unsere Aufgabe, das richtige Setup der Vertriebskanäle und der Händlerstrukturen zu schaffen. Es gibt je nach Land Strukturen, die mehr oder weniger gut etabliert sind. Regionen, in denen sich der Vorgänger – auf Deutsch gesagt – gar nicht um das Produkt Fertiger gekümmert hat, gilt es jetzt, aufzubauen, die Verkäufer und Ammann-Händler richtig zu trainieren und zu führen. Das geht nicht über Nacht und wird einige Zeit in Anspruch nehmen aber wir sind der Meinung, dass wir fokussierte Händler haben, die in der Lage sind, auch das Nischenprodukt Fertiger erfolgreich zu verkaufen.

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