Harte Arbeit

Ring um Ring wächst der Stadtbahntunnel

von:

Peter Zschunke

Herrenknecht Tunnelbau
Durch eine Tunnelvortriebsmaschine (TVM) werden in Karlsruhe Tübbinge eingebaut, welche zusammengesetzt den Tunnelring bilden. In dem rund 2 km langen Tunnel sollen ab 2018 unter der Fußgängerzone Straßenbahnlinien verlaufen. Foto: dpa

KARLSRUHE. – "Peter, schalt mal die Vakuumpumpe ein!" Mit diesem Ruf beginnt 6 m unter dem Straßenpflaster der Karlsruher Innenstadt der Bau eines Tunnelrings. Ein Vakuum-Greifer packt sich den 9 t schweren Tübbing, wie die Betonteile für die Innenschale des Stadtbahntunnels genannt werden. Nun bringt ein sich drehender Kran das Segment in die richtige Position, bewegt sich vor und zurück, bis der Greifer den Tübbing passgenau mit dem benachbarten Teil zusammenfügt. Nach einer halben Stunde sind alle sechs Segmente an Ort und Stelle. Der Ring ist geschlossen, und der Karlsruher Stadtbahntunnel ist um 2 m in Richtung Westen vorangekommen. Bis Sommer soll er mit 1000 solchen Tunnelringen 2 km lang werden: Vom Durlacher Tor zum Mühlburger Tor verkehren die Straßenbahnen dann von Ende 2018 an unterirdisch, und die zentrale Kaiserstraße kann sich in eine Flaniermeile verwandeln.

An vielen Orten in Deutschland werden zzt. solche Tunnel für den Schienenverkehr gebaut oder geplant – etwa in Rastatt für die Bahnstrecke nach Basel, in Köln für die Nord-Süd-Stadtbahn oder in München für die S-Bahn. Das Projekt in Karlsruhe sei in seiner Art einmalig, sagt der Geschäftsführer der Karlsruher Schieneninfrastruktur-Gesellschaft (Kasig), Uwe Konrath. Den Tunnelbau im laufenden Betrieb der beleb-ten Kaiserstraße zu stemmen, sei "neben den technisch höchst anspruchsvollen Aufgaben eine absolute logistische Herausforderung".

Im Karlsruher Untergrund passt Schichtingenieur Björn Döppner auf, dass alle Abläufe auf der 80 m langen Tunnelvortriebsmaschine "Giulia" wie vorgesehen ineinandergreifen. Auf fünf Monitoren sieht er millimetergenau die Position der Maschine, Kamerabilder und alle Messwerte. Zehn Stunden dauert eine Schicht. "Es ist schön, wenn man nach dieser Zeit unter der Erde den Himmel wieder sieht", sagt der 34-jährige Essener. Sein Helm trägt den Schriftzug "Ruhrpott". Döppner sieht sich in einer alten Bergbautradition: "Mein Großvater hat als Steiger noch die Kohle aus dem Bergwerk geholt." Deshalb ist ihm auch die Heilige Barbara als Schutzpatronin der Bergleute wichtig – ihre Figur hängt grün leuchtend über dem Tunneleingang.

"Giulia" aber fördert keine Kohle, sondern Kies und Sand aus dem Karlsruher Untergrund. Ihr ganz vorn angebrachtes Schneidrad mit einem Ø von 9 m pausiert, während die Arbeiter den Ring bauen. Aber gleich danach setzt es sich wieder in Bewegung, mit bis zu 2,5 U/min. Dabei drückt sich die Maschine mit gewaltigen Hydraulikstempeln vom Rand des letzten Tunnelrings ab, schiebt sich langsam nach vorn.

Das Werk der 172 Schneidmesser ist überall im Tunnel zu hören: Mit lautem Geklingel rasseln die Kiesbrocken durch ein dickes Stahlrohr bis zum Tunneleingang. Das abgetragene Gemisch aus Kies, Sand und Wasser wird mit Tonmineralien (Bentonit) und Wasser verflüssigt und zum Eingang des Tunnels am Durlacher Tor transportiert. Dort werden Sand und Kies getrennt und auf Lastwagen geladen.

Inzwischen schleppt eine kreischend quietschende, quietschgelbe Lok eine neue Ladung mit Tübbingen heran. Sie fährt in das Heck von "Giulia" ein, wo die Ringsegmente entladen und für die nächste Montage in Position gebracht werden. Die meisten Tunnelbauer sind bei der österreichischen Spezialfirma BeMo Tunnelling beschäftigt. Sie arbeiten neun Tage am Stück danach ist "Abgang" und die Arbeiter können für vier bis fünf Tage nach Hause fahren. Eric Meessen hingegen ist bei Herrenknecht beschäftigt, dem Hersteller der eigens für das Karlsruher Projekt angepassten Tunnelvortriebsmaschine. Der Monteur kümmert sich um das Wohlergehen von "Giulia". In akrobatisch anmutender Stellung muss er ein Leck an einer Metallnaht zu schweißen durch das Fett ins Innere ausgetreten ist.

Aufmerksam registrieren alle, wie der Tunnelbau seinem Ziel entgegen strebt. 791 von 2000 m sind geschafft, jeden Tag geht es 8 bis 10 m voran. Der 46-jährige Meessen arbeitet schon seit 15 Jahren unter Tage, aber kein Tag ist wie der andere. Denn trotz geologischer Erkundungen kann niemand sagen, ob nicht doch unvorhergesehene Überraschungen im Erdreich auf die Maschine warten. "Langweilig wird es nicht", sagt Meessen und verabschiedet sich mit dem traditionellen Gruß aller Bergarbeiter: "Glück auf!"

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