Klassifizierung nach R30 durch Feuerverzinken
Bemessungspraxis für den Brandschutz
Wer eine Feuerverzinkung als Brandschutz einsetzen will, der sollte sich – bevor er mittels einer Heißbemessung den rechnerischen Nachweis erbringt – drei Fragen stellen: Was für Lasten habe ich? Wie massiv sind meine Bauteile? Wie hoch ist die Ausnutzung der Bauteile? Bei den passenden Antworten auf alle drei Fragen ist die Chance sehr gut mittels einer Feuerverzinkung eine Brandschutzdauer von 30 Minuten (R30) zu erreichen.
Die erste Frage, die für eine Feuerverzinkung als Brandschutz beantwortet werden muss, ist also: Was für Lasten habe ich? Der Brandfall stellt eine außergewöhnliche Bemessungssituation dar, bei der die Brandbelastung die Leiteinwirkung ist. Hierdurch können die Teilsicherheitsbeiwerte reduziert werden.
Statt γQ = 1,5 und γG = 1,35 wird γfi = 1 verwendet, was generell zu geringeren Lasten führt. Zudem kann man die Kombinationsfaktoren nach DIN EN 1990 anders ansetzen. Nach DIN EN 1990/NA Tabelle NA.A.1.1 dürfen alle Lasten mit Ausnahme der Wind- und Brandlasten Ψ2 zugeordnet werden.
Hierdurch reduziert sich beispielsweise die Nutzlastkategorie B (Wohn- und Büroräume) auf Ψ2 = 0,3. Dies bedeutet, man braucht im Brandfall nur noch 30 % der Lasten anzusetzen. Für Nutzlasten der Kategorie H (Dächer) sowie für Schneelasten für Gebäude, die unter 1000 m über NN liegen, beträgt Ψ2 im Brandfall jeweils Null. Es müssen hierfür also keine Lasten im Brandfall angesetzt werden. Im Gegensatz dazu sind Nutzlasten der Kategorie E (Lagerräume) mit einem Ψ2 = 0,8 im Brandfall weniger vorteilhaft.
Beispiel: Ein Hallendach hat ein Eigengewicht von 0,69 kN/m² und eine Schneelast von 0,87 kN/m². Bei Normaltemperaturbemessung muss man hierfür eine Last von 2,23 kN/m² ansetzen. Da im Brandfall die Teilsicherheitswerte reduziert werden und die Schneelast Null ist, ergibt sich im Brandfall mit nur 0,69 kN/m² eine Last, die nur 30 % der Last bei Normaltemperaturbemessung beträgt.
Weiter geht es um die Frage: Wie massiv sind die Bauteile? Eine Feuerverzinkung verbessert den Feuerwiderstand von Stahl. Der Grund hierfür ist eine verringerte Emissivität von feuerverzinkten Stählen. Emissivität ist ein Maß dafür, wie stark ein Material Wärmestrahlung mit seiner Umgebung austauscht. Durch die geringere Emissivität der verzinkten Oberflächen kann in Verbindung mit ausreichend massiven Bauteilen oft ein Feuerwiderstand von R30 erreicht werden. Eine günstige Massivität haben Bauteile mit einem niedrigen Verhältniswert von Oberfläche zu Volumen (Am/V).
Beispiel: Ein HEB 300-Profil hat ein Am/V-Verhältnis von 96. Im Gegensatz dazu beträgt der Am/V-Wert für ein IPE 300-Profil 188. Angenommen beide Profile tragen eine Betondecke und werden somit im Brandfall dreiseitig beflammt. Für das HEB 300-Profil ergibt sich nach 30 Minuten eine Bauteil-Temperatur von 627 °C nach Einheitstemperaturkurve, während das IPE 300-Profil eine Bauteiltemperatur von 788 °C erreicht. Die Streckgrenze, das heißt die Tragfähigkeit, beträgt für das HEB 300-Profil nach 30 Minuten noch 40,5 % im Vergleich zur Normaltemperatur, während der gleiche Wert für das IPE 300 Profil nur noch 12,4 % beträgt.
Als letztes muss folgende Frage beantwortet werden: Wie hoch ist die Ausnutzung der Bauteile? Eine hohe Ausnutzung der Bauteile und der Konstruktion im Kaltfall ist unvorteilhaft. Hat ein Bauteil im Normaltemperaturfall einen Ausnutzungsgrad von 100 %, dann eröffnet dies so gut wie keine Möglichkeiten bei der Heißbemessung. Eine niedrige Ausnutzung der Bauteile hat Vorteile.
Zusammenfassend sind günstige Einflussfaktoren für den Brandschutz durch Feuerverzinken:
- eine hohe mögliche Reduktion der Nutzlasten durch Ψ-Faktoren. Dies gilt beispielsweise für Bürogebäude und Wohnhäuser, aber auch für Dächer und Schneelasten;
- Ein niedriges Eigengewicht der Konstruktion;
- massive Bauteile;
- Bauteile, die nur dreiseitig beflammt werden;
- außenliegende Bauteile, die mittels der "günstigen" Außenbrandkurve bemessen werden können.
Ungünstige Faktoren sind:
- Nutzungskategorien wie beispielsweise Lagerräume;
- hohe Eigengewichte in Gebäuden, zum Beispiel durch Maschineneinbauten;
- sehr dünne Stahlprofile;
- eine hohe Ausnutzung im Kaltfall.
Die aufgelisteten Faktoren, geben eine erste Orientierung bezüglich einer Entscheidung für den Brandschutz durch Feuerverzinken.