VOB/B-Vertrag

Mängelrüge per WhatsApp genügt nicht der Schriftform

von: RA Sophia Noll
In dem zugrundeliegenden Fall beauftragte die Auftraggeberin den Auftragnehmer mit der Dacheindeckung eines Neubaus, wobei die Anwendung der VOB/B vereinbart wurde. Mit der (fiktiven) Abnahme der Leistung des Auftragnehmers Ende 2012 begann die vierjährige Verjährungsfrist der Mängelansprüche zu laufen.
Rechteck VOB
Eine junge Frau hält ihr Smartphone in der Hand und liest eine Whatsapp-Nachricht. Für die Mängelrüge nach VOB/B empfiehlt sich die Erklärung per E-Mail oder Telefax, die der telekommunikativen Übermittlung i.S.d. § 127 Abs. 2 BGB genügen, "soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist". Foto: picture alliance/dpa | Weronika Peneshko

Früh zeigten sich Feuchtigkeitsprobleme im Dachbereich. Im Sommer 2016 schrieb der Geschäftsführer der Auftraggeberin dem Auftragnehmer per WhatsApp: "Das Dach im Bürogebäude leckt immer noch … Bitte schau dir das noch mal an", woraufhin der Auftragnehmer "Ok" antwortete. Jegliche weitere Reaktion des Auftragnehmers blieb aus. Erst im Jahr 2019 leitete die Auftraggeberin wegen der Mangelhaftigkeit der Dacheindeckung ein selbstständiges Beweisverfahren ein und klagte infolgedessen Kostenvorschuss zur Mangelbeseitigung und später die tatsächlichen Kosten ein. Der Auftragnehmer wandte die Verjährung ein.

Das OLG Frankfurt a. M. entschied mit Urteil vom 21.12.2023 (15 U 211/21), dass Mängelansprüche der Auftraggeberin bereits im Zeitpunkt der Einleitung des selbstständigen Beweisverfahrens verjährt waren. Zu Recht!

Außer in dem kurzen Zeitraum der "Verhandlung" (i.S.d. § 203 BGB) – der Mitteilung über die Undichtigkeit des Daches, auf die sich der Auftragnehmer einließ ("Ok") – wurde die Verjährung nicht gehemmt. Die WhatsApp-Nachricht stellte keine die Verjährung um zwei Jahre verlängernde Mängelanzeige i.S.d. § 13 Abs. 5 Nr. 1 VOB/B dar, sodass Ende 2016 Verjährung eintrat. Die Verjährungsverlängerung setzt zwingend die Schriftform der Mängelanzeige voraus. Da es sich bei der Schriftlichkeit der um eine vereinbarte Schriftform handelt (VOB/B = Allgemeine Geschäftsbedingungen), bestimmt § 127 Abs. 2 BGB, dass die telekommunikative Übermittlung für die Wahrung dieser "gewillkürten" Schriftform genügt. Es genügt eine Erklärung, die in gleicher Weise wie ein Schriftstück verfasst ist und in einer der Übergabe des Schriftstücks ersetzenden Art an den Empfänger übermittelt wird. Es muss sich unzweideutig ergeben, von wem die Erklärung abgegeben worden ist, und der Empfänger muss in der Lage sein, das Schriftstück dauerhaft auszudrucken oder abzuspeichern/zu archivieren. Alldem genügt eine WhatsApp-Nachricht nicht. WhatsApp-Nachrichten werden über Smartphones versendet, ohne dass eine dauerhafte Aufbewahrung gesichert ist. Sowohl Absender als auch Empfänger können die Nachricht löschen. Auch ist nicht ohne Weiteres erkennbar, wer die Nachricht absendet, da die Kennung/Registrierung bei dem Messengerdienst mit einer Telefonnummer erfolgt, der bloß ein Namenszusatz zugeordnet wird. Auch die mit dem Formerfordernis einhergehende Warnfunktion vor übereilter Erklärungsabgabe wird nicht gewahrt. Dafür sind Messengerdienste grundsätzlich nicht geeignet, denn die typische Art und Weise der Benutzung zielt auf den raschen Austausch rein privater Nachrichten ab.

Praxishinweis

Für die Mängelrüge nach VOB/B (sog. "Quasi-Neubeginn") empfiehlt sich die Erklärung per E-Mail oder Telefax, die der telekommunikativen Übermittlung i.S.d. § 127 Abs. 2 BGB genügen, "soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist". Im Einzelfall kann sich aus dem Vertragstext auch ergeben, dass wegen der Bedeutung der Erklärung eine E-Mail nicht genügen soll und die Erklärung tatsächlich in Schriftform (etwa als eigenhändig unterzeichnetes Dokument) abgegeben werden soll.

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Autorin

RA Sophia Noll

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