Schwergewicht

Kalksteinabbau mithilfe eines neuen 140-Tonnen-Tieflöffelbaggers

Caterpillar Bagger und Lader
Dem 140-t-Bagger stehen weitere Schwergewichte wie Cat Muldenkipper 775G zur Seite.

Retznei/Österreich (ABZ). – Mit seiner Ausrüstung kata-pultiert er sich in die Oberliga und so an die Spitze der größten Baumaschinen Österreichs: der neue Cat Tieflöffelbagger 6015B mit seinen 140 t Ein-satzgewicht. Damit baut das Lafarge Zementwerk in Retznei (Ehrenhausen) seit Juli 2018in der Südsteiermark mithilfe eines 5,6 m³ großen Reißlöffels Kalkgestein ab. Im Wechsel dazu wird ein Reißzahn erforderlich, um den Mergel und Abraum zu lösen. Der Hydraulikbagger verfügt dank seines Cat Acert-Dieselmotors C27 über rd. 813 PS bzw. 606 kW. Die sind nötig, um die geforderte Stundenleistung von 800 bis 900 t Material abrufen zu können. Das Schwergewicht unterstützen zwei weitere Großgeräte in Form von Cat Muldenkippern 775G mit je 62 t Nutzlast. Auch sie stehen dem Monster-Bagger mit ihren 786 PS bzw. 578 kW in nicht viel nach. Damit ist das Ladesystem komplett, das die Niederlassung Graz von Zeppelin Österreich lieferte und mit dem die Umstellung auf ein neues Abbaukonzept verbunden ist.

"Durch die Ersatzinvestition haben wir wieder den neuesten Stand der Technik erreicht und unsere Energieeffizienz stark verbessert", so Betriebsleiter Thomas Holliber. Die Motorentechnik basiert auf der EU-Stufe 4. Zur besseren Kraftstoffnutzung beim Cat 6015B tragen u. a. neue Motorsteuerungstechnologien, das geschlossene Schwenksystem mit Energierückgewinnung und auch eine Auslegerschwimmfunktion bei, die durch Wiederverwertung des Auslegerölstroms die Anforderungen an den Motor verringert. 30 % geringer soll der Kraftstoffverbrauch ausfallen.

Abgelöst wurde damit eine 100 t schwere Schubraupe Cat D11N, die zum Lösen, Reißen und Schieben des mit Mergel durchzogenen Abraums eingesetzt wurde. Im Zuge der mechanischen Gewinnung will der Standort die Bohrungen und das Sprengen sowie die damit verbundenen Erschütterungen für die Anrainer reduzieren. Altersbedingt hatte der Einsatz am Kettendozer nach 21.000 Bh seine Spuren hinterlassen und ein Motorschaden läutete sein Ende ein. Daher wurde von dem Lafarge Zementwerk in Retznei nach einer Alternative und zugleich wirtschaftlichen Abbaumethode gesucht. Damit die Gewinnung des Rohstoffs leistungsgerecht erfolgen kann, wurde viel Zeit in den Auswahlprozess investiert, um die passende Technik samt Ausrüstung zu finden. Jürgen Specht, Leiter der Zeppelin Niederlassung Graz, und Verkäufer Wolfgang Windisch, zogen einen Kollegen aus Deutschland hinzu. Stefan Oppermann von der Zeppelin Projekt- und Einsatzberatung analysierte die Einsatzbedingungen vor Ort. Seine Aufgabe war es, die kostengünstigste Methode für das Laden und Transportieren zu ermitteln und eine Kostenschätzung abzugeben, welche die Kapitalkosten, Betriebskosten und Arbeitskosten berücksichtigte. Er stellte verschiedene Gerätekombinationen gegenüber und machte eine Leistungsschätzung. Zu berücksichtigen hatte er dabei Leistungsparameter wie etwa den Brecherdurchsatz.

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Caterpillar Bagger und Lader
Zwei Aufgaben, ein Gerät für das Lösen und Laden. Fotos: Zeppelin

Der stationäre Vorbrecher erzielt eine Stundenleistung von 500 bis 600 t im Schnitt. Mehrmengen werden auf einem Freilager vor dem Brecher gelagert. Die Baumaschinen müssen unentwegt Material liefern, denn der Ofen des Zementwerks erfordert ständig Nachschub und darf nie ausgehen. Mit 600.000 t Zement ist Retznei eines der größten Zementwerke Österreichs.

Die geforderten Betriebsstunden der eingesetzten Baumaschinen wurden von Stefan Oppermann in eine Kostenkalkulation überführt. Der Kostenvergleich bezog sich auf die Rohstoffproduktion im Tagebau, der rd. 1 Mio. t Massenbewegung erfordert. Das Kalkgestein wird mittels Bohren und Sprengen gelöst und weist ein Schüttgewicht von 1,55 t/m³ auf. Mergel und Abraum müssen mechanisch gelöst werden – deren Schüttgewicht beläuft sich auf 1,65 t/m³. Eingeflossen ist in die Auswertung auch die Wegstrecke in Form der einfach zurückgelegten rd. 1000 bis 1700 m von der Ladestelle bis zum Vorbrecher. Was den Abraum betrifft, so wird dieser auf der Kippe des Tagebaus verkippt. Stefan Oppermann erfasste den Rollwiderstand der Fahrbahn samt deren Steigungen und dem Gefälle von 10 bis 12 %. Für die Umlaufzeiten wurden die mittleren Fahrgeschwindigkeiten für den Transport von Kalk und Mergel sowie Rückfahrten mit leerer Mulde gemessen. Das Ergebnis der Kostenrechnung: ein Cat 6015B und zwei bis drei Muldenkipper 775G, je nach Leistungsanforderungen – zwei davon nahm Lafarge in Betrieb. Nummer drei ist ein Cat 775F, der im Bestand war. "Den ersten Cat 775 habe ich hier 2003 verkauft. Seit 18 Jahren betreue ich das Werk Lafarge in Retznei mit Wolfgang Windisch", erklärt Jürgen Specht. Im Maschinenpark vorrätig ist auch seit 2014 der Cat Radlader 988K mit einer 6,9 m³ großen Felsschaufel samt Sägezahnmesser, der ebenfalls zur Beladung des Abraums eingesetzt wurde, wenn der Kettendozer seine Reißarbeit verrichtet hatte. Des Weiteren wird ein Cat 988H aus dem Jahr 2007 zur selektiven Beschickung des Brechers eingesetzt.

Was für die von Zeppelin vorgeschlagene Gerätekombination spricht: Ein Gerät ersetzt zwei, was die Investitionskosten senkt. Denn mit dem Bagger lassen sich so nun zwei Aufgaben in einem am wirtschaftlichsten bewältigen: lösen und laden. Dafür erhielt er neben einem Reißlöffel einen Ladelöffel sowie einen Reißzahn. Das bedeutete für die Rohstoffgewinnung allerdings auch das Abbaukonzept umzustellen. Vor der Inbetriebnahme gab es eine Schulung inkl. Einweisung seitens Zeppelin durch Stefan Becker-Sippel von der Projekt- und Einsatztechnik für die drei Maschinisten, die das Gerät bewegen sollen. "Auch wenn sie bereits Erfahrung mit einem 90-t-Bagger haben, wird es schon etwas dauern, bis sie sich komplett damit vertraut gemacht haben", so Thomas Holliber. Sein Kollege Andreas Paar, Betriebsaufseher, ergänzt: "Das neue, rekuperative Schwenksystem macht den Unterschied aus. Den optimalen Umgang damit müssen die Fahrer erst noch lernen, aber das ist reine Gewohnheit und wird schnell gehen." Noch größer empfanden die Fahrer allerdings den Wechsel von Raupe auf einen Ersatzbagger, der als Übergangslösung diente, bis der neue 140-Tonner in Betrieb ging.

Caterpillar Bagger und Lader
Offizielle Schlüsselübergabe zusammen mit dem Management und Maschinisten: Der Hydraulikbagger erreicht rd. 813 PS bzw. 606 kW. Die sind nötig, um die geforderte Stundenleistung von 800 bis 900 t Material abrufen zu können.

Einer der Maschinisten ist der Fahrer Gerhard Jahrbacher, seit zwölf Jahren im Werk Retznei bei Lafarge und davon zwei Jahre im Steinbruch tätig. "Es ist genau das, was ich schon immer machen wollte: einen Bagger fahren", meint er zu seinem neuen Arbeitsgerät. Erst kürzlich wollte der Fernsehsender ORF im Zuge der Berichterstattung wissen, wie es ist, den größten und somit auch schwersten Bagger Österreichs zu steuern. "Man ist einfach besonders stolz darauf", erläuterte er. Seine Einstellung erklärt auch, warum er pfleglich damit umgeht. Tunlichst vermeidet er Schmutz in die Kabine zu tragen. Seine Arbeitsschuhe dürfen den Boden der Kabine nicht betreten. Er tauscht sie gegen saubere aus – erst dann steuert er linkes und rechtes Pedal des 140-Tonners. Dazu sein erster Eindruck nach über 30 Bh: "Die Steuerung ist feinfühlig, wie man es von einem neuen Bagger auch erwarten darf. Allerdings braucht man schon einen stabilen Stand mit dem Gerät zum Arbeiten und kann sich damit nicht so schräg stellen wie mit dem 90-Tonner. Ansonsten steht der Bagger aber stabil da und schaukelt sich auch nicht auf. Starke Vibrationen beim Eindringen in das Material gibt es keine." Gewöhnungsbedürftig sei allerdings noch die Höhe der Maschine. Doch für Wartungskontrollen, wie sie für die Fahrer wie ihn vor Schichtbeginn und -ende feste Routine und in den Arbeitsablauf integriert sind, hat die Dimension des Baggers doch einen Vorteil: Der Motorraum ist nahezu stehend begehbar. "Da hat man viel Freiraum, um Ölstände zu überprüfen. Man merkt einfach, dass der Bagger sehr fahrerfreundlich ist", so das Fazit von Gerhard Jahrbacher.

Fünf Tieflader brachten den in Dortmund von Caterpillar produzierten und in einzelne Bestandteile zerlegten Hydraulikbagger in die südliche Steiermark zum Standort von Lafarge. "Die Laufwerke wurden separat gefahren. Ein Lkw lieferte das Kontergewicht, ein weiterer Stiel und Ausleger. Der Oberwagen wurde ebenfalls separat befördert und ein Lkw brachte dann den Rest wie Hydraulikschläuche und Leitungen sowie alles, was für den Zusammenbau nötig ist", berichtet Jürgen Specht.

Eine Engstelle gab es dann auf den letzten Metern vor dem Ziel zu überwinden. Das Förderband, das den Rohstoff ins Zementwerk befördert, hatte nur eine Durchfahrtshöhe von 4,4 m. Der Lkw mit dem Oberwagen passte genau eine Handbreit unten durch. Ein Autokran unterstützte das Zeppelin-Team beim Zusammenbau der Komponenten. Leitender Monteur war Stefan Silly, der zusammen mit seinen Kollegen Engelbert Pichler, Martin Schantl und Fabian Liebmann die Montage übernahm. Eine Woche nahm das in Anspruch. In welchen Dimensionen hier gearbeitet wird, zeigt alleine schon ein einzelner Zahn für den Reißlöffel. Er bringt an die 75 kg auf die Waage – auch da spielt das neue Arbeitsgerät in einer anderen Liga.

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