Umnutzung
Rhenusspeicher im Hafen von Münster energetisch saniert
Münster (ABZ). – Kreativ sein, wo einst Getreide und andere Güter gelagert wurden – das ist nun im Flechtheim- und Rhenusspeicher in Münster möglich.Kein anderes Bauwerk prägt den 1899 eröffneten Stadthafen so sehr wie die beiden zusammengehörendenSpeichergebäude. Gleich zu Beginn erbaute die Firma Flechtheim den fünf-geschossigen Speicher für Getreide am Hafenbecken. In den darauffolgenden Jahren mauserte sich Münster zu einem bedeutenden Getreideumschlagplatz in Norddeutschland. 1939 kam deshalb das neungeschossige Speichergebäude der Firma Rhenus hinzu, die beide Speicher übernimmt und diese bis 2007 unterschiedlich nutzt. Doch danach glänzt das denkmalgeschützte Gebäudeensemble, das eines der wenigen noch erhaltenen Industriebauten Münsters ist, nur noch als architektonisches Juwel.
Eine neue Funktion wurde gesucht bis die Stadtwerke – jetzige Eigentümer des Ensembles – sich 2013 für einen Mix aus Büro-, Archiv- und Kulturnutzung entschieden. Neben Entkernung und Umbau musste der Gebäudekomplex auch energetisch saniert werden. Die weithin unverkennbare Fassade des Rhenusspeichers aus rotem Sichtziegelmauerwerk wurde mit Poroton-WDF als Innendämmsystem saniert und konnte somit auch erhalten bleiben.
12.000 t Getreide wurden in den beiden Speichern zur Hochkonjunktur des Getreidehandels im Münsteraner Hafen gelagert. Diese Zeiten sind jedoch lange vorbei. Nach dem Krieg boomte der Hafenbetrieb noch einmal, die Speicher wurden von der Firma Rhenus als Lagergebäude für Waren aller Art genutzt, doch 2007 war endgültig Schluss. Seitdem dösten die beiden beeindruckenden, fünf- und neungeschossige Industrie-Reliquien vor sich hin. Die Stadtwerke erwarben bereits 1968 die Grundstücke, sind seit 1999 auch Eigentümer der Gebäude, nachdem das Erbbaurecht der Firma Rhenus erlosch. Doch durch den Leerstand gerieten die beiden Speichergebäude, die seit dem Neubau des Rhenusspeichers 1939 durch ein gemeinsames Treppenhaus verbunden sind, in einen baulich bedrohlichen Zustand.
Lange war es Plan der Stadtwerke, die Speicher als Hotel zu sanieren, bis im März 2012 der Aufsichtsrat des städtischen Unternehmens beschloss, den Speicher schließlich zur Büro-, Archiv- und Kulturnutzung um-zubauen. Für den Umbau wurden rund 15 Mio. Euro veranschlagt. Im März 2013 wurde mit dem Entfernen des noch vorhandenen Inventars – wie etwa Förderbänder und Maschinen – begonnen. Danach ging es an das Entkernen des Gebäudes. Dabei wurden möglichst viele alte Elemente erhalten. Gusseiserne Säulen, Fenster und alte Holzdecken sollen nach Fertigstellung zum Charme der Büroräume im ehemaligen Industrieriesen beitragen. "Wir haben eine sehr schöne, aber eben auch alte Gebäudehülle vorgefunden, die wir nach und nach mit neuem Leben füllen. Das ist etwas ganz anderes als ein Neubau", findet Architektin Katja Kleim von Pfeiffer Ellermann Preckel aus Münster.
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Im Sommer 2013 startete der Umbau mit der Sanierung der vorhandenen Fassade. Aus Denkmalschutzgründen kam nur eine Innendämmung in Frage. Das Team um Kleim entschied sich aus raumklimatischen Gründen für eine Dämmung mit der massiven, kapillaraktiven Poroton-WDF in einer Wandstärke von 120 mm. Hinzu kamen hohe Anforderungen an den Brandschutz: "Der Speicher gilt als Hochhaus", erläutert Brandschutzexperte Marcel Wolters von Nees Ingenieure, "damit gelten für den Brandschutz noch mal besondere Auflagen."
Ziegel und Perlit sind natürliche, mineralische Baustoffe und nachweislich nicht brennbar. Als es um die Entscheidung über das Dämmsystem ging, konnte Poroton-WDF deshalb doppelt punkten. Die Verarbeitung der Vormauerung aus WDF wurde schnell und unkompliziert ohne vorbereitende Maßnahmen durchgeführt: Vor der innenseitig liegenden und verputzten Stahlbetonkonstruktion wurden die Ziegel in einem Abstand von 2 cm aufgemauert, eine Hinterfüllung aus Füllmörtel komplettierte die Fassadensanierung. Als Endbeschichtung wurde ein herkömmlicher Kalkputz in einer Stärke von 15 mm aufgebracht. Am Ende der Sanierungsarbeiten entstanden modern ausgestattete Büros und Praxisflächen in der besonderen Atmosphäre eines Industriegebäudes. Flächen von 200 bis 3500 m² sowie flexible Grundrisse ermöglichen vielerlei Nutzungen.
Früh entschied sich das in Münster beheimatete Wolfgang Borchert Theater, in den Rhenusspeicher umzuziehen. Auf rd. 1500 m² entstand im Erd- und Untergeschoss eine Bühne mit Zuschauerraum, im Erdgeschoss ist ein Theater-Café untergebracht. Pünktlich zu Beginn der Spielzeit 2014/2015 feierte man die Premiere des Stückes "Die letzte Soiree" mit rund 150 geladenen Gästen. An diesem Abend wurde an den aus Münster stammenden Kunstsammler und Unternehmer Alfred Flechtheim (1878-1937) erinnert. Sein Vater Emil Flechtheim legte 1899 den Grundstein für das außergewöhnliche Bauwerk.
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