Bauaussichten 2023
bauma lässt Branche mit guten Perspektiven ins neue Jahr gehen
Die Hersteller von Baumaschinen und Baustoffanlagen mit Produktionsstandort in Deutschland erreichten im Jahr 2022 nominal den höchsten Branchenumsatz der Geschichte. Aufgrund der hohen Inflation hatten sie dennoch Mühe, real an den Umsatz des Vorjahres heranzukommen. Realistisch geschätzt wird die Branche das vergangene Jahr voraussichtlich mit einem nur mageren Umsatzplus abschließen. Dennoch bleibt die Stimmung gut, die Sorge vor einer Auftragsstornierungswelle hat sich nicht bewahrheitet, das erste Halbjahr 2023 ist den meisten Herstellern durch ein bestehendes Auftragspolster sicher, zumal die Konjunkturprogramme aus dem Jahr 2020 weiterhin laufen. Nach wie vor dämpfen die Verzögerungen auf der Zulieferseite die Erwartungen ein wenig, hier hat sich bis zum Jahreswechsel nicht viel verbessert. Die Situation im Hochbau wird sich deutlich eintrüben. Segmente, die vorwiegend im privaten Baubereich unterwegs sind, beispielsweise Betontechnik oder Kranbau, werden sich auf schwierige Zeiten einstellen müssen.
Neben den wirtschaftlichen Aspekten bestimmen die Klimaschutzanforderungen das aktuelle Geschehen, geprägt von Dekarbonisierung und Digitalisierung. Spricht man über die Dekarbonisierung einer Baumaschine, spricht man in der Regel über ihren Antrieb. Spricht man diesbezüglich über Elektrifizierung, muss man sich gleichzeitig überlegen, wie der benötigte Strom zur Baustelle kommt. Da liegt der Hase im Pfeffer, denn hier sind die Planenden und die Auftraggebenden – oftmals Kommunen – gefragt. Nur wenn sie bei der Planung einer Baustelle bereits dafür sorgen, dass zunächst die notwendigen Stromleitungen verlegt werden, die eine ausreichende Stromversorgung sichern, ist das Szenario einer elektrifizierten Baustelle realistisch. Da die Gesamtklimabilanz stimmen muss, darf zudem ausschließlich grüner Strom verwendet werden. Davon gibt es in Deutschland weder heute noch in Zukunft genug. Also muss grüner Strom aus dem Ausland importiert werden. Wie schnell und in welchem Umfang sich dieser Prozess umsetzen lässt, ist unklar, zudem ist zu erwarten, dass dieser Strom dann erst einmal in die Elektromobilität fließen wird.
Vor diesem Hintergrund wäre es wichtig, die Produktion synthetischer Kraftstoffe –eFuels – in sonnenreichen Ländern ganz oben auf die politische Agenda zu setzen. Die Schifffahrt und die Luftfahrt sind hier die größten Treiber, da sie eine hohe Energiedichte benötigen und lange Strecken an einem Stück zurücklegen müssen. Gleiches gilt für leistungsstarke Baumaschinen. Der Vorteil ist, dass vorhandene Verbrennungsmotoren mit eFuels betankt werden können. Beim Verbrennungsvorgang wird nur so viel Kohlendioxid freigesetzt, wie zuvor im Herstellungsprozess chemisch gebunden wurde, daher ist dieser Prozess CO2-neutral. Es entstehen keine zusätzlichen Treibhausgase. Ein grundsätzliches Verbot des Verbrennungsmotors für Baumaschinen lehnt der VDMA Baumaschinen und Baustoffanlagen daher ab. Voraussetzung ist allerdings, dass die benötigten eFuels mit grüner Energie hergestellt werden, damit die Rechnung aufgeht.
Als Folgeprojekt des Konsensszenarios "Bauen 2030" erstellten HDB und VDMA unter der wissenschaftlichen Leitung des Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation IAO die Strategie-Roadmap "Baustelle 2045" für den Weg zur klimaneutralen Baustelle, deren vollständiger Bericht nun vorliegt. Die komplexen Ergebnisse dieser Studie bilden die Basis für Handlungsfelder, aus denen die Beteiligten jetzt konkrete Empfehlungen für Politik und Wirtschaft ableiten müssen.
Für die vernetzte Baustelle arbeiten VDMA und HDB gemeinsam im Rahmen der Arbeitsgemeinschaft MiC 4.0 und ihren über 100 Mitgliedsunternehmen. Mit vier Arbeitskreisen – Maschinendaten, Datenrechte, Systemarchitektur und Human Machine Interface – die sich in verschiedenen Clustern mit spezifischen Themen beschäftigen, setzt die Arbeitsgemeinschaft Maßstäbe in Europa und schafft es erstmalig, dass sich Hersteller und Anwender auf ein einheitliches, übergreifendes Datenverständnis einigen. Gegründet 2019 auf der bauma, präsentierte die MiC 4.0 ihre Arbeitsergebnisse aus dem Cluster Anbaugeräte im Oktober auf der Messe und war damit ein Publikumsmagnet in der Innovationshalle LAB0. Der vorgestellte neue MiC 4.0 BUS ermöglicht einfachere Arbeitsprozesse durch barrierefreien und direkten Datenaustausch zwischen Anbaugeräten und Baumaschinen. Hier die Arbeit auch in den anderen Clustern voranzutreiben und damit Standards zu setzen, ist erklärtes Ziel der Arbeitsgemeinschaft. Neue Mitglieder sind jederzeit willkommen.