BIG 5 Global und Weltklimakonferenz COP 28 in Dubai

Wende zur Ökologie und Innovation

von: Christian Brensing
Dubai. – Ende 2023 tagten die Big 5 Global-Messe und Weltklimakonferenz COP 28 gleichzeitig in Dubai. Die ABZ war dabei und sammelte Eindrücke, wie die Wende zur Ökologie und Innovation im fernen Osten gelingen soll.
Messen und Veranstaltungen
Der Messeeingang mit dem neuen Logo "BIG 5 Global" – vorher "BIG 5 Dubai". Foto: Christian Brensing

Dubai platzte aus allen Nähten. Zeitgleich mit der UN-Klimakonferenz COP 28 mit ihren etwa 70.000 Teilnehmern auf dem ehemaligen World Expo 2020 Gelände (30. November bis 12. Dezember 2023) fand im entgegengesetzten Stadtteil die größte Baumesse des Mittleren Ostens, die BIG 5 Global statt. Zum 44. Mal in Folge wurden auch dieses Jahr wieder Besucherrekorde gebrochen: 81.000 Besucher aus über 166 Ländern nahmen an der BIG 5 Global vom 4. bis 7. Dezember teil. Allein schon die Ausrichtung von zwei Mega-Events dieser Größenordnung zeigt die Bedeutung, Leistungsfähigkeit und Professionalität der Golf-Metropole. An Dubai führt kein Weg mehr vorbei, weder politisch noch wirtschaftlich.

Oliver Oehms, CEO der Deutsch-Emiratischen Industrie- und Handelskammer (AHK) mit Sitz in Dubai und Abu Dhabi, umschreibt die immer weiter steigende Relevanz der Vereinigten Arabischen Emirate wie folgt: "Die VAE sind der überragende Hub deutscher Unternehmen in der Golfregion. Die etwa 1200 vor Ort tätigen deutschen Unternehmen betreuen in der Regel eine Region, die den afrikanischen Kontinent umfasst, den Golf selbst, Zentralasien und Pakistan. Aus der Pandemie sind die Emirate gestärkt hervorgegangen. Die Logistik- und Veranstaltungsplattform Dubai hat agil und konsequent auf die Herausforderungen reagiert. In Bezug auf die Bauindustrie stellt die gesamte Region dynamische Absatzmärkte und Betätigungsfelder dar. Vereinfacht gesagt, wird gleichzeitig in der Breite wie auch der Tiefe gewachsen. Damit kommen sowohl Anbieter von standardisierten Lösungen, zum Beispiel im Hochbau, zum Zuge als auch Hersteller von hochqualitativen Baustoffen und Produkten. Allerdings – der Wettbewerb ist hart, insofern sind Qualität, Kundennähe und Liefertreue Voraussetzungen für den Erfolg im Markt."

Nachfrage nicht gesättigt

In ähnlich optimistischer Weise charakterisiert Michael Pittscheidt, Geschäftsführer der gleichnamigen deutschen Messe- Marketingagentur, die sich immer deutlicher abzeichnende wirtschaftliche Vormachtstellung der VAE. Als langjähriger Besucher dieser Weltregion leitet er seit 2012 das Vertretungsbüro des BIG 5 Veranstalters in Bezug auf die deutsche Beteiligung. Michael Pittscheidt kann sich über keine geringe Nachfrage und Auslastung beklagen, ganz im Gegenteil: "Die Welt kommt nach Dubai. Dubai wird immer vielseitiger in seinem Angebot, aber auch der Nachfrage nach hochwertigen Produkten und Dienstleistungen. Der Bedarf, wenn nicht gar der Hunger nach neuwertigen, innovativen und nachhaltigen Produkten und Konzepten aus Deutschland steigt beständig. Das zeigen nicht nur die Märkte der VAE, sondern vor allem die des benachbarten Saudi-Arabiens. Der Run auf den Mittleren Osten geht dort noch stärker in die Offensive."

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Allein schon der direkte Vergleich zur BIG 5 des Vorjahres lässt erkennen, dass bei weitem die Kapazitäten und die Nachfrage des Baumarkts im gesamten Mittleren Osten noch nicht gesättigt sind. Allerdings stellt Josine Heijmans, Vice-President-Constructions des BIG 5 Messeveranstalter dmg, eine eindeutige Verschiebung der Werte fest. Nicht mehr ausschließlich gilt ein "höher-schneller-weiter", sondern eine Verlagerung zu einem ökologischen Impetus getrieben von Innovation und Weitsicht, sagt Heijmans: "COP 28 und BIG 5 Global sind dieses Jahr zeitgleich die beiden Mega-Events in Dubai. Wir spiegeln auf der BIG 5 die weltweiten Anstrengungen in puncto Nachhaltigkeit von Produktion und Produkten wider. Ergänzt wird dieses Ethos auf unserer Messe durch zukunftsweisende Innovationen und vermehrte internationale Kooperationen. Sozusagen ein Echo auf die weltweiten Nachhaltigkeitsziele."

Extravagante Großprojekte

Etliche auf der BIG 5 Global vertreten deutschen Firmen bedienen gezielt die "Nische" – wenn man in dieser Form davon überhaupt noch sprechen kann – von Innovation und Nachhaltigkeit. "Made in Germany" tritt hier gepaart mit Erfindungsreichtum und ökologischer Verantwortung auf den Markt. In Bezug auf höchst anspruchsvolle Fassadenlösung war die Firma Riva GmbH Engineering aus Backnang erstmalig auf der BIG 5 Global vertreten. Mit der grünen Verglasung des Royal Clock Towers in Mekka wurde sie schlagartig im Mittleren Osten bekannt. Maximilian Vetter vertrat die Firma auf der BIG 5 Global und erläuterte seine Motive: "Wir orientieren uns an extravaganten Großprojekten für die wir die richtigen Erfahrungen und Größe haben beziehungsweise mitbringen. Was wir bisher erkennen konnten, verfügt das Baugeschehen in Dubai über diese Anforderungen. Dubai ist somit für uns ein wichtiger Standort auch mit Blick nach Abu Dhabi, Bahrain oder Katar. Daher macht es für uns Sinn hier erstmalig auf der BIG 5 Global in Dubai vertreten zu sein. Hier treffen wir potenzielle Kunden und lokale Lieferanten unter anderem für Metallbau und andere Dienstleistungen. Der Markt scheint unersättlich zu sein!"

Noch eindeutiger auf der ökologischen Seite präsentierte die Smarter Habitat GmbH & Co. KG, ein Start-up Unternehmen aus München, ihre aus nachwachsenden Rohstoffen mit Popcorn als Kernmaterial produzierten Paneele, Vliese und Laminate. Laut der auf der BIG 5 Global vertretenden Firma und dem Gründer und CEO Datty Ruth macht es aus ökologischer Sicht keinen Sinn diese Produkte von Deutschland in den Mittleren Osten zu exportieren. Vielmehr plant man darüber die Technologie zu lizensieren, um vor Ort in Dubai die organischen Materialien direkt zu verarbeiten: "Smarter Habitats Ziel ist mit dem ecoHAB-Panel diese disruptive Innovation weltweit zu positionieren. Mein Credo lautet, dem Bausektor ein biobasiertes, kosten- und ressourcenschonendes Baumaterial aus pflanzlichen, regional verfügbaren Rohstoffen anzubieten. Nach dem Vorbild der Pilotfabrik in Ramstein mit einer Nutzfläche von rund 8000 Quadratmetern und maximaler Produktionskapazität von etwa 1 Million Quadratmeter pro Jahr sowie mit Hilfe der Lizensierung im Franchise-Modell wollen wir in weitere Länder expandieren."

The Sustainable City

Gleichermaßen interessant ist es In Anbetracht der über Jahrzehnte nahezu ungebrochenen Prosperität und Wachstum des Mittleren Ostens einige Bauvorhaben unter dem Aspekt der Umwelt genauer unter die Lupe zu nehmen, zum Beispiel The Sustainable City: Wenige Fahrminuten vom COP 28 Tagungsgelände entfernt, liegt das 46 Hektar umfassende ehemalig karge Wüstenstück, was sich seit Januar 2014 in einen ökologischen Garten Eden verwandelt hat. Aufgelegt vom in Dubai ansässigen Diamond-Developers unter der ambitionierten Leitung von Faris Saeed, sind inzwischen alle Bauabschnitte realisiert und gut eingewachsen. Palmen beschatten die eng gestaffelten beziehungsweise bebauten Wohnquartiere mit schmalen Gassen für Fußgänger – angelehnt an die historische Bauweise von Dubais heute unter Denkmalschutz stehenden Al Bastakiya Bezirk. Großzügig begrünte, parkähnliche Flächen liegen zwischen öffentlichen Bauten und Funktionen.

Sie spenden Schatten und Kühlung für die Öko-Gated-Community einschließlich Moschee, Einkaufszentrum, Schule, Hotel, Innovationszentrum, Reitstall, Sportplatz, Country-Club und der "grünen Achse" mit elf Gewächshäusern, den sogenannte Bio-Domes. Jedes Wohn-Cluster besteht aus 16 Villen (je 300 bis 380 Quadratmeter) mit drei oder vier Schlafzimmern. Das Raster der Straßen und die Durchwegung – sogenannte Sikkas – sind bewusst engmaschig gehalten, um Schatten und Luftströme, zum Beispiel mit Hilfe von Windtürmen, zu generieren. So beabsichtigt man die extremen sommerlichen Außentemperaturen von maximal 40 bis 50 Grad Celsius zumindest im unmittelbaren Umfeld der Türme um einige Grad zu reduzieren.

Messen und Veranstaltungen
The Sustainable City: Typisches Straßenbild der Sustainable City: Schmale Gassen, kein Autoverkehr, gut angewachsene Bäume und Sträucher, die Schatten spenden. Foto: Christian Brensing

2016 zogen die ersten Bewohner ein, heute sind es nahezu 3000 aus 67 Nationen. Dr. Fadi Jamal Alfaris, General Manager von NZE Solutions, die zur SEE-Holding gehört, unter der auch Diamond-Developers agieren, zeigt stolz Dubais ökologisches Vorzeigequartier: "Wie man unschwer erkennen kann, ist The Sustainable City heute voll ausgebaut, etabliert und angenommen. Unser Ziel ist es nicht nur CO2-neutral zu sein, sondern keine CO2-Emissionen zu verursachen. 100 Prozent unseres Energieverbrauchs kommt aus nachhaltigen Quellen. 60 Prozent unserer Elektrizität stammt aus PV-Dachanlagen auf zum Beispiel Gebäuden oder Sonnenschutzinstallationen. Die Sustainable City ist daher eines der energieeffizientesten Bauvorhaben in unserer Region. Bei uns sind 85 bis 90 Kilowattstunden pro Quadratmeter pro Jahr die Norm, wogegen der Rest Dubais bei 150 bis 200 Kilowattstunden pro Quadratmeter pro Jahr liegt. Das bedeutet, dass in der Sustainable City eine Familie etwa 50 bis 60 Prozent weniger an Energiekosten hat."

Keine Schwimmbäder

Fast alle Bauwerke sind aus Betonfertigteilen errichtet. In der Betonfabrik Arabtec Concrete Plant in Dubai vorgefertigt, wurden alle Betonfertigteile von der Firma Xtramix Concrete Solutions LLC hergestellt. Gemäß den Vorgaben der Stadtverwaltung Dubai wurden dem Beton 30 Prozent Flugasche beigemischt. Die Sandwich Elemente der Außenwände bestehen aus einer 7,5 Zentimeter starken Betonschicht, 10 Zentimeter EPS-Dämmung und wiederum 7,5 Zentimeter Beton. Die dadurch erreichten Dämmwerte liegen für Außenwände bei U = 0,3 W/m²K und U = 0,244 W/m²K im Fall von Decken und den Dachterrassen. Alle Wohnbauten sind mit ihren Fenstern und Zugängen strickt nach Norden ausgerichtet. Kleine Höfe weisen mitunter teppichgroße Rasenflächen aus, Schwimmbäder gibt es gar nicht. Der architektonische Entwurf wurde von den Architekten Modular Design Consultants aus Dubai erbracht. Entgegen, zum Beispiel der Wohnbebauung auf der Palme, sind die Häuser in einer betonten Sachlichkeit, ohne jegliche Ornamente, geplant und ausgeführt. Das systemhafte der kubischen Bauweise à la Bauhaus zeigt sich auch im äußeren Erscheinungsbild.

Dr. Alfaris spricht von einem "inzwischen erfolgreichen Erfolgsrezept, welches in die benachbarten Emirate und andere Länder exportiert wird". So gibt es mittlerweile vier fast baugleiche Sustainable Cities. Zwei werden schon betrieben, in Dubai zu 100 Prozent und in Sharjah, wo drei Bauabschnitte in Betrieb sind. Die anderen beiden sind im Oman (40 Prozent Fertigstellung) und Abu Dhabi (20 Prozent Fertigstellung). Und noch etwas anderes wird exportiert, nämlich ein gewisser utopischer Geist von einer ökologisch besseren Welt. Denn, nicht zu unterschätzen ist, dass die glücklichsten Menschen Dubais in der Sustainable City leben. Sie sind zufrieden, da sie in einem sauberen, ökologischen wie auch nachhaltigen Stadtteil wohnen, oder wie eine seit vier Jahren in der grünen Enklave lebende ägyptische Anwohnerin sagte: "Hier zu wohnen, ist mein persönlichster Beitrag meinen ökologischen Fußabdruck zu reduzieren!"

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Der Autor ist Fachjournalist und Unternehmensberater aus Berlin/London.

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