Erbschaftsteuer

Das Hin und Her ist beendet, die Herausforderungen bleiben

von:

Kay Klöpping

Der lange Hin und Her um die Erbschaftsteuer hat seit Oktober letzten Jahres ein Ende. Für Unternehmen aus der Baubranche heißt das, dass sie endlich wieder Rechtssicherheit bei Betriebsübergaben haben. Die wichtigste Nachricht ist: Grundsätzlich ist es auch mit den neuen Regelungen möglich, Betriebe weitgehend steuerbegünstigt zu übergeben. Gleichwohl stehen sowohl Unternehmer als auch ihre Nachfolger vor großen Herausforderungen, wenn es um die steuerliche Behandlung ihrer Nachfolgeregelung geht.

Bauunternehmer sollten daher schon jetzt – auch wenn aktuell (noch) keine Betriebsübergabe ansteht – in Abstimmung mit ihren Beratern die Struktur ihres Betriebsvermögens prüfen und die potentielle Belastung berechnen, die im Falle einer Übertragung auf sie zukommen kann. Denn die Regelungen des neuen Erbschaft- und Schenkungssteuergesetzes, die rückwirkend seit dem 1. Juli 2016 gelten, sind komplex. Und sie beinhalten für Unternehmer einen großen Wermutstropfen: Denn in vielen Fällen wird es mit dem neuen Gesetz zu einer nennenswert höheren Steuerbelastung kommen – auch wenn weitgehende Steuerbegünstigungen bestehen geblieben sind. Gleichwohl ist es jedoch oftmals möglich, steuerliche Belastungen zu reduzieren, indem Vermögen umgeschichtet, anders zugeordnet oder der Gesellschaftsvertrag geändert wird. Die wichtigsten Änderungen sind:

· Neue Definition des Verwaltungsvermögens: Fakt ist, dass es in Zukunft aus steuerlicher Sicht mit mehr Aufwand verbunden sein wird, ein Unternehmen an die nächste Generation zu übergeben, als das vor der Reform möglich war. Das machen die vielfältigen Ausnahmetatbestände deutlich, die in den neuen Regelungen festgelegt sind. Ein Punkt, der eine Vielzahl dieser neuen Herausforderungen bedingt, ist das Verwaltungsvermögen. Dazu gehören etwa Grundstücke, die an Dritte vermietet sind, Wertpapiere, aber auch liquides Vermögen und Forderungen, soweit diese eine prozentuale Grenze überschreiten. Um Missbrauch vorzubeugen hat der Gesetzgeber verfügt, dass zum Verwaltungsvermögen auch weitere Freizeit- und Luxusgegenstände wie etwa Yachten, Oldtimer oder Segelflugzeuge gehören. Die Folge: Solche typischen Freizeitgüter können also nicht mehr steuerfrei an das eigene Unternehmen und anschließend an die nächste Generation übertragen werden, es sei denn diese sind Gegenstand eines Handelsunternehmens (z.B. Oldtimerhandel). Für den Unternehmer positiv ist dagegen, dass mit den neuen Regelungen Grundstücke, die zum Absatz eigener Erzeugnisse vermietet werden, nicht mehr zum Verwaltungsvermögen gehören. Gleiches gilt auch für die sogenannte Investitionsklausel für Verwaltungsvermögen. Sie besagt, dass Wirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens im Erbfall (nicht aber bei Schenkungen!) rückwirkend dem begünstigten Vermögen zugeordnet werden dürfen, wenn der Erwerber sie einsetzt, um innerhalb von zwei Jahren nach dem Besteuerungsstichtag vergünstigtes (produktives) Vermögen zu erwerben. Voraussetzung ist in diesem Zusammenhang, dass der Erwerber nachweisen kann, dass bereits der Erblasser einen vorgefassten Plan für diese Investitionen hatte.

· Neue Berechnung des Verwaltungsvermögens: Die neuen Regelungen bei der Erbschaftsteuer umfassen wesentliche Änderungen bei der Ermittlung und der Berechnung des Verwaltungsvermögens. Eine wichtige Rolle spielen dabei prozentuale Grenzen. Mit dem neuen Nettoverwaltungsvermögens-Prinzip muss der grundsätzlich begünstigungsfähige Unternehmenswert um die Werte der Wirtschaftsgüter gekürzt werden, die zum Verwaltungsvermögen gehören – wobei Schulden anteilig zugeordnet werden. Der verbleibende Wert ist das begünstigte Vermögen, das von den Verschonungsregelungen profitieren kann. Im Einzelnen bedeutet das:

o Nettoverwaltungsvermögen: Das Verwaltungsvermögen ist als Nettoverwaltungsvermögen zu berechnen, d.h. unter anteiligem Abzug von Schulden. Der Wert des Nettoverwaltungsvermögens wird bis zu einer Grenze von 10 % als sogenanntes unschädliches Verwaltungsvermögen in die Begünstigung einbezogen.

o Verbundvermögensaufstellung: Das Verwaltungsvermögen wird nicht mehr für jede Gesellschaft innerhalb einer Unternehmensgruppe, sondern über die gesamte Unternehmensgruppe einschließlich aller Tochtergesellschaften ermittelt. Diese sogenannte Verbundvermögensaufstellung ist insofern besonders relevant, da nach den alten Regelungen in Tochter- und Enkelgesellschaften bis zu 50 % Verwaltungsvermögen vorhanden sein durften, ohne dass dies der Begünstigung entgegenstand. Nunmehr wird das Verwaltungsvermögen auf unteren Ebenen transparent erfasst, und es erhöht so unmittelbar das relevante Verwaltungsvermögen.

o Von Vorteil ist, dass eine einhundertprozentige Freistellung von der Erbschaftsteuer (Vollverschonung) jetzt bereits möglich ist, wenn das Verwaltungs­vermögen im Verhältnis zum Wert des Unternehmens unter 20 % liegt. Vor der Reform galt dafür eine Grenze von maximal 10 %.

o Grundsätzliche Komplettversteuerung: Grundlegend neu ist, dass das Nettoverwaltungsvermögen im Grundsatz komplett versteuert werden muss. Ausgenommen ist nur der bereits genannte Unschädlichkeitsbetrag (10 % des um das Nettoverwaltungsvermögen bereinigten Unternehmenswertes). Wichtig ist, dass auch eine einhundertprozentige Vollverschonung nur für das begünstigte Betriebsvermögen gilt. Das Verwaltungsvermögen, das über den Unschädlichkeitsbetrag hinausgeht, muss in jedem Fall versteuert werden. Liegt der quotale Anteil des (Brutto)Verwaltungsvermögens über 90 % im Verhältnis zum Unternehmenswert, ist die steuerliche Begünstigung sogar insgesamt ausgeschlossen.

· Schwellenwerte mit besonderer Bedeutung: Um von den steuerlichen Vorteilen zu profitieren, muss der Erbe oder der Erwerber das Unternehmen weiterführen. Hier sind unverändert zwei Fortführungszeiträume von besonderer Bedeutung:

o Eine 85-prozentige Steuerbefreiung erhält in der Regel, wer sein Unternehmen fünf Jahre weiterführt.

o Die einhundertprozentige Freistellung (Vollverschonung) setzt dagegen eine siebenjährige Fortführung voraus.

Die Freistellungen sind aber in beiden Fällen an zwei weitere Kriterien gekoppelt. So dürfen die entnommenen Gewinne nicht zu hoch sein und Erbe oder Erwerber müssen die sogenannte Lohnsummenregelung einhalten. Bei der Lohnsummenregelung gibt es eine wesentliche Änderung für kleinere Unternehmen: Bei der Kontrolle der Lohnsummen müssen jetzt auch Unternehmen ab sechs Arbeitnehmern nachweisen, dass sie die Lohnsummen einhalten. Bislang galt diese Pflicht nur für Unternehmen mit mehr als 20 Arbeitnehmern.Ausgangsgröße ist jeweils die durchschnittliche Summe der Löhne der letzten fünf Jahre vor Übertragung. Kontrollmaßstab ist die Summe der Löhne und Gehälter innerhalb der Sperrfrist von fünf oder sieben Jahren.

· Die 26 Millionen Euro-Grenze für „Großerwerbe“: Die neu eingeführte Grenze für sogenannte Großerwerbe ist für manche Unternehmer besonders schmerzhaft: Sie besagt, dass eine steuerliche Freistellung nur bis zu einer Grenze von 26 Mio. Euro in Betracht kommt. Übersteigt der Wert des übertragenen Anteils diese Grenze, wird nahezu in jedem Fall Erbschaftsteuer fällig. Im Bereich zwischen 26 Mio. Euro und 90 Mio. Euro sinkt die Begünstigung von 85 oder 100 % linear bis auf null ab. Liegt der Wert des übertragenen Anteils über 90 Mio. Euro, ist keine Begünstigung möglich! Wichtig zu wissen, ist, dass bei Berechnung dieser Wertgrenzen alle Erwerbe innerhalb von zehn Jahren – auch rückwirkend – zusammengerechnet werden, nicht nur die einzelne Schenkung oder Erbschaft! Erben oder Erwerber, die die fällig werdende Erbschaft- oder Schenkungsteuer nicht in Gänze bezahlen können oder wollen, können eine sogenannte Verschonungsbedarfsprüfung beantragen. Dabei muss der Erbe oder Erwerber sein frei verfügbares Vermögen offenlegen und davon bis zu 50 % einsetzen, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer zu bezahlen. Reicht das frei verfügbare Vermögen dafür nicht aus, wird die Steuer anteilig erlassen. Als verfügbares Vermögen im Rahmen dieser Verschonungsbedarfsprüfung gilt übrigens nicht nur das Privatvermögen, sondern auch das übertragene nicht begünstigte Betriebsvermögen sowie weitere unentgeltliche Erwerbe der nächsten zehn Jahre nach Übertragung.

· Absenkung des Bewertungsfaktors: Die Änderung des Bewertungsgesetzes, durch die der steuerliche Wert der übertragenen Anteile sinkt, ist eine weitere wichtige Neuerung für nahezu jeden Unternehmer. Der Kapitalisierungsfaktor im sogenannten vereinfachten Ertrags­wertverfahren wurde von zuletzt 17,86 mit den neuen Erbschaftsteuer-Regelungen auf 13,75 gesenkt. Die Reduktion führt dazu, dass die Unternehmenswerte jetzt annähernd 25 Prozent niedriger liegen als in der Vergangenheit und dadurch häufig realistischer sind. Der reduzierte Kapitalisierungsfaktor ist aber auch für alle relevant, die zwischen dem 1. Januar 2016 – denn diese Regelung trat bereits ab dann in Kraft – und dem 1. Juli 2016 Unternehmensanteile übertragen haben. Denn damit ändert sich in diesen Fällen nachträglich auch die Berechnung der Verwaltungs­vermögensquote. Die Folge: Unter Umständen ist es nicht mehr möglich, die einhundertprozentige Freistellung zu erhalten. Deshalb sollte überprüft werden, ob durch diese rückwirkende Änderung die Verwaltungs­vermögensquote über die zehn bzw. 50 Prozent-Grenze ansteigt, die nach dem Erbschaftsteuergesetz kritisch ist. Hier hat der Gesetzgeber eine echte Rückwirkung geschaffen, die sich nicht in allen Fällen positiv auswirken wird.

· Sonderregelung für Familienunternehmen: Für Familienunternehmen gelten im Zusammenhang mit der steuerlichen Freistellung eine weitere Sonderregelung. Sie dürfen einen zusätzlichen Bewertungsabschlag von bis zu 30 % auf den Wert des begünstigten Unternehmensvermögens vornehmen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Gesellschaftervertrag / die Satzung drei Einschränkungen enthält:

  1. Übertragungen dürfen nur innerhalb des Gesellschafterkreises, an Angehörige oder Familienstiftungen erfolgen,
  2. Entnahmen bzw. Ausschüttungen müssen auf 37,5 % des steuerrechtlichen Gewinns beschränkt sein, der nach Zahlung persönlicher Steuern verbleibt und
  3. Abfindungen, die an ausscheidende Gesellschafter gezahlt werden, müssen auf Werte unterhalb des Verkehrswerts beschränkt sein.

Der bei der Bewertung gewährte Abschlag orientiert sich dann an dieser gesellschaftsvertraglichen Abfindungs­beschränkung – maximal beträgt er jedoch 30 % des steuerlichen Werts des Anteils. Dieser Bewertungsabschlag gilt aber in keinem Fall für das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen.Diese Bedingungen müssen zwei Jahre vor und 20 (!) Jahre nach der Übertragung eingehalten werden. Diese Sperrfrist entspricht nicht der gelebten Praxis und es ist fraglich, ob sich Erben so lange binden möchten. Bei einem Verstoß gegen eine der Bedingungen innerhalb der 22 Jahre fällt die Begünstigung rückwirkend – aber zinsfrei – weg, so dass die Bemessungsgrundlage der Steuer wieder auf den regulären Unternehmenswert ansteigt.

Die Änderungen im Erbschaft- und Schenkungssteuergesetz und die daraus resultierenden Herausforderungen zeigen: Bauunternehmer sollten sich so früh wie möglich mit den neuen gesetzlichen Regelungen beschäftigen. Nahezu unumgänglich ist es, eine vorsorgliche Prüfung der Vermögensstruktur und die Kalkulation einer potentiellen Steuerbelastung vorzunehmen. Aber auch Details wie beispielsweise die oben angesprochene Investitionsplanung gilt es in die Überlegungen einzubeziehen. Dennoch bleibt trotz aller Herausforderungen die gute Nachricht: Im Regelfall dürfte es bei Betriebsübergaben weiterhin wesentliche steuerliche Vorteile geben.

Der Autor ist Partner bei der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft im Bereich Familienunternehmen und verantwortlich für Erbschaftsteuer- und Nachfolgeberatung.

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