Gebäudeerweiterung des "Kindl"

Glasfassade auf den Punkt gebracht

Fassaden
Dank innovativer Fassadentechnik sind Unterkonstruktion und Befestigungssysteme der Gebäudeerweiterung des Kindl in Berlin quasi unsichtbar. Die Anbauten wirken nahezu wie aus einem einzigen Stück Glas. Foto: GIP Glazing

Berlin (ABZ). – Erst Bierbrauerei, jetzt Kunsthalle – dieser Wandel gelang bei dem "Kindl"-Zentrum für zeitgenössische Kunst in Berlin-Neukölln. Dabei wurde der ursprüngliche Industriecharme geschickt in eine moderne Gesamtaufmachung eingebunden. Ein Blickfang an der Ostseite des Museums ist das neue Treppenhaus aus Glas und Sichtbeton. Es ergänzt den Klinkerbau um eine futuristische Komponente. Der Anbau geht in ein transparentes Foyer über, das sich vor die Außenwand aus rotem Backstein legt. Moderne Fassadentechnik ermöglicht die besondere Wirkung und Sicherheit des neuen Eingangsbereichs.

Die ehemalige Kindl-Brauerei als Kunsthalle zu neuem Leben zu erwecken, war die Idee von Burkhard Varnholt und Salome Grisard Varnholt. 2011 erwarb das Kunstsammler-Ehepaar das Industriedenkmal und initiierte seine kulturelle Nutzung. Das Büro grisard'architektur ETH SIA aus Zürich, das die Bauherrin leitet, erstellte dabei den Entwurf und das Konzept für den Umbau. Der Ursprung des denkmalgeschützten Ensembles aus siebengeschossigem Turm sowie Kessel-, Sud- und Maschinenhaus reicht bis in die späten 20er-Jahre zurück. Die Gebäudegruppe wurde in Anlehnung an den deutschen Expressionismus in rotem Backstein errichtet. Von 1930 bis 2005 befand sich hierin die Brauerei für das bekannte Berliner Kindl-Bier. Nach jahrelanger Nutzung der Räume für Veranstaltungen, ist seit der Eröffnung im Oktober 2016 jetzt auf den drei Etagen des Maschinenhauses und im 20 m hohen Kesselhaus internationale Gegenwartskunst zu sehen.

"Unser Ziel war es, den expressionistischen, einer Kathedrale gleichenden Klinkerbau mittels einer attraktiven Ausleuchtung erneut zum Strahlen zu bringen, erklärt die Bauherrin Salome Grisard Varnholt. "Durch kontrastierende, expressive Neubauteile in Sichtbeton – wie dem Treppenhaus und der vorgelagerten Platzanlage – wollten wir diesen zusätzlich ergänzen. So sollte ein einzigartiger, neuer Ort für die Kunst geschaffen werden.

Verschiedene Zeugnisse aus dem frühen 20. Jahrhundert wurden mit modernen Stilelementen kombiniert. Ein Beispiel ist die Integration der sechs erhaltenen riesigen Kupferkessel – die einst größten Sudpfannen Europas – in das moderne Ambiente des neuen Cafe König Otto. Zum Tragen kommt dieses Konzept auch bei der Fassade: Bei dieser gehen die historischen roten Klinker eine einzigartige Verbindung mit neuen Elementen aus Glas und Sichtbeton ein. Zur Planung und Ausführung bündelten drei Unternehmen aus dem Bereich Fassadenbau und -technik ihre Kompetenzen. Die GIP Glazing GmbH (Braunschweig), die BGT Bischoff Glastechnik AG (Bretten) und die Fassadenexperten der fischer SystemTec GmbH (Waldachtal) realisierten das transparente Foyer und das scheinbar schwebende, gläserne Treppenhaus, das sich vom Keller bis zum Dachgeschoss erstreckt. Auf insgesamt 600 m² planten und montierten die Fachleute in einem Jahr und drei Monaten die Stahlbetonkubaturen von Foyer und Treppenhaus mit Glaselementen.

Die neue Structural Point Facade, die fischer, GIP Glazing GmbH und BGT Bischoff Glastechnik AG zusammen entwickelten, bildete die Grundlage für die Fassade. Als Tragwerk kommen so genannte Glasschwerter zum Einsatz. Dabei handelt es sich um transparente Aussteifungselemente als vertikale Glaspfosten mit äußerst schlanken Querschnitten und hoher Steifigkeit. Vom Boden bis zur Decke werden diese freitragend eingesetzt. In Verbindung mit den minimalistischen fischer Zykon Punkthaltern der fischer SystemTec GmbH erzeugt diese Verwendung von Glasschwertern statt Metallpfosten eine fließende, organische Kubatur. Diese Technik lässt die großflächigen Verglasungen wie eine einzige transparente Fläche wirken und eröffnet einen weiten, völlig störungsfreien Panoramablick über Berlin. Denn durch die spezielle Hinterschnitt-Technik mit entsprechender Lochbohrung im Glas sind die Anker nach außen hin unsichtbar und fixieren die Glaselemente zugleich sicher und fest am Tragwerk.

Als Verglasung kamen 62 Freiform-Elemente (Sonderanfertigungen) aus Verbundsicherheitsglas (VSG) zum Einsatz. Der Verbund wurde aus zwei Einscheiben-Sicherheitsgläsern (ESG) des Modells BI-Tensit der BGT Bischoff Glastechnik AG gefertigt. Dieses thermisch vollvorgespannte Glas bietet einen besonders hohen Widerstand gegen Stoß-, Schlag- und Biegebeanspruchung sowie thermische Belastung. Dank architektonischem Feingefühl werden Neu und Alt gekonnt in Beziehung gesetzt, ohne dass eines das andere dominiert. Die innovative Fassadentechnik ermöglicht hierbei die zurückhaltend-elegante und futuristische Gebäudeerweiterung, bei der sich das großformatige Glas wie eine zweite Haut vor die Klinkerwand legt.

ABZ-Stellenmarkt

Relevante Stellenangebote
Gerüstbauer mit Fahrerlaubnis C/CE, Sarstedt Heisede  ansehen
Leitung (m/w/d) der Abteilung Tiefbau, Pullach im Isartal  ansehen
Bauleiter und Oberbauleiter/in im Straßen- und..., Leipzig, Halle  ansehen
Alle Stellenangebote ansehen

Ausgewählte Unternehmen
LLVZ - Leistungs- und Lieferverzeichnis

Die Anbieterprofile sind ein Angebot von llvz.de

ABZ-Redaktions-Newsletter

Freitags die aktuellen Baunachrichten direkt aus der Redaktion.

Jetzt bestellen