Großes Leistungsspektrum

Linearverbau kommt bei Münchner Großprojekt zum Einsatz

München (ABZ). – Um die großen Abwassermengen im Münchner Westen und Südwesten noch besser ableiten zu können und das bestehende Kanalsystem im Bereich Pasing und Laim zu entlasten, ist in der Landsberger Straße im Auftrag der Münchner Stadtentwässerung ein neuer 2,2 km langer Abwasserkanal DN 3000 im Rohrvortriebsverfahren aufgefahren worden.
Kanalbau
Die gegenüberliegenden Schienen werden beim Linearverbau nicht durch gelenkige Spreizen miteinander verbunden, sondern durch einen biegesteifen, in der Breite veränderbaren Laufwagen auf dem gewünschten Abstand gehalten. Foto: Wayss & Freytag Ingenieurbau

Die von der Wayss & Freytag Ingenieurbau AG – Bereich Tunnelbau ausgeführte Baumaßnahme schließt die Lücke zwischen dem bereits 2012 fertiggestellten ersten Bauabschnitt im Bereich "Offenbachstraße" bis "Am Knie" und dem 2016 geschaffenen Teilstück am "Laimer Kreisel". Nach Abschluss der Vortriebsarbeiten erfolgte die Herstellung von 19 Einsteigschächten und drei Überleitungsbauwerken. Sie schaffen die Verbindung zwischen dem Bestandskanal und dem neuen Abwasserkanal. Bei der Sicherung der Baugruben entschied sich das ausführende Unternehmen für den e+s Linearverbau – ein Gleitschienensystem mit Stützrahmen –, der vor allem aufgrund seiner technologischen Leistungsparameter alle Anforderungen vor Ort erfüllen konnte. Beispielsweise im Hinblick auf die Tiefe der Baugruben und die enge Bebauung im innerstädtischen Bereich. Darüber hinaus konnte mit einer Kombination aus Linearverbau und hinter dem System zusätzlich geführten Dielen auch der Arbeitsraum neben den großformatigen Kanalrohren ausreichend gesichert werden.

Stauraumvolumen erforderlich

Als im April das 2400 km lange Kanalnetz von München um rund 2,2 km verlängert war, konnte Chris Hömberg, Bauleiter, Wayss & Freytag Ingenieurbau AG – Bereich Tunnelbau, auf ein planmäßig und bis auf Restarbeiten erfolgreich abgeschlossenes Großprojekt zurückblicken. In einem Zeitraum von nur sieben Monaten waren an sieben Tagen in der Woche und rund um die Uhr 735 Vortriebsrohre DN 3000 mit einer Baulänge von 3 m und einem Stückgewicht von 22 t eingebaut worden. Und das trotz schwieriger Bodenverhältnisse und für eine Innenstadtlage typischen aufwendigen Logistik. Die Umsetzung des Projektes war notwendig, da insbesondere im Münchner Westen neue Wohngebiete erschlossen werden und die Anforderungen an das Kanalnetz damit steigen.

Der 3 m unter Geländeoberkante liegende Bestandskanal, der die Abwasserströme aufnimmt, war hydraulisch nicht mehr ausreichend. Deshalb mussten mit Blick auf zunehmende Starkregenereignisse zusätzliche Stauraumvolumen geschaffen werden. Wenn in Zukunft der Pegel um 30 cm steigt, kann das Abwasser über die neuen Überleitungsbauwerke in den in 9 m Tiefe liegenden neuen Kanal abfließen.

Vielfältige Herausforderungen

"Der Auftraggeber hatte sich für ein grabenloses Verfahren entschieden, um den Verkehr auf der vielbefahrenen vierspurigen Landsberger Straße weitestgehend aufrechtzuerhalten und die Anwohner vor Lärm weitestgehend zu schützen", sagt Bauleiter Hömberg. Ähnliche Herausforderungen galt es bei der Herstellung der Einsteigschächte und Überleitungsbauwerke zu meistern, die den Altkanal mit den neuen Haltungen zukünftig verbinden. Neben der für ein innerstädtisches Baufeld typischen engen Bebauung waren es die Abmessungen der großdimensionierten Vortriebsrohre und die baulichen Anforderungen bei der Erstellung der Tangentialschächte, die besondere bauliche Maßnahmen erforderlich machten. Darüber hinaus galt es die schwierigen Bodenverhältnisse zu berücksichtigen: Im Bereich der Baumaßnahme sind die in München üblichen Bodenschichten aus Auffüllungen, quartären Kiesen und tertiären Sanden anzutreffen und die zu erstellenden Baugruben, Kanäle und Bauwerke befinden sich teilweise im Grundwasser.

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In rund 9 m Tiefe wurden nach abgeschlossenem Rohrvortrieb die Einstiegschächte und Überleitungsbauwerke errichtet. Um die Kombination aus Verbausystem und dahinter laufenden Dielen mit Blick auf die statischen Erfordernisse abzusichern, wurden neben den beiden Laufwagen zusätzlich zwei sogenannte Kopfverbau-Adapter in das Linearverbausystem integriert. Foto: Thyssenkrupp Infrastructure

Sinnvolle Alternative

"Bei der Sicherung der circa 4 mal 4 Meter großen und rund 9 Meter tiefen Baugruben für die Herstellung der Schachtbauwerke haben wir uns bewusst für das e+s Linearverbausystem von thyssenkrupp Infrastructure entschieden", erklärt Hömberg. Die Verwendung von Spundbohlen, die durch Rammen oder Vibrieren eingebracht werden, sei vor allem wegen der Tiefe der Baugruben und der engen Bebauung rund um das Baufeld nicht möglich gewesen. Neben zeitlichen und wirtschaftlichen Argumenten kam an dieser Stelle auch ein bedeutsamer technischer Aspekt zum Tragen: Im Gegensatz zum Rammen oder Vibrieren wird das Bauumfeld beim Einbringen des Linearverbaus deutlich weniger erschüttert.

"Unter diesen Gesichtspunkten stellt der Linearverbau bei diesem Projekt die Alternative zur Trägerbohlwand oder Spundwand dar", erläutert Matthias Schel, Fachberater Region West, thyssenkrupp Infrastructure. In senkrecht eingebauten Doppelgleitschienen werden innere und äußere Verbauplatten so gehalten, dass sie aneinander vorbeigleiten und auf die erforderliche Tiefe gebracht werden können. Zwei biegesteife, entsprechend der fortschreitenden Bautiefe höhenverstellbare Laufwagen halten Träger und Verbauplatten auf stets gleichem Abstand; die Grabenbreite bleibt in jeder Bauphase gleich. Auf diese Weise machte die Auswahl des Verbausystems ein effektiveres, schnelleres, qualitativ besseres und spürbar wirtschaftlicheres Arbeiten möglich. Dabei resultiert ein wesentlicher Vorteil des Systems aus der Konstruktion von Träger und Laufwagen: "Nur beim gestuften Linearverbausystem ist es möglich, die Verbauplatten von der Seite einzuschwenken", so Schel weiter.

In Längsrichtung des neuen Kanals konnten die Elemente des Verbausystems auf der vom Rohr abgewandten Seite unter Verwendung von 9,13 m langen Trägern bis zur Baugrubensohle eingebracht werden. Auf der anderen Seite endeten die 7,13 m langen Träger und die Verbauplatte direkt auf dem Vortriebsrohr – ebenso wie der Verbau auf den Kopfseiten, der ebenfalls nur bis zum Rohrscheitel der Vortriebsrohre eingebracht werden konnte. Um den verbleibenden Arbeitsraum, den in etwa 2,7 m hohen Bereich neben dem Rohrstrang bis zur Sohle ebenfalls zu sichern, entschlossen sich die Baupartner, hinter dem kopfseitigen Verbau Kanaldielen bis auf das Rohr und daneben bis zur Sohle einzubringen. Um diese Konstruktion mit Blick auf die statischen Erfordernisse entsprechend abzusichern, wurden neben den beiden Laufwagen zusätzlich zwei sogenannte Kopfverbau-Adapter in das Linearverbausystem integriert. "Das wurde notwendig, da die Laufwagen nur in Längsrichtung auf Druck und Zug und nicht horizontal belastet werden dürfen", erklärt Fachberater Schel.

Die Kopfverbau-Adapter werden wie die Laufwagen auch, im Profil der Linearverbauträger geführt, sind jederzeit in der Höhe verstellbar und schließen mit der kopfseitigen Kante des Verbausystems bündig ab. Eine temporäre Stütze zwischen Rohr und seitlicher Verbauwand sicherte die Kanaldielen in dieser Bauphase. Sie konnte nach der Betonierung einer 25 cm starken Sauberkeitsschicht wieder entfernt werden. Danach wurde die notwendige Anschlussbewehrung am Vortriebsrohr über 64 Anschlusseisen angebracht und ein Block anbetoniert. Mit einer Kernbohrung, die mit einem Durchmesser von 1,3 m durch den Betonblock in das Vortriebsrohr hergestellt wurde, war dann der tangentiale Einstieg geschaffen.

Bauleiter Hömberg beschreibt die Tiefbauarbeiten als technisch herausfordernd. Bei der Tiefe Geräte zu finden, mit denen man die erforderlichen Arbeiten noch handhaben kann, sei sehr anspruchsvoll gewesen, ebenso wie die logistischen Aspekte des Projektes oder auch die straffen Zeitpläne. Unter diesen Gesichtspunkten hat sich nicht zuletzt der Einsatz des Linearverbausystems bezahlt gemacht.

Darüber hinaus hat der Verbau auch zeitliche Vorteile gebracht. Drei komplette Systeme wurden auf der Baustelle vorgehalten. Während bei einer Baugrube der Verbau eingebracht wurde, wurde in der zweiten betoniert und in der dritten der Verbau bereits wieder gezogen. Diese Taktung hat ebenfalls dazu beigetragen, dass das knappe Zeitfenster eingehalten werden konnte.

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