Hauptstadtflughafen

Zwei weitere Affären aufgedeckt

BERLIN (dpa). - Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen, hat Helmut Schmidt mal gesagt. Bei allem Respekt vor dem Altkanzler, eine Stadt wie Hamburg, seine Heimatstadt, braucht Visionen, um fit für die Zukunft zu sein. Sie muss sich für Neuerungen wappnen, vorbereitet sein auf veränderte Ansprüche der Menschen in der Großstadt von morgen.

Um den neuen Hauptstadtflughafen ranken sich zwei weitere Affären. Möglicherweise sensible Bauunterlagen lagen frei zugänglich auf Abfallcontainern im Berliner Stadtteil Lichtenberg herum – und einer der Planer für die fehlerhafte Brandschutzanlage gab sich zeitweise zu Unrecht als Ingenieur aus.

Der Betreiber des BER erstatte nach dem Fund zahlreicher Ordner mit Dokumenten des drittgrößten deutschen Airports Anzeige gegen Unbekannt. "Offensichtlich stammen die Akten aus einem Planungsbüro, das früher für die Flughafengesellschaft arbeitete", teilte Flughafensprecher Ralf Kunkel mit. Er sprach von einem eklatanten Verstoß gegen vertragliche Pflichten und einem Bruch der Vertraulichkeit. Die Ordner waren auf einer Straße im Bezirk Lichtenberg entdeckt und von der Polizei abgeholt worden. Der Fundort liegt in der Nähe des früheren Standorts der JSK Architekten. Das Büro hatte in der Planungsgemeinschaft PG BBI gemeinsam mit dem Hamburger Büro des Flughafen-Architekten Meinhard von Gerkan, GMP, auf der Baustelle gearbeitet. Nach der geplatzten Eröffnung wurde die PG BBI entlassen, JSK meldete im vergangenen Herbst Insolvenz an. Nach Informationen der "B.Z." handelt es sich bei den Unterlagen um Planungs- und Kontrollberichte der Architektengemeinschaft. Sie enthielten demnach detaillierte Angaben etwa zu Fahrstühlen und Starkstromanlagen sowie Grundrisse des Fluggastterminals. Medienberichten zufolge nahmen Passanten Ordner aus den Containern mit, bevor die Polizei die Unterlagen abholte. Die Beamten machten zum Inhalt am Dienstag keine Angaben. Die Auswertung dauere an, sagte eine Sprecherin.

Für ein Unternehmen der Architektengemeinschaft, die Ingenieurgesellschaft Kruck, arbeitete mehrere Jahre lang auch Alfredo di Mauro. Er hat die Brandschutzanlage mitgeplant, wegen der die Eröffnung des Flughafens 2012 geplatzt war. Der gelernte technische Zeichner hat sich dabei teils als Ingenieur ausgegeben, wie er der Nachrichtenagentur dpa sagte.

"Ich hatte Visitenkarten, wo das drauf stand. Das war ein Fehler", sagte di Mauro. Das Magazin "Stern" hatte darüber berichtet. "Die haben mich alle für einen Ingenieur gehalten. Ich habe da nicht widersprochen", meinte di Mauro. Auch Gerkan-Sprecher Michael Kuhn bestätigte: "Er wurde uns damals als Ingenieur vorgestellt."

Di Mauro hob hervor, dass er faktisch Ingenieurleistungen erbracht, die Brandschutzanlage aber nicht allein geplant habe. Daran seien 40 bis 50 Fachleute beteiligt gewesen. Flughafensprecher Kunkel wollte die Personalangelegenheit nicht kommentieren. Di Mauro und der Flughafen streiten seit Wochen über die Brandschutzanlage. Der Betreiber spricht von Planungsfehlern und bezeichnet sie als nicht funktionsfähig. Di Mauro widerspricht dem.

Zugegeben: Veränderungen einer Stadt bringen nicht nur Zustimmung der Bevölkerung mit sich. Große Bauvorhaben wie Stuttgart 21 haben gezeigt, wie wichtig es ist, die Bürger mit ins Boot zu holen. In Hamburg scheint es jetzt genauso zu laufen. Insgesamt ist Großes geplant: Vom nördlichen Ausgang des Elbtunnels bis zum Bordesholmer Dreieck, über 80 km also, soll die Verkehrstraße erneuert werden. Unter anderem werden die Spuren von sechs auf acht bzw. von vier auf sechs erhöht.

Nach vielen Diskussionen im Vorfeld steht jetzt fest, Anfang September startet in Hamburg-Schnelsen der Bau des ersten von drei Lärmschutzdeckeln über der Autobahn 7. Damit ist der Weg frei für den ersten Teil des größten norddeutschen Straßenbauprojektes der kommenden zehn Jahre. Insgesamt ist auf dem Hamburger Gebiet die Errichtung von drei Lärmschutzdeckeln vorgesehen – Schnelsen, Stellingen und Altona. Geplant ist, die erste Tunnelröhre in Schnelsen bis 2016 fertig zustellen.

Eine Vision scheint Wirklichkeit zu werden: Die Autobahn verschwindet "unter der Erde". Tunnel werden die Teilung von Hamburgs Westen halbwegs vergessen lassen. Ihre Deckel sollen für Parks und Kleingärten genutzt werden. Dieses Beispiel zeigt – das sollte auch für andere Großbauprojekte gelten – dass es besser ist, sich auf Machbares zu konzentrieren. Auf Visionen mit Augenmaß sozusagen. Mit denen könnte sicherlich auch Helmut Schmidt leben, ohne gleich den Arzt zu bemühen.

RAINER OSCHÜTZ

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