Interview mit Dietmar Müller, Geschäftsführer von Algeco Deutschland

Komplette Bauprojekte emissionsarm gestalten

Algeco sieht sich als Spezialist für modulares Bauen und ist auch als Vermieter aktiv. Dietmar Müller, Geschäftsführer von Algeco Deutschland, erläutert im Gespräch mit dem ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Faiga unter anderem, warum das Thema Nachhaltigkeit für das Unternehmen eine große Rolle spielt.
Algeco Mobile Raumsysteme
McDonald's erstes Net-Zero-Restaurant wurde in Market Drayton, England, aus Raummodulen von Algeco gebaut.

ABZ: Herr Müller, für das laufende Jahr 2023 gehen die Spitzenverbände von einem Umsatzrückgang im Baugewerbe aus. Der Einbruch im Wohnungsbau beherrscht die Medien. Wie schätzen Sie die aktuelle Marktentwicklung ein?

Müller: Algeco engagiert sich nicht im Wohnungsbau. Wir arbeiten natürlich mit denselben Baufirmen, die auch Wohnungen bauen, sind aber selbst relativ selten involviert. Sicherlich lässt sich sagen, dass die Bauwirtschaft in Deutschland zumindest in diesem Jahr sehr stark eingebrochen ist. Als Spezialist für modulares Bauen sehen wir das in unserem Vermietungsgeschäft und teilweise auch in unseren Verkaufszahlen. Da werden sich sicher Verschiebungen ergeben. Aber wir stimmen nicht der Aussage zu, dass die gesamte Bauwirtschaft eingebrochen ist, da wir in bestimmten Segmenten sowohl auf der Auftragsseite als auch auf der Projektseite eine sehr hohe Nachfrage haben.

ABZ: Wie verläuft die Geschäftsentwicklung bei Algeco?

Müller: In diesem Jahr haben wir sicherlich nicht mehr so viel Rückenwind. Wenn die Bauwirtschaft irgendwo Probleme hat, kommen wir im weitesten Sinne sehr stark mit Baukunden und Projekten in Berührung. Wir sehen aber weiterhin eine sehr gute Nachfrage aus der öffentlichen Hand, zum Beispiel im Bereich Bildungsbauten und Kindergärten. Und wir spüren erfreulicherweise auch wieder eine Konjunkturerholung. Unsere großen Kunden, speziell im Automobilbereich, fangen wieder an zu investieren, beziehungsweise sie aktualisieren ihre Planungen. Insgesamt kommen wir relativ gut durch dieses Jahr, es ist zwar härter geworden, aber dann muss man mehr kämpfen.

ABZ: Sie sind Geschäftsführer in Deutschland, gilt Ihre Betrachtung auch für den internationalen Markt?

Müller: In den einzelnen Ländern, die wir bei Algeco noch außer Deutschland betreuen, ist die Entwicklung sehr unterschiedlich. Zum Beispiel kommen wir in Skandinavien sehr gut voran, dort gibt es viele große Projekte zum Thema Accommodation, also Übernachtungseinheiten. Ebenso erfreulich läuft es in den Niederlanden und in Belgien. In Osteuropa dagegen herrscht erhebliche Unsicherheit, dort haben wir mit großen Schwächen durch den Krieg in der Ukraine zu kämpfen. Aber es ist durchaus eine interessante Marktentwicklung in den einzelnen Segmenten. Es entwickelt sich alles weiter, nicht mehr so schnell wie in den vergangenen Jahren, aber es geht trotzdem nach vorn.

ABZ: Das Thema Nachhaltigkeit ist derzeit ein Makrotrend, auch im Baugewerbe. Algeco bewirbt seine Produkte seit jeher als nachhaltig und prägte den Begriff zirkuläres Bauen. Was steckt dahinter beziehungsweise hinter der von Algeco beworbenen intelligenten Kreislaufwirtschaft?

Müller: Algeco denkt seit jeher in intelligenten Kreisläufen, unsere Raumlösungen basieren ja bekanntlich auf einem modularen Prinzip. Dadurch können wir Bauteile, Materialien und Rohstoffe mehrfach nutzen und am Ende ihres Lebenszyklus fast vollständig recyceln. Darüber hinaus lassen sich unsere raumflexiblen Gebäude nicht nur multifunktional, sondern auch mehrfach nutzen – bei nur minimalen Umbaumaßnahmen. Was heute eine Kita ist, kann morgen ein Büro oder eine Wohnanlage für Studierende werden. Das ist mit unseren Konfigurationen jederzeit möglich, natürlich immer unter Einhaltung der einschlägigen Bauvorschriften und Arbeitsstättenrichtlinien.

Schon seit mehreren Jahren versuchen wir, das gesamte Unternehmen auf einen grünen Kurs auszurichten. Unser Mutterkonzern hat sich verpflichtet, bis zum Jahr 2050 Net Zero in der gesamten Wertschöpfungskette zu erreichen. Dafür investiert die Modulaire Group im großen Umfang in umweltfreundliche Treibstoffe, in Photovoltaikanlagen und weitere Maßnahmen, die den CO2-Ausstoß verringern.

Der größte Teil unseres Geschäfts umfasst die Vermietung von Produkten, die auf Stahl basieren. Und Stahl ist von der Herstellung her sehr emissionsarm. Zudem schreiben wir immer mehr im Bereich Green Steel aus. Darüber hinaus nutzen wir unsere Container im Schnitt rund 30 Jahre und können in dieser Zeit 20 bis 25 Vermietungen realisieren, sodass die Container nach Reinigung, Aufarbeitung und Neu-Konfiguration sehr häufig bei den Kunden aufgestellt werden. Zum Vergleich: Bei festen Gebäuden entstehen hohe Kosten und hohe Emissionen in der Bauphase und später beim Abriss. Das gibt es bei uns nicht. Zudem sind bei einem Container, wenn er nicht mehr zu gebrauchen ist, rund 96 Prozent der Materialien recyclingfähig. Großen Wert legen wir im Konzern auch darauf, dass während der Nutzungszeit oder der Wiederaufbereitung unserer Container kein Material verschwendet wird. Recyclingfähigkeit ist bei uns gelebte Wirtschaft. Und selbst die Gebäude, die wir verkaufen, beruhen auf der Stahlrahmenbauweise und lassen sich jederzeit wieder in neuen Konfigurationen weiternutzen.

ABZ: Das verstehen Sie auch unter langfristiger Nachhaltigkeit?

Müller: Ja, das ist so. Nachhaltigkeit ist ein wesentlicher Teil unseres Markenkerns und ein integraler Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie. Ebenso wie unser Mutterkonzern haben wir uns das ehrgeizige Ziel gesetzt, bis 2050 Net Zero zu erreichen, also netto null Treibhausgase auszustoßen. Dieses Ziel bezieht sich auf unsere gesamte Lieferkette und schließt auch die Emissionen unserer Kundinnen und Kunden sowie Lieferanten ein. Durch langfristiges, nachhaltigkeitsorientiertes Handeln möchten wir unsere eigene Zukunftsfähigkeit und die der ganzen Gesellschaft verbessern.

Unsere Recyclingquote ist bereits heute enorm hoch, und man könnte die Stahlrahmen durchaus noch länger nutzen. Die Entwicklung ist besonders in diesem Bereich sehr dynamisch. Wir sind auch getrieben von sehr unterschiedlichen Vorschriften in den verschiedenen Bundesländern. So sind die Auflagen in Städten und auch im Freistaat Sachsen höher als in anderen Bundesländern, wobei dann die Kosten für Baugenehmigungen immer wieder eine große Herausforderung sind.

ABZ: Was sind die Hauptvorteile einer modularen Bauweise?

Müller: Der große Vorteil ist, dass im Prinzip mehr als zwei Drittel der Wertschöpfung im Werk stattfindet. Gleichzeitig können wir auf den vorgesehenen Baugründen bereits die notwendigen Vorbereitungen treffen. Wir sparen also die Nacheinander-Erstellung, wenn wir ein modulares Bauwerk oder eine Anlage aus Mietmodulen errichten. Nachdem wir unsere Gebäude im Werk vormontiert haben, liefern wir sie auf die Baustelle, wo in der Zwischenzeit schon die Fundamente und die Anschlüsse hergestellt wurden. Der komplette Anteil, der bei üblichen Baustellenphasen dazugehört, fällt weg.

Kurz gesagt – wir kommen auf die Baustelle, stellen die Module auf und vier Wochen später kann man einziehen. Das ist bei einer konservativen Baustelle nicht möglich, da kann man vielleicht sechs Monate später einziehen. Wir benötigen in den Werken im Vorlauf acht Wochen, dann kommen wir auf die Baustelle. Parallel können Baugenehmigungen schon vorbereitet werden. Das heißt, die gesamte Bauphase ist wesentlich kürzer. Das ist wirtschaftlicher, emissionsfreundlicher und natürlich auch preiswerter.

ABZ: Die Bundesbauministerin möchte das serielle Bauen unterstützen. Sehen Sie das als Wettbewerb?

Müller: Also generell sind der private Wohnungsbau und der Sozialwohnungsbau zurzeit nicht Teil unserer Überlegungen. Wir reden gern von Urban Densification, also von Nachverdichtung in der Stadt. Dazu zählt zum Beispiel, dass bei den großen Wohnungsbaugesellschaften einfach Gebäude durch modulares Bauen aufgestockt werden können. Da ist sowohl in Stahlrahmen- als auch in Holzrahmenbauweise möglich. Ich glaube, dass das ein Riesenmarkt ist, der im Augenblick aber nicht zur Strategie von Algeco zählt. Es ist letztlich eine sehr, sehr energieoptimierte Bauweise, überaus preiswert und schnell. Voraussetzung ist, nicht in jeder Gemeinde unterschiedliche Gegebenheiten vorzufinden, sondern wirklich hohe Stückzahlen zu erreichen.

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Dietmar Müller ist Geschäftsführer von Algeco Deutschland Fotos: Algeco

ABZ: Unternehmen tun sehr viel, um ihren CO2-Fußabdruck zu verringern. Welche Rolle spielt das Thema bei Algeco?

Müller: Das ist ein Riesenthema für uns, wie eingangs schon angedeutet. Wir sind diesbezüglich im Konzern sehr engagiert und haben vieles umgesetzt. Wir verwenden an mehreren Standorten bereits Elektro-Gabelstapler und stellen unseren Fahrzeugspool allmählich auf E-Fahrzeuge um. Zurzeit testen wir auch entsprechende Transporter. Darauf legen wir ohnehin viel Wert. Als Nächstes starten wir eine Initiative, um intelligenter zu transportieren. Gerne würden wir auch in Wasserstoff investieren und unsere Transport-Lkws umrüsten, sobald Möglichkeiten dafür entstehen.

Aber unabhängig davon unternehmen wir alles, um Emissionen zu reduzieren. Wir rüsten etwa unsere Höfe mit Fotovoltaikanlagen aus und weisen darauf hin, das Licht auszuschalten, wenn ein Raum verlassen wird. Wir machen das im Kleinen wie im Großen mit großer Leidenschaft. Auch unser Investor steht voll dahinter, es gibt bereits einen Green Bond, mit dem wir uns auch finanziert haben. Und seit anderthalb Jahren haben wir auch eine professionelle Nachhaltigkeitsmanagerin im Team, die uns in dieser Hinsicht wirklich vorantreibt und mit ihrem Know-how unterstützt.

ABZ: Algeco hat jüngst ein Bauwerk mit "Netto-Null-Emissionsstandard" errichtet. Was bedeutet das?

Müller: Das wäre ohne unsere Bauweise gar nicht gegangen. Es ging ja darum, dass das komplette Bauprojekt inklusive Lieferkette emissionsarm sein musste – und das ist natürlich was anderes. Unsere Kollegen in England hatten eine Offsite-Installation für McDonald's, und sie haben das in Zusammenarbeit mit dem Kunden wirklich auf ein ganz anderes Niveau gehoben. Sowohl beim Bau als auch im täglichen Betrieb überzeugt das errichtete Schnellrestaurant mit einem Netto-Null-Emissionsstandard.

Die Raummodule kamen von Algeco, isoliert mit britischer Schafwolle statt Mineralwolle. Alle Installationen wurden vom Material her überprüft, was man da im Hinblick auf die Emissionen machen kann. Im modularen Bauen lässt sich ein Net-Zero-Projekt zu vernünftigen Kosten komplett darstellen. Aber auch der Kunde muss es gutheißen. Ohne die enge Zusammenarbeit mit ihm können solche Projekte nicht entstehen.

Das ist ein Punkt, den unsere Kollegen in England wirklich vorbildlich umgesetzt haben. In dem Bauprojekt steckt eine Wahnsinnstechnologie, bei den Materialien wurde alles ausgereizt, was möglich war. Wir arbeiten zudem daran, solche Bauten auch in Holz zu erstellen, das wird allerdings noch etwas dauern. Aber ein Werk im Konzern eröffnet uns jetzt die Möglichkeit, Stahlrahmen und Holz zu kombinieren. Inzwischen haben wir bereits mehrere Net-Zero-Gebäude fertiggestellt.

ABZ: In welchen Marktsegmenten wollen Sie mit Algeco weiter wachsen beziehungsweise welche wollen Sie neu erschließen?

Müller: Wir werden uns im Mietgeschäft weiter auf die Zusammenarbeit mit der öffentlichen Hand konzentrieren, also die Bereiche Bildungsbau und Notunterkünfte. Im Verkaufsgeschäft werden wir weiter auf die Stahlrahmenbauweise setzen. Gleichzeitig gehen wir immer stärker dazu über, umweltfreundliche Materialien und Recyclingmaterial im Innenausbau zu verwenden.

Im nächsten Schritt werden wir Holzmodule auf dem deutschen Markt anbieten, ausgehend von unserem Werk in Estland. Dafür gibt es ein Industrialisierungsprojekt. Ebenso werden wir verstärkt im Verkaufsbereich auf Holz setzen, um aus eigenem Antrieb heraus für eine ökologische Bauweise zu stehen. Wir sind der festen Überzeugung, dass der Stahlmodulbau schon eine wesentlich bessere Initiative ist als der Betonbau. Aber auch da geht noch mehr. Sie können sicher sein: Wenn es noch bessere Wege gibt, werden wir die auch gehen. Die Verpflichtung zu Net Zero 2050 werden wir mit Sicherheit einhalten.

Unser Vermietungsgeschäft in Deutschland wird sich sehr gut weiterentwickeln. Es gibt genug Möglichkeiten und sehr großes Interesse.

Viele Leute fragen im Augenblick, vielleicht auch marktgetrieben, wofür muss ich Geld ausgeben, wenn ich mieten kann? Wir sind als Unternehmen total davon überzeugt, dass Bauen nur umweltfreundlich geht. Und das können wir mit unserer Bauweise, unseren Miet- und Verkaufsprojekten sehr überzeugend umsetzen.

ABZ: Welche Ziele haben Sie sich für das aktuelle Geschäftsjahr gesetzt?

Müller: Wir haben dieses Jahr unserem Vorstand ein solides Wachstum versprochen. Das werden wir auch erreichen. Zudem stellen wir wie zugesagt unsere Depots umweltfreundlich um. Intern haben wir sehr hohe Anforderungen an die Rechts- und Arbeitssicherheit, das sind für mich mit die wichtigsten Komponenten bei uns. Und wir wollen vor allem unsere Entwicklung im Bereich der Containerbauweise weiter fortsetzen. Mittlerweile können wir schon im Werk die Designs und Ausstattungen für unsere Kunden umsetzen.

Das wird uns auf unserer Reise zu Net Zero sehr stark unterstützen. Insgesamt gesehen wollen wir weiterwachsen, auch durch Akquisitionen, und dabei unseren Fokus auf Qualität, Arbeitssicherheit und Nachhaltigkeit konsequent beibehalten.

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