Kommentar

Rote Karte

von: Kai-Werner Fajga
"Schleswig-Holstein wird den Pilotversuch zum E-Highway auf jeden Fall bis zum Projektende 2024 weiterführen", hieß es jüngst aus dem Umweltministerium Schleswig-Holstein. Erst wenn genügend Daten vorlägen, sei eine Entscheidung über Fortführung oder Abbruch des Projekts auf der Autobahn zwischen Lübeck und Hamburg-Reinfeld möglich.

Ganz anderer Meinung ist da der Steuerzahlerbund Schleswig-Holsteins, der das Experiment schlichtweg als gescheitert ansieht und ein Ende des Feldversuchs fordert.

Wir erinnern uns: Vor rund drei Jahren startete der Bund drei Pilotprojekte für Autobahnabschnitte in Hessen, Baden-Württemberg und dem nördlichen Bundesland, auf denen elektrische Oberleitungen für Lkw installiert wurden. Hybrid-Lkw sollten auf diesem Wege den CO2-Ausstoß verringern und – zumindest auf den Autobahnabschnitten – elektrisch angetrieben werden. Experten hatten schon zu Beginn des Projekts kritisch geäußert, dass die Einsparungsmöglichkeiten über die verwendeten Technologien begrenzt seien, die Flexibilität der Fahrzeuge geringer sei und dass das Gefahrenpotenzial an den Autobahnen durch die installierten Masten erheblich ansteige.

Das Urteil des Steuerzahlerbunds fällt heute ähnlich vernichtend aus: Technisch habe sich die Technik zwar als machbar erwiesen, doch an der Wirtschaftlichkeit gebe es erhebliche Zweifel, sagte der Geschäftsführer des Bundes der Steuerzahler Schleswig-Holstein, Rainer Kersten. "Angesichts der europaweiten Transportströme müssten sonst große Teile des europäischen Autobahnnetzes mit Oberleitungen versehen werden", sagte er.

Diese Erkenntnis hätte das Umweltministerium Schleswig-Holsteins sicherlich auch ohne das Lkw-Projekt herleiten können, denn im Jahr 2008 ist die Bahnverbindung zwischen den Metropolen Lübeck und Hamburg mit einer Oberleitung versehen worden. Warum die seit den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts erwünschte Elektrifizierung der stark frequentierten Bahn-Hauptstrecke erst 2005 umgesetzt wurde? Wegen der hohen Baukosten von Bahn-Oberleitungen. 165 Millionen Euro schlugen für 85 Kilometer Bahnstrecke letztlich zu Buche, der Bahn war das jahrzehntelang zu teuer, sie ließ weiter Dieselzüge fahren. Wer jetzt meint, da würden Äpfel mit Birnen verglichen: Bisher wurden laut Medienberichten für die E-Oberleitungsprojekte rund 190 Millionen Euro von der Bundesregierung ausgegeben – für insgesamt rund 50 Kilometer Testrecken.

Laut Experten müssten etwa 4000 Autobahn-Kilometer mit Oberleitungen ausgebaut werden, damit das Konzept seine volle Wirkung entfalten könne. Laut Bundesumweltministerium mindestens 1000 Kilometer.

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Autor

Kai-Werner Fajga

Chefredakteur Allgemeine Bauzeitung

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