Kommentar

Überholt

von: Kai-Werner Fajga
Wenn diese ABZ vorliegt, wollen die obersten Verantwortlichen für Infrastrukturentwicklung in Deutschland, namentlich Verkehrsminister Wissing und Umweltministerin Steffi Lemke, die Quadratur des Kreises bereits erledigt haben.

Wissing fordert, dass der Neu- und Ausbau von Straßen künftig als überragendes öffentliches Interesse eingestuft wird, damit Projekte schneller realisiert werden können. Lemke hält dagegen, dass dies dem Umweltschutz schade, Autobahnen dienten nicht der Erreichung der Klimaziele, das Gegenteil sei der Fall.

Nun soll eine Entscheidung her. Um seinen Forderungen Nachdruck zu verleihen, warnte der Minister jüngst in Boulevard- und sozialen Medien, dass eine Überlastung von Straßen in Deutschland drohe, weil der Verkehr weiter zunehme. Er befürchte Zustände wir bei der Bahn, überlastete Autobahnen müssten daher verbreitert werden. Der Autoverkehr – auch der private – solle nicht eingeschränkt werden. Mehr noch – es werde mehr Verkehr geben (50 Millionen Tonnen in 2023) und alle müssten damit umgehen – sonst stehe die Wirtschaft still und der Verlust von Arbeitsplätzen drohe.

Schwerere Geschütze hätte der Minister kaum auffahren können. Allerdings: Dass die Wirtschaft tatsächlich still steht, wenn der Verkehr auf Deutschlands Autobahnen um etwas mehr als ein Prozent zunimmt, denn so viel machen die 50 Millionen Tonnen anteilig aus, darf sicher bezweifelt werden. Ebenso, dass gleich Arbeitsplätze verloren gehen. Dass Straßen in Deutschland heute schon überlastet sind weiß jeder, der am Berufsverkehr teilnimmt. Berufskraftfahrer wie auch Nutzer des Schienengüterverkehrs würden es sicher mehr schätzen, wenn alle maroden Straßen, Autobahnen (und -brücken) und Schienenwege schleunigst repariert werden würden.

Der sehr ähnliche Slogan "freie Fahrt für freie Bürger" war zuletzt 1974 nach der Ölkrise vom ADAC postuliert worden, um gegen ein generelles 100-Kilometer-pro-Stunde-Tempolimit auf Autobahnen anzukämpfen. Seither hat sich der Güterverkehr in Deutschland mehr als vervierfacht, das Autobahnnetz wuchs von 6000 auf heute knapp 14.000 Kilometer an und ist nach China, den USA und Spanien das viertlängste Netz der Welt. Vor diesem Hintergrund und in Deutschland nur begrenzt zur Verfügung stehenden Flächen, mutet die Haltung, den Autoverkehr weiterhin ungezügelt wachsen zu lassen, schon etwas überholt an.

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Autor

Kai-Werner Fajga

Chefredakteur Allgemeine Bauzeitung

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