Neue Industriepolitik für Deutschland verlangt

Die Gefahr der Deindustrialisierung

Berlin (dpa). – Die deutsche Wirtschaft sieht die zunehmende Gefahr einer schleichenden Deindustrialisierung in Deutschland – mit möglichen Folgen für viele Jobs. Industriepräsident Siegfried Russwurm sagte gegenüber Medien in Berlin, der Standort Deutschland habe zahlreiche "Handicaps" und verliere an Wettbewerbsfähigkeit. DIHK-Präsident Peter Adrian warnte vor einer zunehmenden Verlagerung von Produktion ins Ausland.

DGB-Chefin Yasmin Fahimi kündigte an, die Gewerkschaften würden die Fragen, wie wettbewerbsfähige Industrie-Strompreise sichergestellt werden könnten, ganz vorn auf die Tagesordnung in den Gesprächen mit der Bundesregierung setzen. "Je tiefer die Schnitte in die Wertschöpfungskette werden, je mehr Unternehmen der Wertschöpfungskette Deutschland verlassen, desto dramatischer wird der Dominoeffekt sein", sagte Fahimi.

Der Chef der Gewerkschaft IG BCE, Michael Vassiliadis, hatte eine rundum neu entwickelte Industriepolitik für Deutschland und Europa verlangt. Nur so ließen sich die nötigen Anreize für ökologisch tragfähige Investitionen sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen schaffen – und weitere Abwanderungen etwa nach China oder in die USA verhindern.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatte eine aktivere Industriepolitik Deutschlands und der EU angekündigt. Er sagte Ende November auf einer Industriekonferenz, das nächste Jahr stehe im Zeichen der Industriepolitik. Ziel sei es, die Standortsicherheit auszubauen und den grundlegenden Wandel hin zu einer klimaneutralen und digitalen Wirtschaft voranzutreiben.

Hintergrund ist auch das US-Inflationsbekämpfungsgesetz, das milliardenschwere Investitionen in den Klimaschutz vorsieht. Subventionen und Steuergutschriften sind daran geknüpft, dass Unternehmen US-Produkte verwenden oder selbst in den USA produzieren. Daran gibt es viel Kritik in Europa, wo man Nachteile für heimische Unternehmen befürchtet. Adrian sagte: "In Amerika betragen die Strompreise ein Fünftel dessen, was wir jetzt hier in Deutschland aufbringen. Beim Gas ist es derzeit ein Siebtel." Eine Abwanderung von Industrieproduktion ins Ausland sei ein schleichender Prozess. "Wir werden einen Strukturwandel unserer Wirtschaft erfahren."

Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, bezeichnete gegenüber Medien die Warnungen der Industrie vor einer möglichen Deindustrialisierung als "Schreckgespenst, das aufgebaut wird, um der Politik Geld aus den Rippen zu leiern". Er sehe ein Risiko, dass energieintensive Unternehmen pleitegehen oder abwandern könnten.

"Es wäre wahrscheinlich auch ohne Energiepreis-Schock unvermeidbar gewesen. Denn Deutschland hat bisher noch nie einen Kostenvorteil bei Energie gehabt. Ich bin sehr optimistisch, dass unsere Industrie diesen Schock gut wegstecken kann", sagte Fratzscher.

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