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Welchen Vertrag nach neuem Bauvertragsrecht abschließen:BGB-Vertrag oder VOB-Vertrag?

von: Rechtsanwalt Johannes Jochem
Rechteck Recht und Normen

Darum geht's: Bisher war landläufige Meinung, der VOB-Vertrag (also ein Bauvertrag unter ausdrücklicher Einbeziehung der VOB/B als allgemeine Geschäftsbedingung (AGB)) unterscheide sich vom BGB-Vertrag (also einem Bauvertrag ohne diese AGB) vor allem durch die unterschiedliche Verjährung der Gewährleistungsansprüche (vier Jahre oder fünf Jahre). Baujuristen wussten, dass die VOB/B ein in einem Gremium (DVA) zwischen institutionellen Auftraggebern und der Bauwirtschaft ausverhandeltes Regelwerk war, das im Bundeanzeiger veröffentlicht wurde und deswegen gegenüber Kaufleuten als AGB "einfach so" vereinbart werden konnte. Die Existenz dieses Gremiums (in Gestalt eines nichtrechtsfähigen Vereins) begründete sich auf die Erkenntnis, dass das allgemeine Werkvertragsrecht des BGB für die speziellen Erfordernisse der Baupraxis keine ausreichende Regelungsgrundlage war. Vereinssatzungsgemäß soll das Gremium die Grundsätze für die sachgerechte Vergabe und Abwicklung von Bauaufträgen erarbeiten und weiterentwickeln.

Mit der Reform des Bauvertragsrechts zum 1. Januar 2018 hat der Gesetzgeber nun zumindest einige spezielle Regelungen geschaffen, sodass sich für Auftragnehmer die Frage stellt, ob sie in ihren Verträgen die VOB/B noch vereinbaren wollen. Gegenüber Privatleuten und Verbrauchern ist dies nach wie vor nur möglich, wenn ihnen mit Vertragsschluss ein Exemplar des Textes der VOB/B mit allen 18 Paragrafen übergeben wird. Zudem besteht dann die richterliche AGB-Wirksamkeitskontrolle (Inhaltskontrolle). Für Auftraggeber stellt sich die Frage gleichermaßen, nur nicht für öffentliche Auftraggeber (und ggf. bezuschusste private Auftraggeber), die aufgrund der Gesetze des Haushaltsrechts (ggf. aufgrund Zuwendungsbescheiden) die VOB/B als AGB vereinbaren müssen.

Folgen für die Praxis: Mancher Handwerker verlangt von sich aus die Geltung der VOB/B als AGB, weil im Computerprogramm zur Erstellung der Leistungsverzeichnisse standardmäßig ein entsprechender Satz enthalten ist: "Es gilt die VOB/B in der jeweils neusten Fassung." Die Unterschiede zwischen BGB- und VOB/B-Vertrag sowie Vor- und Nachteile sind dann nicht hinterfragt.

Die VOB/B enthält mehr Spezialregelungen zu der Baupraxis als das neue Bauvertragsrecht. Einige VOB/B-Regeln benachteiligen den Auftragnehmer, woran er insbesondere gebunden ist, wenn er selbst die VOB/B als AGB verlangt. Unterschiede zwischen der VOB/B und dem gesetzlichen Bauvertragsrecht im neuen BGB bestehen stichpunktartig:

  • Im Bereich von Änderungsanordnungen (sofort nach § 1 VOB/B) oder erst nach dem Modus des § 650b BGB ggf. nach Ablauf von 30 Tagen. Nachtragsvergütungsregelungen erhalten sowohl die VOB/B (§ 2 Abs. 5 und 6 VOB/B) als auch das BGB (§ 650c BGB).
  • Das neue Bauvertragsrecht enthält keine Vorschrift entsprechend § 2 Abs. 3 VOB/B zur Einheitspreisanpassung bei Mehr-/ und Mindermengen.
  • Die VOB/B enthält gegenüber dem BGB ausdrückliche Regelungen zur Baustellenorganisation und Kommunikation zwischen den Vertragspartnern (Vgl. §§ 3–6 VOB/B), die im Einzelnen nicht alle von Vorteil für den Unternehmer sind.
  • Mängelrechte vor Abnahme und insbesondere der Modus des § 4 Abs. 7 VOB/B sind im BGB nicht geregelt.
  • Außer den allgemeinen werkvertraglichen Vorschriften des § 642, 643 BGB enthält das BGB keine speziellen bauvertraglichen Regelungen zu Behinderungen.
  • Das BGB enthält keine Abnahmefiktion entsprechend § 12 Abs. 5 VOB/B durch "Fertigstellungsmitteilung", aber andere Modi zur Abnahmefiktion durch Fristsetzung und Zustandsfeststellung.
  • Zur Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung von Gewährleistungsansprüchen bedarf es nach BGB gerichtlicher Maßnahmen oder Handlungen des Auftragnehmers. Die sogenannte "Quasiunterbrechung" gem. § 3 Abs. 5 Nr. 1 Satz 2 VOB/B durch einseitige Schreiben nur des Auftraggebers regelt das BGB nicht.
  • Zahlungsmodalitäten sind in § 16 VOB/B ausdrücklicher als im BGB geregelt, Abschlagszahlungen können aber auch nach dem allgemeinen Werkvertragsrecht des § 632aBGB verlangt werden. Insbesondere die VOB/B-Regelungen zum Schlusszahlungsvorbehalt sind nicht von Vorteil für Auftragnehmer.

Kanzlei: RJ Anwälte Jochem Partnerschaftsgesellschaft mbB, Wiesbaden

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