Tschüss Platte

DDR-Neubauten verschwinden

von: Gudrun Janicke
Abbrucharbeiten
Ein Abrissbagger trägt von einem Plattenbau in Schwedt die letzten Etagen ab. Am gleichen Tag wurde der letzte DDR-Plattenbau im Wohngebiet "Am Waldrand" abgerissen. Foto: Patrick Pleul/dpa

SCHWEDT (dpa/bb). - Die Plattenbauten Nummer zwei bis 22 in der Leverkusener Straße in Schwedt/Oder waren die ersten, die in Brandenburg verschwanden. Die Abrissbagger haben immer noch zu tun. Kleinstädte sind jetzt ihr Revier.

Wo einst in Plattenbauten tausende Menschen wohnten, erobert sich in Schwedt/Oder (Uckermark) die Natur das Terrain zurück. Aus Setzlingen werden stramme Kiefern, ein kleiner Wald entsteht. "Bald wachsen hier Pilze", ist sich Bürgermeister Jürgen Polzehl (SPD) sicher. Brandenburg trennt sich nach und nach von ungeliebten Plattenbauten. Gestartet an den Stadträndern geht es langsam in die Zentren vor. Zunächst waren Städte mit großen Neubaugebieten wie Cottbus, Frankfurt (Oder), Eisenhüttenstadt oder Schwedt/Oder an der Reihe. Jetzt können sich auch die kleineren Städte von ungeliebten "Platten" trennen.

Von 2002 bis 2013 wurden nach Angaben des Infrastrukturministeriums für den Abriss von Plattenbauten rund 210 Mio. Euro ausgegeben – getragen je zur Hälfte von Bund und Land. Abgerissen – oder "zurückgebaut" wie es im Amtsdeutsch heißt – wurden in den vergangenen 15 Jahren knapp 61.000 Neubauwohnungen im Land. Sie wurden vom Markt genommen, weil sich kein Mieter mehr fand, wie der Abteilungsleiter für Stadtentwicklung im Infrastrukturministerium, Jürgen Schweinberger, sagt. Einerseits ist der DDR-Standard in der Platte wenig attraktiv, andererseits fehlen Interessenten, die eine Wohnung suchen.

Der größte Andrang für den Abriss ist den Angaben zufolge jedoch vorbei. Jährlich werden noch Anträge für rund 2000 bis 3000 Wohnungen gestellt. In den ersten Jahren waren es etwa doppelt so viele. Bis 2020 sollen noch rund 35.000 Wohnungen vom Markt genommen werden rund 130 Mio. Euro stehen dafür bereit. Der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) sieht das Land vor einer zweiten Leerstandswelle. Bis 2020 könnten rund 100.000 Wohnungen dauerhaft leer stehen, 30.000 mehr als heute.

Nachdem zunächst vor allem in größeren Städten Plattenbauten abgerissen wurden, sind die Probleme in den ländlich geprägten Regionen gestiegen. Für den Rückbau in Orten mit bis zu 20.000 Einwohnern stellt das Infrastrukturministerium von 2014 bis 2018 einmalig rund 11 Mio. Euro bereit. Der Rückbau von 1 m² kostet etwa 70 Euro. In Rheinsberg(Ostprignitz-Ruppin) sollen 40 Wohneinheiten im Zentrum zurückgebaut werden. Das freiwerdende Areal werde in ein Kiez- und Bürgerzentrum integriert, sagt der Geschäftsführer der Rheinsberger Wohnungsgesellschaft, Stephan Greiner-Petter.

"Der sichtbare städtebauliche Missstand durch Leerstand wird beseitigt", hofft er. Storkow (Oder-Spree) erhält rund 1,5 Mio. Euro für den Abriss von rund 360 Wohnungen. Nach Rüdersdorf (Märkisch-Oderland) gehen etwa 670.000 Euro, 176 Wohnungen werden verschwinden. Die Stadt am Rande Berlins konnte sich zwar über Zuzügler freuen, aber keiner will in einen Plattenbau einziehen.

Beeskow (Oder-Spree) erhält knapp eine halbe Million Euro für den Abriss von 120 Wohnungen. Der Bürgermeister von Wusterhausen/Dosse (Ostprinitz-Ruppin), Roman Blank(parteilos), wartet noch auf den Fördermittelbescheid. Für etwa 100 Wohnungen soll er gelten.

"Ein Wohnblock steht im historischen Stadtkern", sagt er. Laut Plan soll ein architektonisch angepasster Bau die Lücke schließen. Vor allem Senioren wollen wieder in die Stadt ziehen.

In Schwedt verschwanden seit 1999 etwa 6000 der einst 22.000 Neubauwohnungen. "Jetzt wollen wir die Innenstadt aufwerten", sagt Bürgermeister Polzehl. Abgerissen wird im Zentrum ein fünfgeschossiges Haus aus DDR-Zeiten. Dafür entsteht ein Gebäude mit Wohnraum für junge Familien. Polzehl wagt gar nicht daran zu denken, wie Schwedt ohne den Stadtumbau aussehen würde. "Die Fenster der Plattenbauten wären tot."

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