Zu Besuch in Schweden

Rototilt konzentriert sich auf europäischen und nordamerikanischen Markt

Rototilt lud Pressevertreter jüngst zur Werksbesichtigung nach Vindeln im Norden Schwedens ein, um über neue Entwicklungen zu informieren. Die ABZ war dabei. Hampus Jonsson, Vertriebsleiter bei Rototilt und Sohn des Inhabers, sprach mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga über modernste Technik und Zukunftsvisionen des Herstellers.
Rototilt Schweden Unternehmen
Das Hauptwerk von Rototilt befindet sich in Vindeln, im Norden Schwedens. Foto: Kai-Werner Fajga

ABZ: Hampus Jonsson, Sie haben vor Kurzem die Leitung des neu gegründeten Rototilt-Vertriebsteams in Finnland, Frankreich und Norwegen übernommen. Wo werden Rototilt-Anbaugeräte bisher am häufigsten verkauft?

Jonsson: In den skandinavischen Ländern haben wir bisher die höchste Marktdurchdringung. Aber ich denke, das wird sich in den kommenden Jahren ändern, dann werden wir in anderen Ländern höhere Verkäufe erzielen.

ABZ: Die Verbreitung in Schweden und Norwegen ist augenblicklich sehr hoch, verglichen mit anderen Ländern in Europa oder Nordamerika. Woran liegt das?

Jonsson: Natürlich unterscheiden sich alle Länder darin, wie neue Technologien angenommen oder neue Möglichkeiten genutzt werden. Rototilt wurde in den 1980er-Jahren gegründet und richtete sich in der Anfangszeit seiner Entwicklung an den Bedürfnissen der Forstwirtschaft aus – das sind unsere Wurzeln. Daher auch die hohe Marktdurchdringung in Skandinavien. Insbesondere in Deutschland ist der Markt noch nicht vollständig auf diese Art von Technologie vorbereitet. Einerseits spielt es wie oben erwähnt eine Rolle, wie schnell neue Technologien adaptiert werden. Andererseits hängt die Markteinführung neuer Technologien aber auch von prinzipiell unterschiedlichen Geschäftsmodellen ab. Wenn Bauleistungen beispielsweise stundenweise bezahlt oder pauschal entlohnt werden. Wenn ein hoher Stundenaufwand erzielt werden soll, haben Unternehmen natürlich weniger Interesse an Geräten, die Zeit einsparen und flexibler eingesetzt werden können. Oder wenn wie in Deutschland häufig große Konzerne Auftragnehmer sind und Entscheidungsketten viel Geduld erfordern beziehungsweise Effizienzgewinne nicht weitergemeldet werden. Aber im Großen und Ganzen denke ich, dass es sich um ein Bewusstseinsproblem handelt. Wenn Interessenten das Produkt ausprobieren, wird der Vorteil in der täglichen Arbeit sofort ersichtlich. Dann erschließt sich, wie der Einsatz dieses Produkts neue Chancen eröffnen kann. Oder dass mit einem Tiltrotator mehr umgesetzt werden kann als mit herkömmlichen Baumaschinen. Zudem werden Nutzer der Anbaugeräte weniger abhängig von bestimmten Anbietern. Und das ist auch vor dem Hintergrund positiv zu bewerten, wenn man bedenkt, dass wir in Zukunft mit einem großen Mangel an Betreibern konfrontiert sein werden.

ABZ: Auf welche Marktplätze konzentriert sich Rototilt aktuell?

Jonsson: Wir konzentrieren uns auf den europäischen und den nordamerikanischen Markt und prüfen derzeit, welche Möglichkeiten wir auch in Asien finden könnten. Vielleicht können wir auch das Interesse in Japan, Südkorea und Australien steigern.

ABZ: In Deutschland ist die Verwendung von Tiltrotatoren noch auf einem geringen Level. Wie wollen Sie es schaffen, mehr Bekanntheit zu erreichen?

Jonsson: In Deutschland arbeiten wir natürlich daran, an Reichweite zu gewinnen. Wir laden gern dazu ein, zu uns zu kommen, damit wir die Möglichkeiten und Vorteile von Tiltrotatoren aufzeigen können. Auf einschlägigen Messen und Veranstaltungen sind wir auch vertreten. Wirklich vorteilhaft für uns ist es, dass Hersteller und OEM nun beginnen, größeres Interesse an Tiltrotatoren zu zeigen. Das wird dem Markt insgesamt definitiv helfen. Aber wir denken, dass es auch gut ist, nicht zu viel Interesse zu erzeugen, denn wenn die Nachfrage sprunghaft steigt wird es schwierig, dieser gerecht zu werden.

ABZ: Wie ist die Produktion bei Rototilt organisiert?

Jonsson: Hier in Schweden produzieren wir die meisten Tiltrotatoren, wobei prinzipiell alle Bearbeitungen von uns vorgenommen werden. Zulieferungen erfolgen in Form von Rohstoffen, Kabeln oder Mikrochips. Aber das Design sowie die gesamte Forschung und Entwicklung finden hier in Schweden statt. Wir produzieren aber auch für den nordamerikanischen Markt in Kanada. Verschiedene Komponenten versenden wir von Schweden aus auch zur Endmontage in andere Niederlassungen.

ABZ: Wie viele Mitarbeiter hat Rototilt?

Jonsson: 330 weltweit, wobei in Schweden etwa 280 arbeiten. Die Hälfte der Mitarbeiter sind hier in der Fertigung tätig, die andere Hälfte in Forschung, Entwicklung und Verwaltung.

ABZ: Arbeitet Rototilt auch mit OEM-Partnern?

Jonsson: In OEM sehen wir ein hohes Potenzial und wichtige Partner, um die Bekanntheit von Tiltrotatoren weiter zu verbreiten. Hier arbeiten wir bereits mit namhaften Herstellern zusammen. Es ist vielleicht einfacher, sich die Verbreitung von Tiltrotatoren wie die von Autoradios vorzustellen. Anfangs gehörten solche Geräte zu Sonderausstattungen wie Stereoanlagen. Aber wenn heute jemand ein neues Auto kauft ist da auch schon ein Radio drin, serienmäßig.

ABZ: Vielen Herstellern ist es wichtig, engen Kontakt zu Kunden zu halten. Welchen Stellenwert räumt Rototilt dem Feedback seiner Kunden ein?

Jonsson: Das ist uns sehr wichtig. Tatsächlich habe ich meine Abschlussprüfung an der Universität zu dem Thema geschrieben. Wir arbeiten viel und eng mit unseren Kunden zusammen und erhalten dort entsprechend Feedback. Wir veranstalten auch eine Art Gipfel zu dem Thema. Dazu laden wir neben Kunden auch Unternehmen ein, die unabhängig von uns an Servicedienstleistungen, Reparaturen und Support für unsere Produkte arbeiten. Hier in Vindeln veranstalten wir eine große, offene, allgemeine Diskussion, bei der alle ihre Ideen einbringen und sagen können, was sie über Produkte oder Details denken. Oder dazu, wie Produkte verbessert werden können.

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Höchsten Wert legt man bei Rototilt laut Hampus Jonsson (Leitung Vertrieb bei Rototilt) auf die Fertigungsqualität jedes einzelnen Bauteils. Foto: Kai-Werner Fajga

ABZ: In Deutschland besteht ein großes Problem darin, die richtigen Mitarbeiter zu finden, viele deutsche Unternehmen arbeiten dazu mit Institutionen oder Universitäten zusammen. Ist der Fachkräftemangel auch in Schweden ein Thema?

Jonsson: Das ist ein großes Thema für uns hier und es ist definitiv eine Herausforderung, die richtigen Leute zu finden. Und wir wollen auch genug Leute bekommen, um die richtigen Mitarbeiter zu finden und um die richtigen Kompetenzen einsetzen zu können. Es ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Wir arbeiten dazu auch sehr engagiert mit Universitäten zusammen. Wir haben beispielsweise ein Trainee-Programm, in dem Studenten ihre Abschlussarbeit bei uns schreiben können. Es ist fast immer jemand von der Universität bei uns im Haus. Diese gegenseitige Befruchtung ist uns sehr, sehr wichtig und etwas, auf das wir uns stark konzentrieren. Wir setzen beispielsweise schon jetzt KI bei uns in der Endkontrolle ein, was letztlich auch ein Ergebnis dessen ist, dass wir hier viel mit anderen Unternehmen und Instituten kooperieren.

ABZ: Künstliche Intelligenz in der Endkontrolle, wie funktioniert das?

Jonsson: Nun, ich bin selbst kein Computerfreak. Aber wir sind ständig auf der Suche nach neuen Möglichkeiten, wie wir unsere Produktionsproduktivität, -genauigkeit und -qualität mithilfe von modernen und hochmodernen Technologien, die wir in unserer Anlage einsetzen, verbessern können. Und wir arbeiten gemeinsam mit lokalen Unternehmen daran, dies zu verbessern. Der Einsatz von KI ist eine davon. Die neue Anlage wurde im Pandemiejahr 2019, 2020 gebaut und hilft uns, die Qualität des Produkts und die Qualitätssicherung des Produkts zu verbessern.

ABZ: Können Sie aus dem Einsatz der neuen Technik schon ein Ergebnis ablesen?

Jonsson: Definitiv. Aufgrund unserer Erkenntnisse konnten wir unsere Garantie ändern und den Kunden mehr Garantiezeit gewähren.

ABZ: Rototilt hat ein neues Tool vorgestellt, mit der Tiltrotatoren ferngesteuert werden, über zwei bewegliche Joysticks mit mehreren Funktionstasten. Wann werden die für Kunden zur Verfügung stehen?

Jonsson: Wir sind augenblicklich bei der Einführung dieses Produkts in den Markt. Es sind bereits etwa 20 Einheiten ausgeliefert und wir gehen davon aus, dass alle unsere Produkte nach der Sommerpause für Bagger der Klassen von 10 bis 43 Tonnen zur Verfügung stehen werden.

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Im Hauptwerk von Rototilt befinden sich neben Lager, Anlieferung, Fertigung (im Bild) und Montage auch eine Schlusskontrolle und eine Versandabteilung. Foto: Kai-Werner Fajga

ABZ: Wie können die Joysticks in verschiedene Baggermodelle installiert werden?

Jonsson: Wir streben eine deutlich kürzere Installationszeit an, als es mit anderen Komponenten notwendig wäre. Wir geben auch Empfehlungen. Wo die Geräte in welchem Bagger installiert beziehungsweise wie sie platziert werden sollten. Außerdem erhalten Kunden zu jedem einzelnen System eine sehr ausführliche Installationsanleitung, mit aktuellen Bildern der Maschinen, sowie auch Zeichnungen, und Computerdarstellungen. Im Prinzip ist die Installation recht einfach, vorausgesetzt, der Anwender verfügt über bestimmte Grundkenntnisse oder Ausbildungen.

ABZ: In Deutschland wird viel über Klimaneutralität und CO2-Minderung diskutiert. Betrifft das Thema auch schwedische Hersteller?

Jonsson: Ja, schon lange. Unsere Produktion in Vindeln haben wir schon im Hinblick auf CO2-Neutralität verändert. Wir haben hier beispielsweise ein Blockheizkraftwerk errichtet, für das Pellets verwendet werden. Wir nutzen zusammen mit unseren anderen Unternehmen hier diesen Brennstoff für die Produktion, und um zu heizen. Der Stahl, den wir verwenden, ist ausschließlich recycelter Stahl. Wir wollen uns prinzipiell nicht daran beteiligen, der Erde neue Energiequellen oder neue Materialquellen zu entziehen, sondern nutzen nur das, was wir bereits haben, beziehungsweise was vorhanden ist. Die Idee unserer Fabrik besteht darin, effizient zu sein und zu versuchen, sie so klimafreundlich wie möglich zu gestalten – im Rahmen des Zumutbaren. Wir beziehen auch ausschließlich Ökostrom. Also ja, in dieser Hinsicht sind wir wirklich auf dem besten Weg, ein grünes Unternehmen zu sein.

ABZ: Was ist ihr Ziel in den nächsten fünf Jahren?

Jonsson: Wir werden unseren Wachstumskurs fortsetzen. Meine Vision ist es, wirklich auf dem europäischen und nordamerikanischen Markt Fuß zu fassen, und ich denke, dass dies in den nächsten drei bis fünf Jahren geschehen wird. In den nächsten Jahren wird viel passieren, wir werden eine stärker standardisierte Bauindustrie und fortschrittlichere Technologien sehen. Die Maschine wird weniger nur eine Erdbewegungsmaschine sein, sondern eher ein Werkzeug, ein Multitool. Unsere nächsten Schritte werden darin bestehen, die Produktion weiter zu steigern.

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