Bauaussichten 2024

Das neue Jahr droht schwierig zu werden

Von Marcus Nachbauer, Präsident des Bundesverbands Gerüstbau und Bundesinnungsmeister
Bauaussichten
Bundesinnungsmeister und Präsident des Bundesverband Gerüstbau Marcus Nachbauer. Foto: Bundesinnung Gerüstbau

Zum Jahreswechsel die Konjunkturaussichten für die kommenden Monate zu beschreiben, hat immer etwas vom Blick in die Glaskugel. Die Corona-Krise und der Ukrainekrieg haben uns gelehrt, dass alles plötzlich ganz anders kommen kann. Die aktuelle Lage aber ist besonders unübersichtlich, was die Prognose für 2024 knifflig macht.

Doch der Reihe nach: Bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe gehen wir davon aus, dass der Branchenumsatz 2023 ein Plus aufweisen wird. Dafür sprechen die Daten der Sozialkasse des Gerüstbaugewerbes. So ist die Anzahl der gewerblichen Arbeitnehmer bis September 2023 im Durchschnitt um etwa 2,4 Prozent gestiegen, die Bruttolohnsumme um 5,3 Prozent. Wenn beide Zahlen steigen, legt üblicherweise auch das Marktvolumen zu.

Zudem hat die Preisentwicklung großen Einfluss auf das in Euro ausgewiesene Marktvolumen. Zwischen Januar und August 2023 ist der Preisindex für Gerüstbauleistungen laut Statistischem Bundesamt um etwa 7 Prozent gestiegen. Der finale Anstieg für das gesamte Jahr wird voraussichtlich bei 5 bis 6 Prozent liegen. Die Mietumsätze wiederum dürften 2023 rückläufig sein, weil die gravierenden Materialengpässe überwunden und die damit einhergehenden Bauzeitenverzögerungen mit ungewöhnlich langen Gerüststandzeiten vielerorts weggefallen sind.

Fasst man die Entwicklung in den Bereichen Preis, Beschäftigung und Miete zusammen, rechnen wir mit einem nominalen Branchenwachstum von 6 Prozent, weil der positive Trend bei der Beschäftigung von den rückläufigen Mietumsätzen aufgezehrt wird. Gestiegene Kosten führen letztlich aber dazu, dass das reale Wachstum 2023 bei 0 Prozent liegen wird. So fällt insbesondere der Preisanstieg bei Gerüstmaterial und Treibstoff ins Gewicht – hier liegen die anteiligen Kostensteigerungen bei bis zu 20 Prozent. Auch verbleiben die Energiekosten weiterhin auf hohem Niveau.

Wie sieht es nun für 2024 aus? Die Bauwirtschaft mahnt die Bundesregierung seit Monaten, Maßnahmen zu ergreifen, die der sich abzeichnenden Baukrise entgegenwirken. Der sprunghaft angestiegene Leitzins, die hohe Inflation und die hohen Baukosten sind Gift für eine gesunde Nachfrage in diesem Bereich. So sind die Baugenehmigungen im Wohnungsbau zuletzt um rund 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr gesunken, auch die Kreditanträge für Immobilienfinanzierungen waren 2023 stark rückläufig. Auf einem Wohnungsgipfel Ende September wurde zwar ein 14-Punkte-Plan der Bundesregierung vorgestellt – das wenigste davon aber wurde bislang umgesetzt.

Die Entwicklung im Bauhauptgewerbe hat großen Einfluss auf den Gerüstbau, weshalb die Sorge in der Branche groß ist. Viele Betriebe blicken deshalb verstärkt in Richtung Ausbaugewerbe, das ebenfalls ein wichtiger Auftraggeber für das Gerüstbauer-Handwerk ist. Vor allem Ausbaugewerke, die im Bereich der energetischen Sanierung oder alternativen Energieversorgung tätig sind, haben gut gefüllte Auftragsbücher. Die Sorgen überwiegend hingegen im Industriegerüstbau. So gibt es viele Industriezweige, die 2024 nur noch das Nötigste in den Standort investieren wollen.

Zu all diesen Unsicherheiten kommt nun noch die unklare Haushaltslage hinzu. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 15. November 2023 eine fehlerhafte Haushaltsführung der Bundesregierung festgestellt. Das hat dazu geführt, dass bei Redaktionsschluss noch kein Haushalt für 2024 vorlag. Jegliche Förderung – zumal die dringend nötigen Maßnahmen für die Bauwirtschaft – liegt derzeit auf Eis. Was angesichts des Sparzwangs überhaupt noch umgesetzt werden kann, ist völlig unklar. Gleiches gilt für das Wachstumschancengesetz, das dringend notwendige Investitionsimpulse bringen sollte, aber durch den Bundesrat in den Vermittlungsausschuss geschickt wurde.

In dieser allgemein schwierigen Lage im Baugewerbe könnte die neue DIN 18451 für das Gerüstbauer-Handwerk ein "Lichtblick" sein.

Durch eine größere Transparenz wird zumindest das Streitpotenzial im Bereich der Abrechnung von Gerüstbauleistungen deutlich reduziert. Hier wird entscheidend sein, dass die Branche dabei mitmacht, die Auftraggeber über die neuen Regeln aufzuklären, um möglichst bereits 2024 hierdurch entsprechend positive Effekte zu erzielen.

Was können wir also zusammenfassend sagen? 2024 werden voraussichtlich deutlich weniger neue klimafreundliche Wohngebäude errichtet. Die Gebäude-Instandhaltung und -Sanierung wird hingegen das Vorjahresniveau in etwa halten können. Die Anzahl der neu installierten PV-Anlagen wird 2024 vielleicht zulegen, könnte aber auch stagnieren, weil Netzprobleme die Entwicklung möglicherweise bremsen.

Alles in allem bedeutet das: Aufgrund der Krisensituation im Wohnungsbau wird 2024 der Fassadengerüstbau real leicht rückläu-fig sein. Die gleiche Entwicklung sehen wir im Industriegerüstbau. Insgesamt wird das preisbereinigte Marktvolumen um etwa 2 Prozent sinken. Nominal wird der Gerüstbaumarkt um etwa 3 Prozent wachsen, weil der Kostendruck hoch bleibt und die Preise für Gerüstbauleistungen daher angehoben werden müssen.

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