Bauwirtschaft

Wachstumsschwäche ist überwunden undKonjunkturmotor bleibt der Wohnungsbau

Bauwirtschaft
Von Prof. Dr. Thomas Bauer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, Berlin

Konjunkturmotor unter den Sparten ist seit dem Jahr 2010 der Wohnungsbau. Hier steht die Ampel weiterhin auf "grün". Ein stabiler Arbeitsmarkt, die anhaltend hohe Zuwanderung nach Deutschland, positive Einkommenserwartungen der privaten Haushalte, noch immer günstige Zinsen für Hypothekarkredite und niedrige Renditen auf alternative Kapitalanlagen schaffen ein positives Umfeld für Wohnungsbauinvestitionen. Dies zeigt sich auch beim Blick in die Statistik: Von Januar bis September 2013 ist die Zahl der genehmigten Wohnungen im Neubau um 21 500 Einheiten gestiegen, davon allein 19.000 im Geschosswohnungsbau. Der Auftragseingang in der Branche legte in den ersten drei Quartalen um 6,4 % zu. Dies ist mit Blick auf den hohen Bedarf in den Ballungszentren eine erfreuliche Entwicklung. Bereits heute melden die zehn größten deutschen Städte ein Defizit von mehr als 100.000 Mietwohnungen. Insgesamt besteht deutschlandweit ein jährlicher Neubaubedarf von mindestens 130.000 neuen Mietwohnungen – etwa doppelt so viele wie derzeit realisiert werden.

2013 konnte sich der gewerbliche Bau von der schwachen gesamtwirtschaftlichen Entwicklung nicht abkoppeln. Die Neubaugenehmigungen (veranschlagte Baukosten) gingen in den ersten drei Quartalen um 1,8 % zurück.

Positiv stimmt uns aber die Ordertätigkeit, die insgesamt von Januar bis September zwar nur um 1,1 % über dem Vorjahresniveau lag, aber am aktuellen Rand spürbar anzog. Anscheinend gewinnen die Investoren zunehmend Vertrauen in das neue Jahr. Bislang profitierte lediglich der Bau von Büro- und Verwaltungsgebäuden, ein klassisches Anlageobjekt für Kapitalsammelstellen bei der Suche der Anleger nach einem "sicheren Hafen". Kommt es 2014 zu dem vorhergesagten stärkeren gesamtwirtschaftlichen Wachstum, werden aber erfahrungsgemäß auch die industriellen Bauten (Fabrik- und Werkstattgebäude, sonstige gewerbliche Betriebsgebäude) relativ schnell nachziehen.

Der Öffentliche Bau zeigte 2013 im Jahresverlauf eine zunehmende Belebung, litt jedoch auf Grund des hohen Tiefbauanteils von 80 % besonders unter der schlechten Witterung im 1. Halbjahr. Im Trend gingen dann aber sowohl Umsätze als auch Auftragseingänge deutlich nach oben, von Januar bis September war immerhin eine Zunahme der Ordertätigkeit von 5,4 % zu beobachten. Erfreulich für Bund, Länder und Gemeinden war auch die Entwicklung der Steuereinnahmen. Sie haben 2013 das Vorjahresniveau um gut 15 Mrd. Euro überboten. Dieser Rekordwert soll im neuen Jahr nochmals um 20 Mrd. Euro steigen. Für eine zunehmende öffentliche Investitionstätigkeit stehen also ausreichend finanzielle Mittel zur Verfügung.

Gleichwohl reichen die Einnahmen nicht aus, den eigentlichen Bedarf zu decken. Und der ist immens: So hat uns die von der Verkehrsministerkonferenz der Länder und des Bundes eingesetzte Kommission "Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung" vorgerechnet, dass die Verkehrswegeetats von Bund, Ländern und Gemeinden jährlich um 7,2 Mrd. Euro aufgestockt werden müssten, wenn der aufgelaufene Investitionsstau in fünfzehn Jahren abgebaut und gleichzeitig die Erhaltung des Netzes sichergestellt werden soll.

Auch das Deutsche Institut für Urbanistik hat uns kürzlich mit einem kommunalen Investitionsrückstand von 128 Mrd. Euro konfrontiert. Derzeit geben die deutschen Städte und Gemeinden 21 Mrd. Euro für Sachinvestitionen aus. Wollte man nur den Investitionsstau innerhalb von 15 Jahren abbauen, müsste das kommunale Investitionsniveau um jährlich 8,5 Mrd. Euro angehoben werden.

Die deutsche Bauindustrie begrüßt deshalb, dass die neue Bundesregierung die Bundesmittel für die Verkehrsinfrastruktur in der neuen Legislaturperiode substanziell erhöhen will.

Das beschlossene Sofortprogramm von 5 Mrd. Euro für vier Jahre kann aber nur ein erster Schritt sein, wenn – unter Experten inzwischen unbestritten – der eigentliche Bedarf bei zusätzlich 4 Mrd. Euro pro Jahr liegt. Ebenfalls positiv zu bewerten ist, dass sich die Koalition auf eine Ausweitung der Nutzerfinanzierung verständigt hat – und zwar sowohl auf eine Ausweitung der Lkw-Maut auf Bundesstraßen als auch auf die Einführung einer Pkw-Vignette. Der Erfolg kann sich allerdings nur dann einstellen, wenn die Nettoeinnahmen – wie angekündigt – aus dieser Nutzerfinanzierung ohne Abstriche wieder in die Verkehrsinfrastruktur zurückfließen.

Auch das in der Koalitionsvereinbarung festgeschriebene Bekenntnis zu Öffentlich Privaten Partnerschaften werten wir als klares Investitionssignal. Nun kommt es darauf an, dass dieser investitionsfreundlichen Grundausrichtung des Koalitionsvertrages in den nächsten vier Jahren Taten folgen.

Positiv für die Bauwirtschaft ist es ebenfalls, dass sich die Koalition zu einem Aktionsprogramm zur Belebung des Wohnungsbaus und der energetischen Gebäudesanierung wie auch zur Weiterentwicklung der Städtebauförderung entschlossen hat. Dazu zählt zum einen die Aufstockung der KfW-Programme zur energetischen Gebäudesanierung, zum anderen die Anhebung der Städtebaufördermittel auf 700 Mio. Euro jährlich im Verlauf der Legislaturperiode. Die Begrenzung der Mieterhöhungsmöglichkeit bei der Wiedervermietung von Wohnraum auf maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete sowie die Begrenzung der Modernisierungsumlage wirken allerdings kontraproduktiv. Hier müssen wir der Politik in der neuen Legislaturperiode wohl noch deutlicher machen, dass Engpässe am Wohnungsmarkt nicht durch Reglementierungen, sondern nur durch den Neubau von Wohnungen aufgelöst werden können. Hierzu bedarf es aber attraktiver Rahmenbedingungen.

Insgesamt betrachtet muss man sich derzeit um die Bauwirtschaft keine Sorgen machen. Sie profitiert von einem positiven gesamtwirtschaftlichen Umfeld und den richtigen Weichenstellungen in der staatlichen Infrastrukturpolitik. Die Signale für mehr Investitionen stehen für die neue Legislaturperiode auf Grün. Für 2014 ist daher mit einem guten Umsatzplus im Bauhauptgewerbe zu rechnen.

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