Doka Schalungstechnik

Die wichtigsten Kennzahlen für die Zukunft

Robert Hauser, CEO der Doka GmbH, im Gespräch mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga über die Notwendigkeit von KPIs zur Reduktion der Treibhausgasemissionen in der Schalungs- und Baubranche.
Doka Deutschland GmbH Unternehmen
Robert Hauser ist CEO der Doka GmbH. Foto: Doka

ABZ: Doka hat im Sommer 2022 "Product Carbon Footprint-KPIs" eingeführt. Was war die Triebfeder für dieses Vorhaben?

Hauser: Die Triebfeder hinter dem Projekt war eine Outside-In-Betrachtung: Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit. Allein die Baubranche zeichnet für knapp 40 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich. Das bedeutet, wir reden nicht über eine kleine Nische, sondern unsere Branche ist einer der Industriesektoren, der den größten CO2-Fußabdruck hat. Und wir werden die Klimaziele als Gesellschaft nur erreichen, wenn wir auch in diesem Bereich ansetzen. Dafür muss man zuallererst wissen, wo man überhaupt steht. Der Product Carbon Footprint ist also nicht das Ziel, sondern ein Mittel zum Zweck. Die Ermittlung des Product Carbon Footprints ist quasi eine Null-Messung, ein Absprungbrett, wenn Sie so möchten, um die großen CO2-Hebel zu erkennen und gezielt Maßnahmen zu setzen. Und gleichzeitig können wir mit diesem Wissen unsere Kunden dabei unterstützen, selbst nachhaltiger zu werden. Das heißt ganz konkret, dass wir heute in der Lage sind, auf Kundenanfrage transparente Daten zum CO2-Fußabdruck von rund 6000 Doka-Produkten bereitzustellen. Sie können Vergleiche anstellen und sich für das Produkt entscheiden, das den geringeren Fußabdruck aufweist und damit wiederum ihre eigene CO2-Bilanz verbessern.

ABZ: Was umfasst denn der Product Carbon Footprint konkret?

Hauser: Der Product Carbon Footprint, kurz PCF, bezieht sich auf die Gesamtmenge an Treibhausgasemissionen, die während eines Lebenszyklus eines Produkts entstehen. Und das berechnen wir. Man spricht in diesem Zusammenhang auch oft vom Cradle-to-Grave-Ansatz, also von der Wiege bis zur Bahre. Heraus kommt jedenfalls eine Zahl, die Indikator für den Beitrag eines Produkts zum Klimawandel ist. Das heißt, wir können das Produkt nun nach seinen Auswirkungen auf das Klima bewerten. Die Ergebnisse ziehen wir einerseits heran, um gezielte Reduktionsmaßnahmen zu setzen, andererseits dienen sie uns als Grundlage für die Entwicklung klimafreundlicherer Produkte. Das ist ein zentraler Bestandteil unserer Klimastrategie.

ABZ: Was sind die Grundlagen für die Erstellung des Product Carbon Footprints? Es gibt ja bisher keinen einheitlichen Standard, keine Normen oder ähnliches.

Hauser: Nein, einen einheitlichen Standard für die Schalungsbranche gibt es bis dato nicht. Als wir vor rund drei Jahren begonnen haben, den PCF unserer Schalungsprodukte zu berechnen, hat uns zwar die ISO Norm 14044 einen guten Rahmen dafür geboten. Aber das Problem ist, dass sie für alle Branchen gültig ist und daher an vielen Stellen nicht präzise genug. Wir sehen daher einen klaren Bedarf, möglichst rasch eine einheitliche Berechnungslogik branchenweit zu etablieren, weil sonst die Vergleichbarkeit für den Kunden natürlich sehr schwierig wird, wenn jeder Hersteller von Schalung und Gerüsten das unter Umständen anders berechnet. Kunden werden dann nicht mehr wissen, wie sie Werte zwischen den Herstellern vergleichen können. Deshalb haben wir uns im GSV, dem Güteschutzverband Betonschalungen, engagiert und dort votiert, einen gemeinsamen Branchenstandard zur Berechnung von PCF zu definieren. Das passiert nun auch in einem eigenen Ausschuss, gemeinsam mit zehn weiteren Marktbegleitern. Ziel ist, die Berechnungsansätze so zu harmonisieren, dass sie für eine möglichst große Anzahl von Schalungsprodukten anwendbar sind. Erste Ergebnisse eines Branchenstandards sind mit Herbst 2023 zu erwarten.

ABZ: Warum ist Doka das so wichtig?

Hauser: Weil dieser CO2-Fußabdruck in den kommenden Jahren wahrscheinlich eine der wichtigsten Kennzahlen für Unternehmen werden wird, auch für unsere Kunden.

Er wird eine der entscheidenden Währungen sein, wie erfolgreich Unternehmen in Zukunft wirtschaften können, wie erfolgreich ihre Produkte sein können. Dieses Bewusstsein für nachhaltige Produkte wächst bei allen Stakeholdern, der Gesellschaft, den Kunden oder den Kapitalgebern an verschiedenen Stellen. Mittlerweile werden diesbezüglich bereits europaweit gesetzliche Anforderungen vorbereitet: Alle Unternehmen einer Lieferkette sollen künftig offenlegen, inwiefern sie in den Bereichen Umwelt und Soziales verantwortungsvoll wirtschaften. In einer Welt, die zunehmend von Klimaveränderungen und Wetterextremen geprägt ist, sind alle gefordert, Verantwortung zu übernehmen.

ABZ: Doka stellt für Kunden einen "Produkt Carbon Footprint Calculator" zur Verfügung. Wie funktioniert der?

Hauser: Unser Ziel ist es, unseren Kunden zukünftig automatisch den CO2-Fußabdruck eines gesamten Bauprojekts zur Verfügung zu stellen, indem wir ihn als Teil der Schalungsplanung beziehungsweise der Angebotslegung integrieren. Denn auf einer Baustelle kommt nicht nur ein Produkt zum Einsatz, sondern eine Vielzahl von verschiedenen Produkten, die in einer umfangreichen Stückliste erfasst sind. Heute leiten wir ja bereits aus den Zeichnungen oder 3D-Grafiken die Stücklisten ab und mithilfe von hinterlegten Informationen zu den Klimaauswirkungen können wir den gesamten Carbon Footprint des Projekts mitausweisen. Dadurch kann der Kunde das Produkt mit der geringeren CO2-Bilanz auswählen und bestellen.

ABZ: Ist der Product Carbon Footprint eher für Käufer oder für Mieter von Schalungen interessant?

Hauser: Für beide. Wenn unsere Produkte gemietet werden, werden die CO2-Emissionen anteilig auf die Mietdauer angerechnet.

ABZ: Der Product Carbon Footprint wurde 2022 zur bauma vorgestellt. Wie haben Kunden bisher auf das Angebot reagiert?

Hauser: Sehr positiv! Die Kunden interessieren sich sehr stark für dieses Thema. Das variiert natürlich ein bisschen nach verschiedenen Ländern, aber insbesondere Kunden aus dem europäischen und dem nordamerikanischen Raum haben hier sehr, sehr hohes Interesse. Was sicherlich auch daran liegt, dass Unternehmen selbst die künftigen Herausforderungen erkennen. Unternehmen müssen ihren eigenen Fußabdruck berechnen können, und dadurch auch verstehen, welcher Anteil aus den genutzten Produkten hervorgeht. Und sie wollen verstehen, wie wir das bei Doka berechnen und welche Dienstleistung wir bei Bedarf in Zukunft zur Verfügung stellen können.

ABZ: Wie bewerten Sie das Thema im europäischen Umfeld?

Hauser: Nehmen wir Dänemark als Beispiel. Als erstes nordisches Land hat die dänische Regierung Grenzwerte für CO2-Anteile in Bauvorschriften aufgenommen. Das bedeutet, es gilt bei Neubauten als verpflichtend, die CO2-Emissionen für den gesamten Lebenszyklus zu bilanzieren, und gleichzeitig gelten für größere Gebäude bestimmte Grenzwerte. Unternehmen, die ihre Dienstleistungen für ein bestimmtes Gebäude anbieten wollen, das in diese Kategorie hineineinfällt, werden nachweisbar im Angebot darlegen müssen, wie hoch der gesamte CO2-Fußabdruck für die Errichtung dieses Bauwerks ist. Nicht nur in Dänemark, sondern auch in anderen Ländern wissen Bauunternehmen, dass es solche Regularien geben wird und dass sie sich daher jetzt sehr schnell selbst befähigen müssen, Footprints für Bauprojekte zu berechnen – und dabei helfen wir ihnen. Dänemark ist hier Vorreiter, aber auch die anderen Länder werden nach meiner Einschätzung da relativ schnell nachziehen. Heute merken wir verstärkt Kundenanfragen dazu, eben auch aus Skandinavien, UK, Frankreich und Österreich. Auch die deutsche Regierung hat sich Klimaziele gesetzt, und die wird sie nur umsetzen können, wenn sie entsprechend für die Hauptemittenten – wozu die Bauindustrie zählt – Regularien erlässt, mit denen die Klimaziele erreicht werden können.

ABZ: Doka ist Teil der Umdasch Group. Inwieweit spielt der Carbon Footprint eine Rolle auf der Konzernebene?

Hauser: Eine sehr wichtige Rolle, denn wir haben uns in allen Divisionen der Gruppe das Ziel gesetzt, bis 2040 Net Zero zu erreichen. Net Zero oder "Netto Null" bedeutet im Prinzip, dass wir unsere Treibhausgasemissionen quasi auf ein Minimum reduzieren – und zwar in allen drei Scopes. Sprich überall dort, wo wir als Unternehmen Emissionen ausstoßen, wo wir Energie, Wärme oder Strom einkaufen oder wo entlang der Wertschöpfungskette Emissionen entstehen. Also sowohl in Richtung unserer Lieferanten als auch in Richtung unserer Kunden. Und das bezieht sich eben nicht nur auf CO2, sondern auf alle Treibhausgase. Das Entscheidende an diesem Ziel der Net-Zero-Emissionen ist, dass im Gegensatz zur Klimaneutralität diese Netto-Null-Emission nicht lediglich über den Kauf von CO2-Zertifikaten erreicht werden kann, sondern nur durch eigene Maßnahmen. Und damit komme ich zu Ihrer eigentlichen Frage, inwieweit der Carbon Footprint hier eine Rolle spielt. Der Corporate Carbon Footprint, also unser unternehmenseigener CO2-Fußabdruck, bildet die Grundlage, um unsere Ziele zu monitoren, relevante Maßnahmen zu setzen, um letztendlich unser Net Zero-Ziel zu erreichen.

ABZ: Der Weg bis 2040 ist ja noch ein recht langer Zeitraum. Was sind Ihre nächsten Ziele?

Hauser: Ja, 2040 ist ein langer Zeitraum, aber das macht das Ziel nicht weniger ehrgeizig. Deshalb ist uns der Zusatz in allen drei Scopes wichtig. In einer Ausschnittsbetrachtung wie viele Player unserer Branche sie anstellen, geht es natürlich schneller. Zum Beispiel, wenn man nur die Emissionen im eigenen Unternehmen betrachtet. Wir haben uns anders entschieden: Nachhaltigkeit bedeutet für uns nicht, dass wir hier und dort eine grüne Schleife anbringen. Wir betrachten das Thema von Anfang an ganzheitlich und integrativ. Unser ganzheitlicher Ansatz beginnt mit einer Net-Zero-Roadmap für Scope 1 und 2 mit Fokus auf die Dekarbonisierung der Produktion und unserer weltweiten Standorte. Der nächste Schritt ist die Net-Zero-Roadmap für Scope 3, bei der die Produktentwicklung und der Einkauf eine entscheidende Rolle spielen werden. Es geht uns darum, an den ganz großen Stellschrauben zu drehen, denn nur so können wir Net-Zero bis 2040 wirklich erreichen.

ABZ: Eine ganz andere Frage zum Abschluss: Wie beurteilen Sie die aktuellen Marktentwicklungen in Deutschland?

Hauser: Es wird sicherlich wieder zu einer Normalisierung der Rahmenbedingungen kommen über die nächsten Jahre. Wann genau, kann ich Ihnen auch nicht sagen. Was mich aber grundsätzlich sehr zuversichtlich für die Bauindustrie stimmt, ist, dass ja der Baubedarf weiter hoch ist. Das hat sich nicht verändert, sondern wir haben weiter viel zu wenig Wohnraum in Deutschland, um nur einen Bereich zu nennen. Und der Bedarf steigert sich im Moment eigentlich eher noch durch die stagnierende Bautätigkeit. Wenn eine Normalisierung eingetreten ist, und der Bedarfsrückstand weiter aufgebaut wird, werden wir wieder einer sehr starken Nachfrage in Deutschland und in anderen europäischen Märkten entgegensehen.

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