Erstes chilenisches Klinikzentrum mit MSM-SIO isoliert

Neue Gleitpendellager schützen Klinikzentrum in Erdbebenzone

Alto Hospicio/Chile (ABZ). – Maschinen- und Stahlbauer Maurer hat vor Kurzem erstmalig ein Krankenhaus in Chile mit Doppel-Gleitpendellagern isoliert. Das innovative Bauwerksdesign resultiert dem Unternehmen zufolge aus einem intensiven Zusammenspiel mit Tragwerksplaner und Bauunternehmen.
Maurer Baustellen
Das Klinikzentrum in Alto Hospicio im Mai 2021. Die Gebäudestruktur steht – komplett erdbebenisoliert. Foto: Maurer

Das Klinikzentrum in Alto Hospicio im Norden von Chile hat eine Gesamtfläche von fast 50.000 m², verteilt auf drei Gebäude mit je drei Etagen und Untergeschoss. Es umfasst 235 Betten, Operations- und Kreißsäle sowie rund 70 Einrichtungen und Praxen von der Notaufnahme über Dialyse oder Zahnbehandlung bis hin zu diversen Fachärzten.

Alto Hospicio liegt in einer Erdbebenzone mittlerer Stärke mit bis zu 0,5 g Bodenbeschleunigung. Das Klinikzentrum wurde deshalb komplett erdbebenisoliert. Zum ersten Mal in Chile wurden dafür nicht Elastomerlager, sondern Gleitpendellager eingebaut.

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Fundament des Klinikzentrums in Alto Hospicio 2019: Auf den Betonsockeln liegen die ersten SIP-D-Lager. Foto: Maurer

Raul Arranz, Regional Sales Director LATAM, berichtet: "Ich denke, dass der Kunde unser Engagement und unsere Erfahrung sehr schätzte, denn es war das erste Projekt mit Gleitpendellagern für ihn und das erste öffentliche Gebäude in Chile überhaupt." Aufgabe der Lager ist, im Falle eines Erdbebens die Gebäude vom Untergrund zu isolieren. Das hat mehrere Aspekte. Erstens die Menschen vor Verletzungen oder gar Tod zu schützen, zweitens das Bauwerk so zu schützen, dass es auch eventuellen Nachbeben standhält.

Drittens Continued Functionality, das heißt: Auch nach einem Beben bleibt die Klinik funktionstüchtig, was für Erdbebenopfer besonders wichtig ist. Das ist nur durch den Einsatz von Isolatoren, nicht über die Gebäudestruktur machbar, da medizinische Geräte sehr empfindlich sind. Sie halten oft nicht mehr als 0,2 g Beschleunigung ohne Schaden aus.

Viertens gilt es, höhere Wirtschaftlichkeit über die Lebensdauer im Vergleich zu einer verstärkten Gebäudestruktur zu erreichen. Die Isolatoren sparen nicht nur Geld, weil schlanker gebaut werden kann. Bereits bei einem mittleren Erdbeben, das in Alto Hospicio etwa alle 20 Jahre auftritt, sind die Reparaturkosten einer verstärkten Struktur wesentlich höher als die Mehrkosten der Isolatoren beim Neubau. Die Isolatoren belaufen sich auf etwa 1,5 % der Baukosten, Elastomerlager wären etwa doppelt so teuer gewesen.

Unter das Untergeschoss wurden sogenannte SIP-D-Lager von Maurer eingebaut. SIP steht für Sliding Isolation Pendulum (Gleitpendellager). Das "D" (Double) signalisiert, dass die Isolatoren zwei konkave Flächen (statt einer) haben. So verteilt sich die horizontale Verschiebung gleichmäßig auf zwei Flächen. SIP-D-Lager können deshalb kleiner und leichter gebaut werden. Das spart Raum, Zeit und Kosten.

Die SIP-Lager isolieren die Gebäude vom Untergrund und erlauben beim maximal angenommenen Erdbeben (MCE) eine horizontale Bewegung von bis zu ± 250 mm in alle Richtungen. Gleichzeitig begrenzen sie die Bewegungen durch eine innere Reibung von 4 %, indem die Bewegungsenergie in Wärme umgewandelt wird (Dissipation). Sie zentrieren nach einem Erdbeben außerdem die Gebäude wieder in ihre ursprüngliche Position, weil sie eine konkave Gleitfläche besitzen und übertragen vertikale Lasten von bis zu 8000 kN.

Diese Vorgaben für die Isolatoren machte VMB, der chilenische Tragwerks-planer. Gefordert war zudem eine Lebensdauer von 50 Jahren. Das konnte Maurer eigenen Angaben zufolge mit dem Gleitmaterial MSM (Maurer Sliding Material) mehr als erfüllen. MSM hält im Vergleich zu anderen Materialien extremen Drücken und schnellen Verschiebungen stand, auch nach mehreren maximalen Erdbeben und ohne Beschädigung im Werkstoff selbst beziehungsweise am Lager. Daher seien MSM-Lager nach einem Erdbeben sofort wieder einsatzbereit, was wegen der häufig auftretenden Nachbeben wichtig sei.

Die insgesamt 212 SIP-Lager haben drei verschiedene Größen. Die größten sind 650 x 650 mm groß, 150 mm hoch und wiegen je 400 kg. Sie erfüllen sowohl die EN15129 als auch die nationale Chilean Nch2745. Die Lager mussten vor dem Einbau umfangreich getestet werden. Die Tests entsprechend der EN15129 erfolgten im März 2019 im Sismalab Crispiano (Italien). Vorgegeben waren zwei Prototypentests pro Lagertyp und 15 % Produktionstests. Errichtet wurde das Klinikzentrum von 2018 bis 2021. Der Einbau der Lager erfolgte nach Aushub und Fundament im Frühjahr 2019. Die Eröffnung soll bis zum Sommer 2022 erfolgen. Bauherr ist das Consorcio Alto Hospicio S.A – Sacyr Chile, Klinikbetreiber der Servicio de Salud Iquique.

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