Mithilfe der Powerhand

Wertstoffe werden zuverlässig und zügig aus Altautos heraus montiert

Kirchardt (ABZ). – Finden sie keine Käufer mehr oder ist eine Reparatur zu teuer, sind ihre letzten Tage gezählt. Dann steht Autos, die etwa 15 Jahre alt sind, die Verschrottung bevor. Ehe eine Karosserie von der Schrottpresse zusammengedrückt wird, sollen im Zuge des Recyclings vorher möglichst viele Wertstoffe ausgebaut werden.
Caterpillar Bagger und Lader
Möglichst viele Wertstoffe sollen mithilfe des Cat-Umschlagbaggers MH3024 ausgebaut werden. Foto: Caterpillar/Zeppelin

Die Autoverwertung Herfel, ein zertifizierter Entsorgungsfachbetrieb aus dem baden-württembergischen Kirchardt, zerlegt die Fahrzeuge in ihre Einzelteile. Dafür hat sich der Familienbetrieb einen neuen Cat-Umschlagbagger des Typs MH3024 – ausgestattet mit einer besonderen Pinzette – bei der Zeppelin-Niederlassung Böblingen zugelegt. Mithilfe der sogenannten Powerhand VRS200 werden die Pkw auseinandergenommen.

Mit Klemmen fixiert

Dass Kraft und Feinmotorik keine Gegensätze sind, die sich ausschließen, zeigt Firmenchef Mario Herfel, wenn er selbst in der hochfahrbaren Kabine seines neuen Arbeitsgeräts sitzt und sich Altauto für Altauto vorknöpft. Dann fixiert er mit den Klemmarmen, die am Unterwagen des Umschlagbaggers angebracht sind, das Fahrzeug, während von oben die Pinzette, montiert am Ausleger, Stück für Stück die Karosserie auseinandernimmt. Damit schneidet er das Dach des Autos auf, trennt die Autotüren ab, reißt die Achsen heraus oder separiert das Aluminium am Kühler.

Die Messerklingen an den Klammerarmen sind so scharf, dass er darüber Motor- und Getriebe vom Motorblock trennt. In knapp 15 Minuten hat er einen Wagen Stück für Stück zerlegt. "Unser Ziel ist die maximale Wertschöpfung sowie eine kontinuierliche Verbesserung der Recyclingquoten. Um an die Kabel zu gelangen, müssen wir in die hintersten Winkel und Ecken eines Fahrzeugs kommen", erklärt er zum Vorgehen, wenn er am Kabelbaum zieht und zerrt. Und da wird es besonders filigran. "Kabel zu entfernen, ist manchmal ganz schön knifflig, aber mit der Pinzette erreiche ich auch tiefere Stellen in einem Auto", sagt Herfel.

Bei der Vielzahl verschiedener Automarken, die zerlegt werden, helfen Erfahrung und Routine. Bevor Umschlagbagger und Powerhand loslegen können, müssen die Fahrzeuge, die das Unternehmen in der Regel bei Autohändlern im Umkreis von 300 km mit dem eigenen Fuhrpark abholt, auf dem Betriebsgelände trockengelegt werden. Den ein Altauto enthält nicht nur viele Wertstoffe, sondern auch umweltgefährdende Substanzen. Das heißt, Betriebsmittel wie Sprit oder Öle werden abgepumpt, abgesaugt und abgelassen. Das Gelände hat deswegen eine entsprechende BImSch-Genehmigung und Abscheidevorrichtungen. Reifen werden demontiert, Batterien ausgebaut und Airbags gesprengt – dann erst darf der Bagger ran.

In die Zukunft investiert

"Für uns ist die neue Baumaschine eine Investition in die Zukunft, weil wir dann schneller vorankommen und unsere Prozesse verbessern können", so lautet das Ziel des Entsorgers. Wenn früher ein Mitarbeiter manuell die Wertstoffe aus den Autos holte, war das zeitaufwendig. Auch mit einem alten Umschlagbagger und Greifer sei das Ergebnis nicht optimal gewesen – ein Großteil der wertvollen Metalle blieb zurück. Für eine bessere Ausbeute soll die neue Maschine der Bezeichnung MH3024 mit der Powerhand sorgen, wenn sie die Teile abzwickt und die verschiedenen Fraktionen sortiert.

Da laut Herfel ein Bagger für das Unternehmen eine teure Anschaffung ist, hat er sich mit der Konfiguration seines neuen Arbeitsgerätes intensiv beschäftigt. Grundvoraussetzung sei eine optimale Auslastung der Maschinenkapazität, gepaart mit einem Full-Service-Vertrag, um Risiken wie zum Beispiel teure Reparaturen auf ein Minimum zu reduzieren. "Wichtig ist uns eine transparente Kostenkalkulation für die nächsten Jahre und dass das Gesamtpaket stimmt", erklärt er. Beraten haben ihn Alexander Tress, Verkaufsleitung Materialumschlag und Recycling, und sein Kollege Fritz Renz, Verkaufsrepräsentant von der Zeppelin-Niederlassung Böblingen.

Powerhand erklärt

Auf der Plattform YouTube gab es ein Video, welches das Funktionsprinzip der Powerhand erklärte und das den Unternehmer dann letztlich von dem An- und Umbau an seiner Baumaschine überzeugte. Diesen realisierte die Firma Echle Hartstahl, die sich ebenso um die CE-Zertifizierung gekümmert hat. Schließlich mussten nicht nur Hydraulik und Elektrik, sondern auch die Baggersteuerung angepasst werden. Eine Vorgabe des Entsorgungsbetriebs:

Die Funktionen "auf" und "zu" für die Pinzette sollen nahezu analog erfolgen, wie bei dem alten Umschlagbagger, der seit 2012 mit einem Greifer die Autos auseinandernimmt – denn in Zukunft soll nicht Mario Herfel den Bagger bedienen, sondern sein Fahrer, der sich beim Gerätewechsel nicht allzu lange umstellen soll. Mit einer gewissen Umgewöhnung müsse jedoch gerechnet werden – das sei normal, so die Zeppelin-Vertriebsmitarbeiter, denn im Gegensatz zum Greifer kommen noch zwei Funktionen für den Maschinisten dazu: Die Pinzette kann sich endlos drehen und muss in einem bestimmten Winkel positioniert werden, wenn sie dann Autoteil für Autoteil herausgreift.

Ob dem Unternehmer nicht auch mal das Herz blutet, wenn so ein Auto verschrottet wird? "Überhaupt nicht, ein Auto ist für mich ein Gebrauchsgegenstand und zum Fahren da. Durch die fachgerechte und umweltschonende Verschrottung erfüllen wir unseren Betriebszweck. Emotionen sind da fehl am Platz.

Nur wenn die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens gegeben ist, können wir unsere Verträge erfüllen, Kunden binden und Arbeitsplätze langfristig sichern", betont der Firmenchef. Trotzdem macht er manchmal eine Ausnahme: Besondere Modelle wie einen Trabi oder einen VW-Käfer lässt er unversehrt – sie werden in seinem Regellager platziert und sollen ein Blickfang sein. Manchen Käufer hat er über die besondere Oldtimer-Ausstellung, die bis ins Jahr 1960 zurückreicht, schon gefunden.

Mario Herfel hat die Autoverwertung 2006 mit seiner kürzlich verstorbenen Frau gegründet und mit ihr gemeinsam aufgebaut. Seit bereits mehreren Generationen widmet sich die Familie dem Recycling von Altmetallen. "Das werden auch meine Kinder fortführen, die bereits alle im Betrieb arbeiten", berichtet er. Der erste Standort, der nach wie vor besteht, liegt in Abstatt. 2016 wurde das Gelände am heutigen Firmensitz in Kirchardt erschlossen.

"Mittlerweile haben wir siebzehn Mitarbeitende und konnten unsere Verwertungsquoten ständig verbessern. Jedoch hat es schon eine Weile gedauert, bis wir die Zahlen von heute erreicht haben", erklärt Herfel. Die ersten Jahre zerlegte das Team an die 200 Fahrzeuge pro Jahr und steigerte sich dann auf 1000 Pkw im Jahresdurchschnitt. 2021 waren es circa 7000 Autos, die der Betrieb verwertete.

In Zukunft will Herfel sich noch mehr der Entsorgung widmen und hat darum – als ein weiteres Standbein – die Herfel Entsorgung GmbH gegründet. Dieses Unternehmen soll sich voll und ganz auf das Recycling von Altmetallen konzentrieren. Auch auf die Entsorgung von Elektrofahrzeugen hat er sich bereits vorbereitet. "Wir haben bereits alle die nötigen Schulungen absolviert", meint er.

Darüber hinaus wird das Gelände auf 12.000 m² entsprechend vergrößert. "Doch die Entsorgung der Akkus bringt große Herausforderungen und Investitionen mit sich, was nicht ganz einfach werden wird. Trotzdem wollen wir auf die Zukunft vorbereitet sein und die Weichen dafür schon stellen, damit wir dann loslegen können", resümiert der Fachmann.

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