Pädagogische Hochschule Tirol

Neues und Altes im Einklang

Dornbirn/Österreich (ABZ). – Die Pädagogische Hochschule Tirol in Innsbruck vereint die bis dato über die Stadt verstreuten Abteilungen auf einem modernen Hochschulcampus.
Fassaden
Konstruktiv knüpfen ARSP Architekten an das Raster des Stahlbetonskelettbaus der Bestandsgebäude mit ihren raumprägenden Stützen und Unterzügen an. Im Bestand wurden sie von allen Ein- und Ausbauten freigelegt und wieder sichtbar gemacht, in den Neubauten neu interpretiert. Foto: Zooey Braun

Er wirkt mit seinen wohlproportionierten Baukörpern und seiner Aluminiumfassade mit dunklen Fensterbändern wie aus einem Guss. Dabei besteht die Hälfte der Bauvolumina aus Bestandsbauten aus den 1970er Jahren. ARSP Architekten haben mit ihrem Entwurf den Bestand integriert und revitalisiert und mit ihren ergänzenden Neubauten die bestehenden Strukturen kongenial weitergedacht und neu interpretiert.

Mit rund 1000 Studierenden im Erststudium und 15.000 in der Fort- und Weiterbildung zählt die Pädagogische Hochschule Tirol (PHT) zu den großen Hochschuleinrichtungen Österreichs und dient als Zentrum der Aus-, Fort- und Weiterbildung für Lehrerinnen und Lehrer. Den EU-weiten offenen Wettbewerb für den neuen Bildungscampus der PHT gewannen ARSP Architekten im Jahr 2012. Nach intensiven Planungsjahren starteten die umfangreichen Baumaßnahmen im Sommer 2018. Drei Jahre später konnte der neue Campus der Hochschule übergeben werden. Corona-bedingt wurde "erst" im Mai 2022 eröffnet.

ARSP Architekten überzeugten beim EU-weit offenen Wettbewerb mit einem Entwurf, der die vorgefundenen Qualitäten des Bestands aufnimmt, weiterdenkt und auf die aktuellen Anforderungen der Schul- und Hochschullandschaft reagiert – so ein Statement der Verantwortlichen. Der Wettbewerb ließ damals offen, ob die bestehenden Gebäude teilweise oder komplett abgerissen und alles neu gebaut werden sollte. ARSP Architekten entschieden sich für eine Art Hybrid und erhielten rund 50 % des Bestands. Die Gebäude wurden 1976 im Zuge der Olympischen Spiele in Innsbruck von der Architektin Brigitte und dem Architekten Rupprecht Ottel errichtet. "Wir wollten so viel Bestand erhalten wie möglich und so viel neu ergänzen, wie es die Bauaufgabe erforderte", erklärt Frank Stasi, Architekt und Mitgründer von ARSP Architekten. "Zum einen fiel diese Entscheidung aus Gründen der Ressourcenschonung, ein Komplettabriss ist einfach nicht mehr zeitgemäß. Zum anderen haben wir Respekt vor dem Bestand. Die Gebäude sollen als Kinder ihrer Zeit weiterbestehen. Sie sind seit Jahrzehnten Identifikationspunkte des Stadtquartiers."

Eine der Hauptaufgaben für ARSP Architekten war die Neuorganisation der Nutzungen auf dem Campus. Heute verteilen sich die rund 24.000 m² Nutzfläche auf ein rundum verglastes und leicht wirkendes Sockelgeschoss, auf dem vier jeweils viergeschossige Baukörper aufsitzen – zwei davon sind Bestandsgebäude, zwei haben ARSP Architekten neu entwickelt. Im Erdgeschoss sind sämtliche gemeinschaftlich genutzte Bereiche wie Aula, Mensa, Bibliothek und Hörsäle untergebracht. "Das Sockelgeschoss stellt eine transparente Ebene dar, das zwischen dem Straßenraum und städtischem Vorplatz einerseits und dem südlich gelegenen Park andererseits vermittelt", ergänzt Stasi. Die aufgesetzten Baukörper nehmen jeweils eine spezifische Nutzung auf: Verwaltung, Praxisschulen, Sonderunterricht und Seminarräume. Im Süden des Campus befinden sich die Sporthallen und ein Schwimmbad, die ARSP Architekten sanieren ließen.

In einem der beiden revitalisierten aufgesetzten Gebäudeteile haben die Architekten die Sonderunterrichtsbereiche "Kulinarik und Ernährung", "Naturwissenschaften", "Werken" und "Musik" organisiert, der zweite Bestandskörper nimmt 21 Seminarräume und drei Multimediaräume auf. In den beiden Neubauten im Osten des Campus siedelten ARSP Architekten die Verwaltung und die beiden sogenannten Praxisschulen an. Die Volks- und Mittelschule sind sprengelfreie MINT-Schulen, die als Forschungseinrichtungen für innovative Unterrichtsmethoden dienen und an denen die Studierenden der PHT hospitieren. Die Dachflächen des Sockelgeschosses führten die Architekten begehbar aus und sie dienen nun als zusätzliche Aufenthaltsräume und der schnellen Durchquerung des Campus.

Dass die Hochschule mit ihren einzelnen Gebäudeteilen als Einheit wirkt, ist vor allem der Fassadengestaltung zu verdanken. ARSP Architekten entwickelten eine Fassade aus gekantetem, feinperforiertem Aluminiumblech, die alle Gebäudeteile umschließt – ob Bestand oder Neubau – miteinander verbindet und so den Campusgedanken stärkt. Das gesamte Gebäude wirkt sehr lebendig, da das Fassadenmaterial stark auf unterschiedliche Tageslichtstimmungen, die auch durch die umliegende Bergkulisse beeinflusst wird, reagiert.

Unterstützt wird das einheitliche Bild durch eine eindrückliche Signaletik: Zusammen mit dem büro uebele entstand die Idee eines Wortpalindroms, das als umlaufendes poetisches "Bildungsband" die Gebäudeteile eint. Die einzelnen großformatigen und weithin sichtbaren Wortkombinationen über dem Sockelgeschoss lassen sich vorwärts als auch rückwärts lesen. Das büro uebele entwarf auch das Leitsystem für den neuen Campus.

Konstruktiv knüpfen ARSP Architekten an das Raster des Stahlbetonskelettbaus der Bestandsgebäude mit ihren raumprägenden Stützen und Unterzügen an. Im Bestand wurden sie von allen Ein- und Ausbauten freigelegt und wieder sichtbar gemacht, in den Neubauten neu interpretiert. Diese gestalterisch wiederholenden Elemente bilden das Grundgerüst der Gebäude und ermöglichen ein hohes Maß an Flexibilität in der Nutzung. Besondere Funktionsbereiche wie der große Hörsaal werden architektonisch aus dem Raster herausgenommen und damit räumlich betont. In die vier "Türme" des Campus, auch in die Bestandskörper, schnitten ARSP Architekten zentrale Patios, um die Innenräume ideal mit Tageslicht zu versorgen.

Die Bestandstrakte wurden im Innenraum komplett erneuert. Die Architekten tauschten Oberflächen aus, ersetzten die Haustechnik, stellten Barrierefreiheit her und ertüchtigten den Brandschutz.

Reduziert zeigt sich die die Innenarchitektursprache von ARSP Architekten. Sie konzentriert sich auf wenige, aber robuste Materialien: Sichtbeton, geschliffener Terrazzoestrich, Streckmetalldecken und Glas prägen das Interieur. Für eine optimale Raumakustik setzen ARSP Architekten in vielen Bereichen hochwertige magnesitgebundene Holzwolle-Akustikplatte in verschiedenen Grautönen ein – an Wänden werden sie oftmals gleichzeitig als Pinnwände genutzt. "Die fein abgestuften Grautöne unserer Innenarchitektur bietet einen ordnenden und verbindenden Hintergrund für die lebendige Buntheit der Schülerinnen und Schüler sowie der Studierenden", resümiert Stasi.

Eine wohnlichere Innenarchitektur entwickelten ARSP Architekten für die Praxisschulen. In diesen Bereichen ergänzen warme Holzfußböden und -möbel und kräftige Blautöne das Material- und Farbkonzept.

"Hell, freundlich, großzügig? – der neue Bildungscampus fördert mit einer wohldurchdachten Architektur mit viel natürlichem Licht, angenehmer Akustik und friktionsfreien Wegeläufen entsprechend der neuesten Standards in Hinblick auf Barrierefreiheit, eine angenehme Atmosphäre und Wohlgefühl", lässt sich die Pädagogische Hochschule Tirol zitieren. Thomas Schöpf, Rektor der Hochschule sagt, die PHT sei die schönste Schule in ganz Tirol.

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