Pasarela del Arganzuela

Glänzende Helix fungiert als Herzstück von Madrids grüner Lunge

GKD Brückenbau
Im Inneren der Brücke schafft das sanft gebrochene Licht eine angenehme Atmosphäre. Foto: GKD/ARTEUNO WELT SL.

Madrid/Spanien (ABZ). – Madrid ist dem Himmel nah, sagen die Bürger der spanischen Hauptstadt, wenn sie ihre an Kultur, Kunst und Atmosphäre so reiche Heimat beschreiben. Der Abschluss eines der größten Bauprojekte in der Geschichte Madrids unterstreicht fortan diesen himmlischen Ruf der Metropole. Befreit vom Lärm und Gestank der vielbefahrenen Stadtautobahn, die vollständig unter die Erde verbannt wurde, verwandelten sich die beiden Ufer des Rio Manzanares in malerische Parkanlagen und Promenaden. Herzstück dieser grünen Idylle ist die Pasarela del Arganzuela – eine Fußgängerbrücke, die der französische Stararchitekt Dominique Perrault entwarf. Ihre beiderseits konisch zulaufende Form wird durch Edelstahlgewebe vom Typ Escale der weltweit führenden Metallweberei GKD – Gebr. Kufferath AG zur schimmernden Helix. Wie ein textiles Band umschlingt das Metallgeflecht die Brücke auf voller Länge spiralförmig. Diese tagsüber im Sonnenlicht silbrig glänzende Helix ist die Metapher wachsender Verbundenheit der beiden durch den Manzanares getrennten Stadtteile. In der Nacht wird sie durch Hinterleuchtung zur goldenen Spirale, die geheimnisvoll über dem Fluss schwebt.

Vor zwei Jahren feierte Madrid die Eröffnung des Centro Deportivo Multifuncional del Manzanares mit der spektakulären Caja Magica. Jetzt schuf Perrault mit der 250 m langen Arganzuela-Brücke einen Überweg für Fußgänger und Radfahrer und ein weiteres Wahrzeichen für den Manzanares-Park. Gemäß der für ihn typischen Strategie der Verfremdung macht Perrault den Steg als tradierte Form unsichtbar. Visueller Schlüssel seiner ungewöhnlichen Rauminszenierung ist wiederum ein reflektierendes Gewand aus Metallgewebe, durch das sich die Brücke trotz ihrer beachtlichen Größe in ihrer Umgebung aufzulösen scheint. Anstelle eines kompakten Baukörpers entwarf Perrault eine zweiteilige, selbsttragende Stahlkonstruktion, die zu ihren äußeren Enden hin konisch zuläuft. An ihrer höchsten Stelle in der Mitte beträgt der Brücken-Ø 12 m, an den beiden spitzen Enden nur noch 5 m. Seitliche Stützen unterstreichen den Eindruck einer schwebenden Verbindung beider Ufer. Die beiden spiralförmig ummantelten Brückenteile – 150 und 128 m lang – ragen weit in den Park hinein und treffen sich in ihrer Mitte auf einer Plattform. Sie ist der eigentliche Zugang zum Park und damit Zeichen des innerstädtischen Zusammenwachsens.

Ihren unverwechselbaren Charakter bezieht die Brücke aus der helikalen Form der Hülle. Die Symmetrie logarithmischer Spiralen hat seit Menschengedenken Architekten, Mathematiker und Künstler in ihren Bann gezogen. Als universales Prinzip steht die Helix für Stabilität und Wachstum und in gedoppelter Form für das Leben schlechthin. Perrault verstand bereits seinen Entwurf des multifunktionalen Tenniszentrums nicht als isoliertes Bauwerk, sondern als vielfach zu bespielende Reaktivierung der traditionsreichen Landschaft an den Ufern des Manzanares. Die Arganzuela-Brücke setzt diesen Gedanken konsequent fort. Auch hier kennzeichnet der Austausch mit der umgebenden Natur die ungewöhnliche Konstruktion. Möglich wurde diese Umsetzung durch die dekorativ drapierte Haut aus Metallgewebe, deren Semitransparenz Innen und Außen verbindet und je nach Blickrichtung anders interpretiert. Zugleich gewährleistet sie eine natürliche Beleuchtung und Belüftung der Brücke. Im Zusammenspiel mit den hölzernen Bohlen des Brückenbodens macht sie die Zwiesprache von Natur und Hightech gleich mit mehreren Sinnen erlebbar. Die spiralförmige Wicklung ist so ausgelegt, dass sich jeweils eine offene und eine mit Edelstahlgewebe umschlungene Seite gegenüberstehen. Das erlaubt den Passanten jederzeitigen Ausblick auf die umgebende Natur und verhindert zugleich, dass Windböen die Brücke unpassierbar machen.

Zur Realisierung dieser architektonischen Idee bewährte sich einmal mehr die eingespielte Zusammenarbeit mit der im Bereich Architektur und Metallgewebe international führenden technischen Weberei GKD. Für die französische Nationalbibliothek wählte Perrault vor fast 20 Jahren erstmals Metallgewebe der GKD, um seine Idee des Verhüllens von Gebäuden zu verwirklichen. Auch bei dem benachbarten multifunktionalen Tenniszentrum verließ sich Perrault auf die bewährte Lösungskompetenz von GKD. Für die Arganzuela-Brücke nutzte er erneut das bereits für die Ummantelung der Indoor-Tennisplätze eingesetzte Spiralgewebe vom Typ Escale 7x1. Die flexible Konstruktion der Edelstahlspiralen umhüllt sogar dreidimensionale Strukturen fließend. Für das spektakuläre Brückenband kamen 4500 m² dieses Gewebetyps zum Einsatz. Die konische Form des Baukörpers und die dadurch bedingte zweidimensionale Krümmung des Gewebes stellten die Ingenieure der in Spanien produzierenden Tochter von GKD, Finsa Arquitectura, vor besondere Herausforderungen. Die Lösung waren 64 dreieckige, jeweils auf die Unterkonstruktion angepasste, individuell geformte Gewebezuschnitte – 30 für die nördliche und 34 für die südliche Hälfte der Helix. Neben der optisch nahtlosen Gestaltung der dreidimensionalen Bandform legte Perrault größten Wert auf präzise definierte Licht- und Luftdurchlässigkeiten der Spiralmembran. Auch die Montage der fertigen Gewebepaneele erforderte auf Grund ihrer Größe und der dreieckigen Form absolute Präzisionsarbeit. Jedes Gewebedreieck wurde per Kran von oben nach unten mit exakt vorgegebenen Biegungen in vertikaler und horizontaler Richtung montiert, um die gewünschte Spannung zu gewährleisten. Auf Grund der komplizierten Form der Brücke wurde die vielfach bewährte Befestigungstechnik mit Augenschrauben den konstruktiven Erfordernissen angepasst. Die Hypotenusen der ungleichschenklig geschnittenen Dreiecke wurden mit eingeschobenen Flachprofilen auf der Unterkonstruktion befestigt. Gespannt wird das Gewebe durch Augenschrauben, die an den Schrägseiten der Dreiecke auf die 7 mm starken Verbindungsstäbe der Spiralen aufgeschoben wurden.

Die fertige Brückenkonstruktion bezieht ihren Reiz aus der besonderen Ästhetik des Spiralgewebes, die den Eindruck des mit leichter Hand geschlungenen Bandes noch verstärkt. Im Inneren der Brücke schafft das sanft gebrochene Licht eine angenehme Atmosphäre. Im Zusammenspiel mit der spanischen Sonne reflektiert das Geflecht durch die Flächigkeit der Edelstahlbänder die Farben des Tages und der Jahreszeiten. Wenn es dunkel wird, hinterleuchten von außen unsichtbare Standstrahler die gewebte Helix und verwandeln sie in ein goldenes Band, dessen sanfter Glanz vom Zauber des neuen Miteinanders kündet.

Neben dieser ausdrucksstarken Ästhetik war für Perrault die hohe Funktionalität des Escale-Gewebes entscheidend für die Materialwahl. Trotz ihrer filigranen Struktur bietet die Membran den Benutzern der Brücke sicheren Schutz vor der Sonne – unverzichtbare Eigenschaft angesichts der teilweise extremen Wetterbedingungen in Madrid. Transparenz und Durchlässigkeit der Konstruktion gewährleisten überdies den notwendigen Einfall von Tageslicht und Regen für die unter der Brücke liegende Landschaft. Hinzu kommen die werkstoffimmanenten Vorzüge des Edelstahls, wodurch Escale-Gewebe robust, pflegeleicht und beständig gegen Witterungs- oder Umwelteinflüsse ist. Die dadurch bedingte nahezu unbegrenzte Lebensdauer entlastet den durch die Verlegung der Autobahnen und die Gestaltung der Parkanlagen stark strapazierten städtischen Etat auf viele Jahre hinaus.

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