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"Begrenzte Prüfungspflicht des Leistungsverzeichnisses"

von: Rechtsanwalt Philip Pürthner

Darum geht's: Trotz sachverständiger Beratung bei der Erstellung von Leistungsverzeichnissen kommt es immer wieder dazu, dass nach Vertragsschluss auffällt, dass eine Position im Leistungsverzeichnis falsch oder gar nicht ausgeschrieben war, um ein mangelfreies Werk herstellen zu können. Es kommt zu einer Nachtragsforderung, die der Auftraggeber nicht bedienen möchte, weil er davon ausgeht, dass der Auftragnehmer vor Zuschlag auf die mangelhafte LV-Position hätte hinweisen müssen und verweist auf seine Formulierung im Bauvertrag, wonach der Auftragnehmer "als Fachunternehmen durch eigene Besichtigungen und Untersuchungen ausreichend Gelegenheit hatte, den erforderlichen Leistungsumfang zu ermitteln" (OLG Frankfurt, Urteil vom 29.03.2018, Az.: 22 U 104/16).

Das Oberlandesgericht Frankfurt hat mit dem Urteil vom 29.03.2018 hierzu erkannt, dass eine detaillierte Leistungsbeschreibung Vertrauen in die Richtigkeit ihrer Angaben erweckt. Eine Aussage dahingehend, dass Positionen vor Angebotsübernahme zu überprüfen sind, hat nicht die Bedeutung, dass das Risiko einer Abweichung vollständig vom Auftragnehmer übernommen werden soll.

Hinsichtlich des Verweises auf die Allgemeinen Geschäftsbedingungen stellt das Oberlandesgericht Frankfurt fest, dass die Gelegenheit, den erforderlichen Leistungsumfang zu ermitteln, nur Offenliegendes, wie etwa die Angaben zu Flächen oder sichtbaren Materialien betrifft.

Das OLG führt in dem Urteil weiter aus, dass Mehraufwendungen, die auf falschen Angaben des Auftraggebers beruhen, selbst bei Vereinbarung eines Pauschalpreises durch den vereinbarten Preis nicht abgegolten seien. Im Ergebnis wurde dem Unternehmer ein Mehrvergütungsanspruch zuerkannt, der erst während der Arbeiten feststellte, dass auch asbesthaltige Baumaterialien zu entsorgen gewesen seien.

Praxistipp: Nicht selten enthalten Bauverträge Klauseln, die den Auftraggeber unangemessen begünstigen und dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen widersprechen. Zu der hier vorstehenden Problematik gibt es bereits Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes seit dem Jahr 2004. Hiernach ist klargestellt, dass Nachtragsforderungen des Auftragnehmers, die dadurch begründet werden, dass der Auftraggeber die Leistungen nicht ausreichend beschreibt, nicht durch AGB's ausgeschlossen werden dürfen. Individualvertraglich hingegen lässt sich unter Beachtung zwingender Gesetzesvorschriften, wie Sittenwidrigkeit und dem Grundsatz von Treu und Glauben, nahezu alles regeln. Dies wird der Ausnahmefall sein, da Auftraggeber dazu neigen, ihre Vertragsmuster als vorgefertigte Vertragsbedingungen mehr als einmal zu verwenden.

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Autor

Rechtsanwalt Philip Pürthner

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