Doka Schalungstechnik
Noch viel Raum für Wachstum
ABZ: Herr Hauser, Herr Müller, mit welchem Eindruck haben Sie die letzte bauma verlassen beziehungsweise wie wirkte sich die Messe auf Ihre aktuellen Geschäftsplanungen aus?
Hauser: Mein Eindruck war – beeindruckt. Die bauma 2022 hatte zwar weniger Aussteller und Besucher als in den Messejahren davor. Aber das, was da gezeigt wurde und welche Gespräche geführt wurden, war in der Qualität höchst beeindruckend. Viele Unternehmen der Bauindustrie haben in den letzten Jahren in Sachen Innovation nochmal richtig Gas gegeben. Auch wir hatten auf dieser bauma so viele Neuheiten im Gepäck wie schon lange nicht mehr. Zudem haben wir mit Ringlock erstmals unseren neuen Geschäftsbereich Gerüst präsentiert. Doch vor allem, und das war ja auch eine unserer Hauptbotschaften im Zuge unseres Messemottos, "Doka connects", wollten wir zeigen, was für tolle Leute hinter Doka stecken. Eine sympathische Verbindung von Mensch zu Mensch schaffen.
Müller: Genau das ist auch für mich der Kern der Messe. Die bauma ist eine schöne Gelegenheit, Kunden und Kooperationspartner einmal außerhalb des Tagesgeschäfts zu treffen. Da erlebt man sich auch ganz anders. Wegen der regionalen Nähe ist sie für uns als Deutsche Doka zwar auch immer wie eine Art Marathon. Aber wer schon mal einen gelaufen ist, weiß auch, was für ein Glücksgefühl mit solch einer Leistung einhergeht. Länderübergreifend waren sich alle einig, dass 2022 die "beste bauma ever" war. Und dieser Funke der Begeisterung ist sichtbar auf Besucher und Kunden übergesprungen, das Interesse an unserem Stand und was Doka für die Zukunft vorhat, für die Bauindustrie, war groß.
ABZ: Welche Produktbereiche waren besonders stark nachgefragt?
Müller: Ganz klar die Bereiche rund um Infrastruktur, Gerüst, Digital Services und die Wand- und Deckenschalungsneuheiten. Bei Letzteren geht es nicht nur darum, dass es jetzt auch neue Formate gibt. Den Bauunternehmen ist wichtig, dass sie unsere Schalung möglichst vielseitig einsetzen können. Unsere ultraleichte Handschalung DokaXlight etwa war ursprünglich nur als Wandschalung konzipiert. Nun kann sie auch als Deckenschalung eingesetzt werden. Auch unser neuer Baukasten für schwere Lasten, die Traggerüstunterstellung UniKit, ist auf großes Interesse gestoßen. Absoluter Publikumsmagnet im Bereich Decke waren aber unsere neue Systemfamilie DokaXdek und der DokaXbot.
ABZ: Wie haben Ihre Kunden die neue Deckenschalung DokaXdek und den DokaXbot aufgenommen?
Müller: Für die DokaXdek haben wir sofort erste Miet- und Kaufanfragen bekommen. Aus meiner Sicht ist das System auch wirklich revolutionär im Bereich Deckenschalung. Aufgrund der Vielseitigkeit der drei Einzel- und des Gesamtsystems ist es passend für alle Projekte und Geometrien im Deckenbau, vom kleingliedrigen Wohnprojekt bis zur Großbaustelle.
Wenn dann noch der DokaXbot zum Einsatz kommt, quasi ein Roboter-Prototyp zum semi-automatischen Auf- und Abbau der DokaXdek, bekommt man einen Einblick, wie wir uns die Zukunft auf der Baustelle vorstellen: Schwere Arbeiten erledigen zunehmend Maschinen, deren Wartung und Betrieb qualifizierte Fachkräfte übernehmen, die so wiederum von diesen körperlich anstrengenden Aufgaben entlastet werden. Und was die Baustelle wieder ein Stück weit sicherer macht.
Hauser: Ganz wichtiges Thema! Sicherheit ist und bleibt Dauerthema, genauso wie Effizienz und seit einiger Zeit in zunehmendem Maße Nachhaltigkeit. All das bedient die neue Deckenschalung DokaXdek, eines der größten Innovationsprojekte von Doka. In all diesen Bereich können und möchten wir Bauunternehmen auch aktiv unterstützen. Wir sind als Schalungsexperten groß geworden. Die bauma war für uns eine schöne Gelegenheit zu zeigen, dass wir aber schon seit Jahren unser Serviceangebot erweitert haben um Leistungen, die Bauunternehmen auch in anderen Bereichen entlasten sollen, indem sie sich an Doka als DIE Anlaufstelle rund ums Bauen mit Beton wenden – ob sie zusätzlich zur Schalung noch Gerüst, schweres Traggerüst oder digitale Lösungen etwa wie Sitelife oder Concremote benötigen. Denn all das können wir quasi als "One-Stop-Shop" schon heute bieten.
ABZ: Die Lösungen Concremote und Sitelife wurden gemeinsam mit Ihrem Schwesterunternehmen Umdasch Group Ventures entwickelt. Was steckt dahinter?
Müller: Concremote ist ein Betonmonitoring-System, das über Sensoren im Beton oder an der Schalung die Temperaturentwicklung im Beton misst. Diese Daten werden analysiert und ausgewertet, so dass die Baustellenmannschaft verlässliche Daten einerseits zur Betonqualität und andererseits zum richtigen Zeitpunkt zum Ausschalen erhält. Natürliche haben Poliere und Bauleiter da oft Erfahrungswerte, aber mittels der Daten haben sie verlässliche Daten protokolliert. Und mit Blick auf die Zukunft, in denen vermehrt umweltfreundlicherer Beton eingesetzt werden soll, mit weniger Zement- beziehungsweise Klinkeranteil, sind die Rezepturen und die Aushärtungsprozesse ganz anders als bei heutigen Betonmischungen. Bei den neuen, "grünen" Sorten unterstützt dann ein Betonmonitoring-System wie Concremote a) bei der richtigen Zusammensetzung des Werkstoffs und b) beim richtigen Zeitpunkt zum Ausschalen. Komprimiert ausgedrückt geht es darum, Daten digital zu erfassen und sinnvoll auszuwerten . . .
Hauser: . . . . und das ist auch die Quintessenz bei Sitelife, aber auf das Bauprojekt bezogen. Sitelife ist eine Baustellen- und Baumanagement-Software, mit der ich ein Bauprojekt digital planen, dokumentieren und analysieren kann. Von der Baustellenplanung über die Ausführung bis hin zur Fertigstellung. Und dies über alle Gewerke. Das heißt ich kann alle Gewerke einfacher miteinander synchronisieren, meine Ressourcen effektiver planen und damit Prozesse optimaler aufsetzen. Kunden haben ja oft das Thema, nicht den Überblick zu verlieren, gerade bei umfangreichen und komplexen Projekten. Mit Sitelife habe Sie genau das – den vollen Überblick. Ich habe alle Daten digital dokumentiert und zentral gesammelt und damit jederzeit die volle Übersicht über Termine und den Bauablauf allgemein.
ABZ: Ende 2020 sind Sie eine strategische Partnerschaft mit dem Gerüsthersteller AT-PAC eingegangen, mittlerweile sind Sie Mehrheitsanteiler des Unternehmens und haben somit Ihren Eintritt in den internationalen Gerüstbaumarkt vorangetrieben. Wie bewerten Sie Ihren Marktposition in diesem Segment heute?
Hauser: Die Beteiligung ist eine ganz wesentliche Säule unserer Wachstumsstrategie. Unser Ziel ist es, dem Bausektor ein ganzheitliches Produktportfolio aus Schalung und Gerüst zu bieten. Denn überall dort, wo Schalung zum Einsatz kommt, brauchen sie fast immer auch ein Gerüst.
Im Sinne eines "One Stop Shop" bekommen Kunden bei Doka nun Schalung UND Gerüst. Und aufgrund unserer internationalen Ausrichtung haben wir uns nach einem Partner umgesehen, der weltweit bekannt und vertreten ist.
Müller: Das ist ein wichtiger Punkt, denn AT-PAC ist im deutschsprachigen Bereich noch recht unbekannt. Noch. Darum auch das Co-Branding "AT-PAC/Doka", so dass sich Kunden darauf verlassen können, mit Ringlock ein Gerüst in gewohnter Doka-Qualität zu bekommen. Und darum geht es ja am Ende. In Deutschland bereiten wir gerade den Go-to-Market für unser Gerüst Ringlock vor. Die DIBt-Zulassung liegt bereits vor, aktuell arbeiten wir an Mischzulassungen mit kompatiblen Systemen anderer Hersteller.
ABZ: Für 2023 gehen die Spitzenverbände der Branche von einem Umsatzrückgang im Baugewerbe aus. Wie würden Sie die aktuellen Marktentwicklungen beschreiben – und wie beurteilen?
Müller: Nun, wir Unternehmen müssen uns darauf einstellen, dass die Welt volatiler wird. Ich sehe das aber weniger als Bedrohung, sondern viel mehr als Chance. Sie haben zwar recht, Ökonomen erwarten für 2023 eine konjunkturelle Delle in der Bauindustrie, allerdings keine "erdrutschartigen" Volumenrückgänge. Eine kürzlich veröffentlichte Studie von EY-Parthenon rechnet für 2024 schon wieder mit Wachstum in allen Segmenten. Zudem verzeichnen wir derzeit weiterhin einen kontinuierlich hohen Auftragsbestand und zuletzt sogar wieder -zuwachs. Wegen des "Investitionsstaus" in den letzten Jahren besteht weiterhin hoher Baubedarf. Deshalb sollten Unternehmen die vermeintliche Krise als Chance nutzen, etwa um ihr Geschäftsmodell, ihre Unternehmenskultur, ihre Produkte und Dienstleistungen zu hinterfragen – in Zeiten wie diesen, was braucht es wirklich? Business as ususal? Kommen wir beispielsweise auch mit weniger Ressourcenverbrauch aus? Welche Möglichkeiten biete ich meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern? Wie kann ich meine Kunden in solchen Situationen besser unterstützen, etwa indem ich meine Logistik modernisiere, Prozesse neu aufsetze, Forschungsprojekte stärker fördere etc.
Hauser: Das kann ich für Doka international bestätigen. Nach den letzten beiden Jahren verlangsamt sich zwar das Wachstum etwas, aber es bremst sich nicht ein. Wenn wir den Blick jenseits Europas richten, dann sehen wir beispielsweise im nordamerikanischen Markt, allen voran in den USA, sehr gute Aussichten. Jedenfalls noch viel Raum für Wachstum.
ABZ: In welchen Marktsegmenten wollen Sie weiter wachsen, welche wollen Sie neu erschließen?
Müller: Zum einen sehen wir großes Potential in unserem neuen Gerüstsegment. Im Zusammenhang mit Schalung und Gerüst sehen wir da wiederum enorme Chancen im Ausbau, der Modernisierung und der Umnutzung von Bestandsgebäuden. Zum anderen ist, mit Blick auf die Bauwirtschaft, eines der wichtigsten Wachstumssegmente für uns definitiv der Infrastrukturbau.
Hauser: Wenn man die Frage noch ein, zwei Ebenen höher aufzieht, dann sind die großen Wachstumstreiber der Branche mit Sicherheit die Makrothemen ArbeIT-Sicherheit, Digitalisierung und Automatisierung, und Nachhaltigkeit. Hier haben wir für unsere Geschäftsbereiche den Anspruch, Innovations- und Technologieführer zu sein. Das treibt uns an.
ABZ: Doka hat im Sommer 2022 Product Carbon Footprint-KPIs eingeführt. Was war der Hintergrund für dieses Vorhaben und werden die Daten von Kunden nachgefragt?
Müller: Das hat zwei Ebenen. Ich fange mal mit dem ganz praktischen Grund mit Blick auf die Bauunternehmen an. In Skandinavien ist Sustainability schon längst ein festes Ausschreibungskriterium. Da war es nur eine Frage der Zeit, dass dies auch auf andere europäische Länder zukommt. Deshalb haben die Kollegen in Amstetten in einem zweijährigen, aufwendigen Prozess den Product Carbon Footprint all unserer 6000 Produkte errechnet, und zwar über den gesamten Lebenszyklus: Rohstoffbeschaffung, Herstellung, Transport, Reparatur und Reinigung sowie die Verwertung am Lebensende. Und haben damit einen Nerv der Baufirmen getroffen. Seit der bauma kommen verstärkt Anfragen von Kunden, da Investoren und Banken immer häufiger einen Nachweis zum Carbon Footprint anfragen, ja teilweise sogar verlangen und Bauunternehmen aufgefordert sind, nachhaltig zu bauen.
Das Ganze hat aber natürlich auch einen Grund in Sachen Unternehmensverantwortung, deshalb gebe ich die Frage mal an dich weiter, Robert.
Hauser: Sehr gerne. Dazu hole ich ein wenig aus. Wir sind uns alle einig, dass der Klimawandel und seine Folgen die größte Bedrohung unserer Erde sind. Und leider ist die Bauindustrie einer der größten Verursacher des klimaschädlichen CO2. Wir tragen also auch eine besondere Verantwortung. Wir müssen jetzt handeln! Also haben wir uns zum einen gefragt, was können wir selbst tun, um unsere Prozesse, Handlungsweisen etc. bis 2040 klimaneutral auszurichten. Eine der Maßnahmen war die Berechnung des Product Carbon Footprint. Das ist aber nur ein Puzzleteil von vielen in unserer Strategie, wir haben uns ja als Doka verpflichtet, bis 2040 Netto-Null-Emissionen zu erreichen. Die zweite Frage, die wir uns gestellt haben, ist, welche Geschäftsmodelle wir entwickeln können, um anderen, unseren Kunden zu helfen, klimaneutraler zu bauen, zu betreiben, zu sanieren, zu recyceln und so weiter.
ABZ: Wie geht Ihr Mutterunternehmen, die Umdasch Group, damit um?
Hauser: Die Umdasch Group ist ja ein Unternehmen im Familienbesitz mit einer mehr als 150-jährigen Geschichte, und ich glaube, dass die Eigentümer da nochmal einen anderen Zugang zu dem Thema haben. Persönlicher vielleicht. Man will ja auch den nachfolgenden Generationen einen lebenswerten Planeten hinterlassen. Deshalb ist Nachhaltigkeit bereits seit 2018 integraler Bestandteil der Unternehmensstrategie. Das heißt die Umdasch Group berichtet mit ihrem integrierten Geschäftsbericht nicht nur finanziell, sondern auch nicht-finanziell. Indem sie beispielsweise den Corporate Carbon Footprint berechnet und Wege sucht, nicht nur weniger CO2 auszustoßen, sondern sogar der Atmosphäre das klimaschädliche Gas zu entziehen.
ABZ: Was sind aus Ihrer Sicht die wichtigsten Trends für die Bereiche Schalung und Gerüstbau in 2023 und 2024?
Müller: Für uns sind das ganz klar die drei großen Makrotrends Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Sicherheit.