Bauaussichten 2024

Bauindustrie im Dauerstress

Von Gregor Machura, Geschäftsführer bauforumstahl e. V.
Bauaussichten

2024 – das sind ja schöne Aussichten! Prognosen sind bekanntlich immer schwierig, besonders, wenn sie sich auf die Zukunft beziehen. Deshalb ist die Rede von den schönen Aussichten, mal ernst gemeint, mal als ironischer Euphemismus, auf jeden Fall eine stets zutreffende Antwort.

Nachdem wir nun schon seit Jahren von Krise zu Krise schlittern – Ukraine-Krieg, Energiekrise, Beschaffungs- und Logistikkrise, Inflation – sind wir 2023 in einer veritablen Baukrise gelandet. Die Bauwirtschaft, die immer noch auf den versprochenen Bau von 400.000 Wohnungen wartet, erlebte nach der erfreulichen Baukonjunktur 2021 und 2022 im Jahr 2023 einen noch nie da gewesenen Rückgang. Die Nachfrage am Neubau ist eingebrochen.

Während die Baubranche leidet, vor allem im Teilmarkt Wohnungsbau, sind die Zahlen für die Stahlbaubranche durchwachsen.

Deutschland steckt, je nach Wirtschaftsinstitut, zwischen Rezession und Nullwachstum. Bezogen auf die Gesamtkonjunktur rechneten die Wirtschaftsweisen nach dem leichten Rückgang 2023 für 2024 mit einem minimalen Wachstum. Aber das war noch vor dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Verschiebung des 60 Milliarden-Budgets aus dem Corona-Sondervermögen zu Industrieförder- und Klimaschutzmaßnahmen. Und das wirkt sich vermutlich nicht positiv aus. Laut BFS-Wirtschaftsbericht prognostizieren die Wirtschaftsinstitute für 2024 Bauinvestitionen von –1,2 bis –1,4 Prozent im Vergleich zu 2023.

Wo die Haushaltspolitik mancherorts Zweifel an ihrer Seriosität und ihrer Kompetenz weckt, ist die Industrie im Allgemeinen und die Stahlbauindustrie im Besonderen verunsichert. Das hat zur Folge, dass die notwendigen Zukunftsinvestitionen nur verhalten durchgeführt werden.

Bei den vielen aktuellen "Baustellen" in der Bauindustrie (der demographische Wandel und der Fachkräftemangel, der zu langsame Abbau bürokratischer Hürden und der Stau bei den Baugenehmigungen, die mangelnde Digitalisierung und die erst allmählich umgesetzte Automatisierung) ist die Megakrise etwas in den Hintergrund geraten, nämlich Umwelt und Klima. Dabei brauchen wir mehr denn je die Transformation des Baus in Richtung Nachhaltigkeit. Wir alle wollen diese Transformation voranbringen, aber auch hier muss die Politik Entscheidungen fällen und den Mut zu unpopulären Maßnahmen haben.

Nur eines ist für den Mittelstand noch schlimmer als falsche Entscheidungen: wenn die Politik mangels Führungsstärke und Entschlussfähigkeit gar keine Entscheidungen trifft. Eines der größten Hindernisse ist die fehlende Ausschreibung von Nachhaltigkeit in Bauprojekten. Wir bauen immer noch ohne die klimatischen Auswirkungen zu berücksichtigen, aber der Nachhaltigkeitskredit ist bereits aufgebraucht. Es ist höchste Zeit jetzt zum Beispiel endlich den Grünen Stahl auszuschreiben und in den Planungen nachhaltig konstruktive Planung nicht nur zu fördern, sondern verbindlich zu fordern. Das käme einerseits der Umwelt zugute und andererseits auch der Stahlbaubranche, die es mit ihrem besonderen Werkstoff schafft, Nachhaltigkeit "einfach" umzusetzen.

Stahl hat durch seine Recyclingfähigkeit Vorteile, die allerdings nicht ausgeschöpft werden können, solange der dazu nötige hohe Energieaufwand und die hohen Energiepreise den Nachhaltigkeitsprozess ausbremsen. Die Stahlerzeugung gehört leider zu den energieintensiven Industriezweigen und ist dadurch stärker als andere in der Gefahr im internationalen Geschäft an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren. Dabei reagiert die Stahlindustrie nicht nur, sondern agiert. Sie hat die Weichen gestellt und wartet auf die Erfüllung der Zusagen der Politik.

Doch die Umstellung auf erneuerbare Energien zum Beispiel geht viel zu langsam vonstatten, und auch in Sachen Energiepreisförderung wird mehr diskutiert als umgesetzt. Bedingt unter anderem durch den demographischen Wandel gehen Deutschland außerdem die Fachkräfte verloren, an lösungsorientierten Ansätzen fehlt es aber bislang. Aufgrund dieses Mangels und der fehlenden Anreize von der Politik, werden die Kapazitäten in der Stahlindustrie nicht ausreichend ausgebaut und die Investitionen stagnieren. Somit wächst die Gefahr der Verringerung der Wertschöpfung und das Risiko der Abhängigkeit steigt. Wir benötigen dringend klare Vorgaben seitens der Politik, um die Herausforderungen nachhaltig zu lösen. Was wir uns wünschen? Seitens der Politik mehr Vertrauen in die Stahlbauindustrie und mehr und schneller Entscheidungen! Wir stehen vor großen Herausforderungen, die wir nur gemeinsam lösen können.

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