Projektpartner präsentieren Forschungsergebnisse
Weg zum autonomen Outdoor-Stapler
In mehreren Teilprojekten wurden den Verantwortlichen zufolge Lösungen für die anspruchsvollen Einsätze autonomer Gegengewichtsstapler entwickelt, die sowohl im Innen- als auch im Außenbereich Lasten bewegen. Ein Schwerpunkt habe auf deren kooperativem Verhalten gelegen: Über ein 5G-Netz und einen Edge-Server tauschen die Fahrzeuge Informationen in Echtzeit aus und können sich gegenseitig vor Hindernissen warnen. Das über knapp vier Jahre laufende Vorhaben wurde im Rahmen des FuE-Programms "Informations- und Kommunikationstechnik" des Freistaates Bayern mit rund 2,8 Millionen Euro gefördert.
Komplexe Anforderungen
"Autonome Fahrzeuge werden nach und nach immer mehr Transportaufgaben übernehmen", davon ist Stefan Prokosch, Initiator des Projektes KAnIS vonseiten Linde MHs überzeugt. Als einer der Technologieführer der Branche will das Intralogistik-Unternehmen die Vorteile autonomer Fahrzeuge in Zukunft auch denjenigen Kunden zugänglich machen, die Gegengewichtsstapler zum Warentransport oder zum Be- und Entladen von Lkw im Einsatz haben.
"Die Anforderungen an Stapler im Außenbereich sind jedoch weitaus höher, als dies bei reinen Indoor-Geräten der Fall ist. Dazu gehören Gefälle und Steigungen, ein deutlich höheres Personen- und Verkehrsaufkommen, aber auch Wettereinflüsse und Temperaturgegebenheiten", erläutert Prokosch. "Durch die gemeinsame Forschungsarbeit mit der TH AB konnten wir tragfähige Lösungen für diese komplexen Anforderungen erarbeiten. Die Erkenntnisse bilden nach dem Abschluss des Projekts eine wesentliche Grundlage für weitere Entwicklungsprojekte."
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Übergeordnetes Projektziel war es, herauszufinden, wie sich betriebliche Zuverlässigkeit und Umschlagsleistung durch ein kooperatives Verhalten vernetzter, autonomer Fahrzeuge verbessern lassen. Zur Lösung dieser umfassenden Aufgabenstellung wurden Linde zufolge mehrere Teilprojekte gebildet, die sich mit der Lokalisierung sowie Steuerung und Regelung der Fahrzeuge, der Kooperation der Stapler untereinander, dem Erkennen der Ladungsträger, dem Umgang mit Witterungseinflüssen, der vorausschauenden Wartung, der Routenoptimierung sowie dem automatischen Lademanagement beschäftigten.
"Das Projekt KAnIS war für die TH AB ein sehr komplexes, interdisziplinäres Forschungsprojekt. Beteiligt waren zehn Professorinnen und Professoren mit zahlreichen wissenschaftlichen Mitarbeitenden und Studierenden", resümiert Prof. Dr. Hans-Georg Stark, Projektleiter KAnIS, Fakultät Ingenieurwissenschaften der TH AB, während der Veranstaltung. "Vom intensiven Austausch zwischen wissenschaftlicher Forschungstätigkeit an der TH und langjährigem Fahrzeugentwicklungs-Know-how bei Linde MH haben beide Projektpartner in hohem Maße profitiert."
Vier Stapler automatisiert
Automatisiert wurden vier Elektro-Gegengewichtsstapler Linde E20, E25 und E30 mit 2 bis 3 t Tragfähigkeit, ausgestattet mit elektrohydraulischer Lenkung (Linde Steer Control), dem Assistenzsystem Linde Safety Pilot mit elektronischem Lastdiagramm sowie einem integrierten Zinkenverstellgerät. "Die praktische Umsetzung der Forschungserkenntnisse war für Linde MH und die TH AB ein wichtiger Aspekt", betont Mark Hanke, Abteilungsleiter im Bereich Vorentwicklung bei Linde MH.
Ab dem kommenden Jahr sollen die Fahrzeuge weiterentwickelt und getestet werden, um zukünftig vier konkrete Materialfluss-Aufgaben im Werk zu übernehmen: den Transport von Gitterboxen sowie den Transport von Paletten mit Batterien, außerdem die Transporte von Fahrzeugrahmen und Fahrerschutzdächern, die auf speziellen Ladungsträgern von den Vormontage- an die Hauptmontagelinien gebracht werden. Die beiden ersten Anwendungsfälle sind reine Outdoor-Einsätze, bei den beiden anderen fahren die Stapler sowohl in als auch zwischen den Hallen.
Zu überwinden sind Steigungen von 8 %, außerdem fahren in den Hallen weitere AGVs und manuell bediente Fahrzeuge. Damit die vier KAnIS-Stapler Paletten, Gitterboxen und Metallgestelle mit ihren Gabelzinken auch dann aufnehmen können, wenn diese nicht exakt am Boden ausgerichtet sind, verfügen die Fahrzeuge über eine verfahrbare Kamera, die zwischen den Gabelzinken montiert ist, wie Linde berichtet. Sie vermesse die Taschen des Lastträgers, damit die Zinken korrekt über den Seitenschieber positioniert werden könnten. Konstruktiv angepasst wurden außerdem der Fahrzeugrahmen, die Batterietür und das Gegengewicht. "Unser Anspruch war, Sicherheitsscanner, Kameras und Sensoren weitestgehend in die Fahrzeugkontur zu integrieren, damit die Abmessungen möglichst nah am Standardstapler bleiben", so Hanke.
In den Hallen lokalisieren sich die Fahrzeuge über Laserscanner, im Außenbereich über Differential-GPS (Global Positioning System), ein Verfahren zur Genauigkeitssteigerung bei GPS, sowie zusätzliche lokale Sensoren beim Übergang vom Innen- zum Außenbereich. Anders als die manuellen Stapler fahren die automatisierten Fahrzeuge auf den fest definierten Strecken immer rückwärts, damit die Last im Fall einer Notbremsung nicht von den Zinken rutschen kann.