Interview mit Harald Thum, Geschäftsführer von KTEG

Neue Maßstäbe setzen

KTEG-Geschäftführer Harald Thum will seinen Kunden Innovationen und Mehrwerte bieten, die einem ganzheitlichen Ansatz folgen und sich vom Wettbewerb differenzieren sollen. Was das bedeutet und welche Ziele er zur nächsten bauma im Visier hat, verriet er im Interview mit ABZ-Chefredakteur Kai-Werner Fajga.
KTEG Digitalisierung
Harald Thum ist Geschäftsführer bei KTEG. Foto: KTEG

ABZ: Herr Thum, KTEG besteht bereits seit über 20 Jahren. Was umfasst heute das Geschäftsfeld des Unternehmens?

Thum: Vor 20 Jahren ging es in der Tat los mit einem Fokus auf Individuallösungen und Abbruchmaschinen wie die Familie KTEG Multi Carrier. Mit den Jahren kamen eine Reihe von Geschäftsfeldern hinzu und wir sind weit über Lösungen für den Abbruch hinausgewachsen. Mittlerweile verorten wir uns in den sieben Geschäftsfeldern Marktforschung und Entwicklung, Maschinen für die Bau- Umschlag- und Kompaktindustrie, Zero Emission, Individuallösungen, Digitale Assistenzsysteme, Schnellwechselsysteme und Anbaugeräte. Die letzten drei genannten Felder lassen sich zur KTEG P-Line zusammenfassen.

ABZ: Was sind aus Ihrer Sicht aktuell die größten Herausforderungen für Bauunternehmen beziehungsweise ihre Kunden?

Thum: Eine Herausforderung, die wir mit wachsender Tragweite ist der Personalmangel und auch, Nachwuchs für unsere Branche zu interessieren. Neben der Gewinnung von Personal gilt es, diesem einen attraktiven Arbeitsplatz zu bieten, der Wert auf Sicherheit und Gesunderhaltung legt. Ein weiteres großes Thema ist die Digitalisierung, die (endlich!) auch in der Bau- und Baumaschinenbranche ankommt. Daneben befindet sich der Umwelt- und Klimaschutz zunehmend im Fokus, sodass der Aspekt der nachhaltigen Abwicklung von Bauprozessen weiter in den Mittelpunkt rückt. Das geht mit einem steigenden Kostendruck hinsichtlich Prozesskosten einher, die eine ständige Optimierung der Abläufe und Prozesse auf der Baustelle erforderlich machen.

ABZ: Gibt es da Unterschiede im Vergleich zu anderen Ländern?

Thum: Grundsätzlich konzentrieren wir uns auf technisch fortschrittliche und prozessorientierte Kunden. Diese gibt es überall auf der Welt und teilen die genannten Herausforderungen. In den sogenannten westlichen Märkten wie Europa oder Japan kommt eine Ähnlichkeit der demografischen Struktur hinzu. Dies bringt Herausforderungen wie Personal- beziehungsweise Nachwuchsmangel mit sich.

ABZ: In welchen Märkten ist KTEG aktiv?

Thum: Deutschland definieren wir als Kernmarkt, in dem wir mit unserem Vertriebspartner Kiesel aktiv sind. Seit einigen Jahren betreiben wir eine Expansion nach Europa, wobei die bauma 2019 mit der Einführung der Elektrobagger einen entscheidenden Meilenstein darstellt. Im letzten Jahr haben wir zudem intensiv an einer Ausweitung unserer Geschäfte nach Japan gearbeitet, was in einen abschließenden Händlervertrag mit der Vertriebsorganisation Hitachi Japan im Mai 2024 mündete. Der japanische Markt bietet insbesondere für unser P-Line-Konzept großes Potenzial und die ersten Maschinen sind in Fernost auch schon angekommen. Durch das weltweite Hitachi-Netzwerk gibt es darüber hinaus auch Partnerschaften in Australien und in Kanada, wo die ersten KTEG-Maschinen im Einsatz sind.

ABZ: KTEG hat zur bauma 2022 die P-Line eingeführt. Was steckt dahinter?

Thum: Die P-Line ist ein Lösungsangebot für die Herausforderungen Prozesskostenreduktion und Personalmangel. Sie ist ein System, bestehend aus der Basismaschine, die zu einem Toolcarrier verändert wird. Sie wird mit modernen digitalen Assistenzsystemen kombiniert -dem KTEG CoPilot -, einem drehbaren "OQR"-Schnellwechsler und speziell für die P-Line optimierten Anbaugeräten. Die P-Line-Version symbolisiert Spitzentechnologie und das Engagement von KTEG für Agilität und Prozessoptimierung im Bauwesen. Durch diese einzigartige Kombination vereinigt ein Multi Tool Carrier viele Funktionen, die dem Fahrer das Leben auf der Baustelle einfacher und sicherer machen. Dank der 360 Grad Drehbarkeit aller Anbaugeräte eröffnen sich unzählige Möglichkeiten sodass ein klassischer Erdbaubagger innerhalb von zehn Sekunden zum sicheren Hebegerät oder zum Off-Road Stapler oder zum Radlader wird.

ABZ: Wie wird das Produkt bisher von Kunden angenommen?

Thum: Unsere KTEG P-Line wird von Maschinisten auf dem Markt sehr positiv aufgenommen. Durch die Fähigkeit, unterschiedlichste hydraulische Anbaugeräte aufzunehmen und frei zu drehen, vereint der KTEG Multi-Tool-Carrier die Funktionen eines Baggers, Hebegeräts, Geländestaplers und Radladers in einer einzigen Maschine. Dadurch können die Anwender auf der Baustelle eine breite Palette von Aufgaben mit nur einer Maschine bewältigen – von Grabarbeiten über das Heben schwerer Lasten bis hin zum Transport und präzisen Positionieren von Materialien. Dies reduziert die Handarbeit erheblich und macht die Arbeit auf der Baustelle deutlich komfortabler und sicherer.

ABZ: KTEG beschreibt den "CoPilot" als offene Plattform für das Flottenmanagement. Was bedeutet das?

Thum: Der KTEG CoPliot ist eine offene Plattform, die dynamisch optimiert wird und ständig Erweiterungen erfährt. Derzeit verfügt der CoPilot über Tool-Management, Schnellwechsel-Steuerung, 2DAnwendungen, 3D Anwendungen, Dynamische Waage, OQR-Level App sowie Hub- und Schwenkbegrenzung. Er soll mit der Zeit um weitere Funktionen wachsen, um immer wieder aufs Neue den technologischen Standard gerecht zu werden und den Job des Maschinenführer einfacher, schnelle rund sicherer zu machen. Darüber hinaus bieten die ToolTracker eine einzigartige Funktionalität, die es ermöglicht Betriebsdaten dazu, wie lange meine Maschine X mit dem Anbaugerät Y arbeitet und Standortdaten zu verfolgen. Diese gewonnen Daten können in jedes gängige Flottenmanagementsystem eingespielt und kundenindividuell ausgewertet werden. Hier kommt ebenfalls der Anspruch einer offenen Plattform zum Tragen, da der Kunde sich nicht an ein bestimmtes System binden muss, sondern unabhängig agieren kann.

ABZ: Setzen Sie beim Schnellwechselsystem auch auf einen offenen Standard?

Thum: Im Bereich Schnellwechselsysteme arbeiten wir seit über 20 Jahren mit Oilquick zusammen.

ABZ: Das Marktgeschehen im deutschen Baugewerbe ist momentan durch die Krise im Wohnungsbau geprägt. Es gibt seit mehr als zwölf Monaten einen deutlichen Rückgang der Auftragseingänge. Wie stellt sich die Situation für KTEG als Anbieter dar?

Thum: Wir sind in unseren Geschäftsfeldern breit aufgestellt und können etwaige Auftragsrückgänge ausgleichen, dennoch spüren wir, dass die letzten Monate sehr herausfordernd für die gesamte Branche waren beziehungsweise immer noch sind. Wir spüren beispielsweise einen Auftragsrückgang im Bereich Abbruchmaschinen der 40- bis 60-Tonnen-Klasse in Deutschland. Das sind gewöhnlich die Größen, die genau den Platz für neue Wohnungen schaffen, die nun nicht gebaut werden. Dafür sind unsere Auftragsbücher für große Abbruchmaschinen jenseits der 150 Tonnen für das nächste Jahr bereits voll. Diese Maschinen kommen im Kraftwerksabbruch zum Einsatz, was aufgrund des Strukturwandels in der Energieerzeugung eine wachsende Notwendigkeit darstellt.

ABZ: Sie sagen, dass ihr Unternehmen in ganzheitlichen Systemlösungen denkt und handelt. Was bedeutet das?

Thum: Die Anforderungen der Kunden stehen im Mittelpunkt und das unabhängig von der jeweiligen Branche. Wir denken über den Bagger hinaus und sehen den gesamten Prozess, den es mit der Baumaschine zu erledigen gilt. Dies ist erst durch eine Kombination aus Trägergerät, Assistenzsystemen und Anbaugeräten möglich, wobei der Schnellwechsler quasi der Schlüssel zum Glück ist. Ein Beispiel ist hier das KTEG P-line-System, das letztlich eine Vereinigung von Maschine, Assistenzsystem, 360-Grad-Rotationsschnellwechsler und optimierten Anbaugeräten in einem Gesamtsystem bedeutet. Ein anderes gutes Beispiel ist es, wenn Kunden etwa einen Elektrobagger nutzen wollen. Hier stellt die Ladeinfrastruktur eine zentrale Herausforderung dar, um Baustellen emissionsfrei abzuwickeln. Wir bieten daher nicht nur die Maschine, sondern in Form des KTEG Powertrees (800-Volt-Batteriecontainer mit AC/DC Ausgang) auch gleich die passende Ladeinfrastruktur für die Baustelle mit an.

ABZ: KTEG sieht sich als "der" Innovator für Schlüsselmaschinen und -technologien rund um die Baustelle. Wie begründen Sie diesen Anspruch und wie differenziert sich KTEG gegenüber Wettbewerbern?

Thum: Für uns heißt "Innovation" einen Trend zu erkennen, diesen zu bewerten und in eine Lösung mit Mehrwert für unseren Kunden zu überführen. Zum einen folgen wir dabei dem ganzheitlichen Ansatz der Systemlösungen wie zuvor erläutert. Dieser Kundenfokus ist einzigartig. Hinzu kommt, dass wir mit unseren beiden Muttergesellschaften Kiesel und Hitachi das Beste aus zwei Welten vereinen: Die zuverlässigen Maschinen und das umfassende Know-how von Hitachi kommt mit der Agilität und der Marktnähe von Kiesel zusammen. Gemeinsam wollen wir neue Maßstäbe in der Branche setzen mit Produkten, die dank ihrer Alleinstellungsmerkmale unseren Kunden einen einzigartigen Mehrwert bieten.

ABZ: KTEG nennt die Unternehmen Kiesel, Coreum, Hitachi, Makineo, Suncar, Vemcon und Deutz als Partner. Was kennzeichnet Ihre Partnerschaften zu den ersten vier?

Thum: Kiesel ist unser Vertriebsarm und unser Ohr am wichtigen Markt Deutschland – und gleichzeitig unsere Fabrik als Partner für den Aufbau von Assistenzsystemen und Schnellwechslern. Die Partnerschaft mit dem Coreum bietet uns einzigartige Möglichkeiten in den Bereichen Produktpräsentation, Testing, Produktschulungen sowie Veranstaltungen wie Händlertagungen. Hitachi ist unser Entwicklungspartner und Makineo unser Vertriebs- und Servicepartner für digitale Assistenzsysteme und Maschinensteuerungen.

ABZ: Was können Ihre Kunden in naher Zukunft von KTEG erwarten?

Thum: Wir arbeiten mit Hochdruck an neuen Maschinen und Produkten, die wir auf der bauma 2025 präsentieren werden. Im Fokus steht die Erweiterung unserer Produktpalette um Mini und Kompaktbagger mit tollen Alleinstellungsmerkmalen, um letzte Lücken im Hitachi-Portfolio zu schließen. Außerdem wird das Angebot an Elektrobaggern um mehrere Modelle vergrößert beziehungsweise die aktuellen Modelle mit mehr Batteriekapazität – sprich mehr Laufzeit – ausgestattet. Darüber hinaus arbeiten wir an einem wasserstoffbetrieben 30 t Bagger. Auch im Bereich Abbruch werden wir mit dem KTC390 HR23 eine neue Allzweckwaffe vorstellen. Übergreifend werden wir zudem ein neuartiges Joystick-Konzept vorstellen.

ABZ: Welche Ziele haben Sie sich für die kommenden zwei Jahre gesetzt?

Thum: In naher Zukunft wollen wir die erfolgreiche Markteinführung der neuen Produkte vorantrieben und wir streben fortschreitendes Wachstum im europäischen und japanischen Markt an. Darüber hinaus wollen wir Innovationen für den Kunden kreieren, die das tägliche Arbeiten vereinfachen sollen und wir wollen Antworten auf die vier Megatrends Fachkräfteknappheit, Digitalisierung, Umwelt- und Klimaschutz sowie Prozesskostenoptimierung geben.

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